Geboren aus der Supernova

Ansicht des Orionnebels erstellt durch das Hubble-Weltraumteleskop. Die Aufnahme wurde während105 Erdumläufen des Teleskops erstellt und ist eine der detailliertesten Ansichten des Nebels. Die Gesamtfläche des Fotos entspricht etwa der des Vollmondes. Bild: NASA, ESA, M. Robberto (Space Telescope Science Institute/ESA) and the Hubble Space Telescope Orion Treasury Project Team/gemeinfrei

Damit das Sonnensystem geboren werden konnte, musste anscheinend ein Riesenstern in einer gigantischen Supernova verenden

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4,5682 Milliarden Jahre - so alt sind die bisher ältesten Spuren, die man in außerirdischem Material gefunden hat. Und so alt muss denn auch das Sonnensystem mindestens sein. Obwohl es demnach ganz gewiss keine lebenden Zeitzeugen mehr gibt, gelingt es den Forschern, erstaunlich viele Details über die Frühgeschichte des Sonnensystems herauszufinden. Dabei können sie sich im wesentlichen auf drei Quellen stützen, die sich ergänzen:

  1. Die heutigen Eigenschaften des Sonnensystems: Diese Tatsachen fielen schon den ersten Betrachtern des Himmels auf. Die Planeten bewegen sich zum Beispiel alle in derselben Richtung um die Sonne, und zwar ungefähr in der gleichen Bahnebene - das Sonnensystem bildet also eine Scheibe. Obwohl die Sonne den Großteil der Masse in sich vereint, steckt der meiste Drehimpuls in den Planeten. Die inneren Planeten sind terrestrisch, die äußeren Gasriesen. All diese Fakten (und noch einige mehr) sprechen dafür, dass das Sonnensystem aus einer rotierenden Gaswolke entstand. Aus einem bestimmten Grund (dazu später) begann diese Wolke irgendwann, sich unter der eigenen Anziehung in sich selbst zusammenzuziehen. 99 Prozent der Masse bildeten das Zentrum, die Sonne, während aus dem restlichen Prozent die Planeten und alle anderen Körper im Sonnensystem entstanden.
  2. Noch heute existierende Himmelsobjekte, die ähnliche Bedingungen aufweisen wie die molekulare Wolke, in der die Sonne entstand: Der Orion-Nebel, auch mit bloßem Auge als Teil des Schwertes des Orion sichtbar, ist hier das prominenteste Beispiel. Es handelt sich um ein etwa 30 Lichtjahre durchmessendes Sternentstehungsgebiet, in dem sich ein erst eine Million Jahre alter Sternhaufen befindet. Der Nebel, aus dem sich unter anderem die Sonne formte, war mit 65 Lichtjahren Durchmesser vermutlich noch deutlich größer. Im Orionnebel hat das Hubble-Weltraumteleskop protoplanetare Scheiben identifiziert, die einige Hundert Astronomische Einheiten groß und dabei vergleichsweise kühl sind - wie man sich das junge Sonnensystem vor Zündung der Kernfusion vorstellt. Die Sonne selbst war in diesem Stadium noch ein so genannter T-Tauri-Stern: ein Gebilde, das die bei der gravitativen Kontraktion freiwerdende Energie abstrahlt.
  3. Steinerne Zeugen - das Material, aus dem Meteoriten geformt sind, insbesondere seine atomare Zusammensetzung: Schon das ungefähre Alter des Sonnensystems geht auf die Analyse von Meteoriten-Fragmenten zurück. Doch die Boten aus dem All tragen noch weitere spannende Informationen in sich. In einem Artikel in den Veröffentlichungen der US-Akademie der Wissenschaften analysieren Forscher den Gehalt bestimmter schwerer radioaktiver Isotope wie etwa 92Nb, 129I, 146Sm oder 182Hf, die besonders lange Halbwertszeiten im Bereich von Millionen Jahren besitzen.

Diese müssen dementsprechend auch schon im frühen Sonnensystem vorhanden gewesen sein - natürlich in entsprechend größerer Menge. Nun braucht man nur noch die Frage zu beantworten, wie diese Elemente entstanden sein könnten - und schon ist wieder ein neues Puzzleteil an der richtigen Stelle

Das gelingt den Forschern in ihrer Arbeit gut. Sie können zeigen, dass sehr wahrscheinlich eine Kernkollaps-Supernova für die konkrete Verteilung der Nuklide verantwortlich sein muss - andere Sternexplosionen hätten zu anderen Anteilen geführt.

Dabei bricht der Stern unter seiner eigenen Gravitation zusammen, weil in seinem Inneren das Brennmaterial ausgegangen ist und damit der Gegendruck fehlt. Voraussetzung muss hier ein Stern von wenigstens acht bis 25 Sonnenmassen gewesen sein. An der spezifischen Verteilung der Nuklide können die Forscher aber auch zeigen, dass von der Supernova bis zur Bildung des Sonnensystems mindestens zehn Millionen Jahre vergangen sein müssen.

Wenn die molekulare Wolke so lang existiert hat, folgern sie, dann müsse sie auch überraschend massiv gewesen sein. Tatsächlich gehen die Kosmologen davon aus, dass etwa zeitgleich mit der Sonne zwischen 1.000 und 10.000 weitere Sterne mit einer Gesamtmasse von 3.000 Sonnenmassen in einen Gebiet von 20 Lichtjahren Durchmesser entstanden. Dieser wilde Haufen soll sich dann 100 bis 500 Millionen Jahre später aufgelöst haben.