Gewalt und Frust an Schulen: Warum sich der Lehrermangel noch verschärfen könnte

Erschöpfter junger Lehrer vor altmodischer Tafel.

Ein Viertel der Lehrkräfte würde den Beruf wechseln, wenn sich Alternativen auftäten. Symbolbild: geralt / Pixabay Licence.

Fast die Hälfte der Lehrkräfte sieht Gewaltproblem. Burnout-Risiko an Schulen in ärmeren Stadtteilen besonders hoch. Wo es den dringendsten Handlungsbedarf gibt.

Der Lehrermangel in Deutschland würde sich noch verschärfen, wenn jede Lehrkraft, die den Beruf wechseln will, auch die Möglichkeit hätte. Dies ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage der Robert Bosch Stiftung in dieser Berufsgruppe. 27 Prozent beantworteten die entsprechende Frage mit "ja" oder "eher ja".

Mehr Gewalt an Schulen in sozial benachteiligter Lage

Auch die Gründe wurden mehr als deutlich: Fast die Hälfte der Befragten beobachtet psychische oder auch körperliche Gewalt unter Schülerinnen und Schülern. 47 Prozent sagen, dass es diese Probleme an ihrer Schule gibt. Besonders betroffen sind demnach Einrichtungen sozial benachteiligten Lagen.

36 Prozent der Lehrkräfte fühlen sich unter anderem deshalb mehrmals pro Woche psychisch erschöpft – vor allem jüngere und weibliche; auch und gerade an Grundschulen. Insgesamt zwölf Prozent der Lehrkräfte sprachen sogar von täglichen Erschöpfungszuständen.

Wer an Schulen in "sozialen Brennpunktbezirken" unterrichtet, trägt demnach ein höheres Burnout-Risiko. Auch die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler.

Studienleiterin sieht Schule als krankes System

"Wir sehen in den Ergebnissen die Momentaufnahme eines kranken Systems", so das Fazit von Studienleiterin Dagmar Wolf.

Als größte Herausforderung sieht die Berufsgruppe das Verhalten der Kinder und Jugendlichen, die sie unterrichten. Dies gaben in der Umfrage 35 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an. 33 Prozent nannten als größte Herausforderung den Umgang mit "heterogenen Klassen" – gemeint sind solche, in denen Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunft, mit individuellen Lernbiographien oder auch mit besonderen Förderbedarfen sitzen.

Geragt wurde auch, wo die Lehrerinnen und Lehrer den dringendsten Handlungsbedarf sehen – und was nach ihrer Meinung die wichtigsten Fähigkeiten sind, die an Schulen vermittelt werden sollten.

Mehr als zwei Drittel der Lehrkräfte sprachen hier von sozialen Kompetenzen wie Empathie, aber auch "Eigenverantwortung". Die Vermittlung von Respekt, Toleranz und Demokratiefähigkeit hält fast ein weiteres Drittel für zukunftsrelevant.

Inklusion überfordert Lehrkräfte im Schulalltag

Die Hälfte der Befragten sieht Inklusion eher kritisch, allerdings scheint das zu wesentlichen Teilen an den Arbeitsbedingungen im schulischen Alltag zu liegen. Viele sehen sich darauf nicht gut darauf vorbereitet.

"Je besser Lehrkräfte für einen inklusiven Unterricht qualifiziert werden, desto positiver stehen sie ihm gegenüber" heißt es im Schulbarometer.

68 Prozent der Lehrkräfte geben an, dass bei der aktuellen Klassengröße die Qualität des Unterrichts unter den großen Unterschieden im Leistungsniveau leide. Nur knapp mehr als die Hälfte kann nach eigener Aussage den Unterricht so gestalten, dass er allen Schülerinnen und Schülern gerecht wird.

Mehr Personal, kleinere Klassen und die Sanierung maroder Schulgebäude nennen die Lehrerinnen und Lehrer, wenn sie gefragt werden, so sie den dringendsten Handlungsbedarf sehen.