Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia

Internet fast jugendfrei?

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Die neuen Multimediagesetze von Bund und Ländern verpflichten gewerbliche Anbieter von Tele- und Mediendiensten zu einem wirksamen Jugendschutz. Deutsche Angebote von Online-Diensten und professionellen Anbietern werden von Jugendschutzbeauftragten und Organisationen der freiwilligen Selbstkontrolle kontrolliert. Zahlreiche Politiker und Journalisten hatten Pornos, Gewalt, Rasssimus und Diskriminierung im Internet angeprangert und staatliches Eingreifen gefordert. Unbefangene Zuschauer konnten sich des Eindrucks nicht verwehren, daß es sich beim Internet in Wahrheit um einen tiefen Sündenpfuhl handele.

Seit dem 1. August kann sich jeder Onliner beim Verein "Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter e.V." (FSM) beschweren. Die 13 Gründungsmitglieder des Vereins, darunter die Telekom, der Zeitungsverlegerverband, Microsoft und Pro Sieben, wollen im Internet nur noch saubere Inhalte anbieten. Mit ihrer Mitgliedschaft verpflichten sie sich, einen Verhaltenskodex zu befolgen. Dabei verzichtet jedes Mitglied auf gewaltverherrlichende, pornographische und diskriminierende Inhalte. Jeder, der dagegen verstößt, wird öffentlich gerügt. Die Rüge wird nicht nur auf der Homepage des FSM veröffentlicht, auch der Gerügte muß sie auf seiner eigenen Homepage einen Monat lang publizieren. Prinzipiell ist es dasselbe Kontrollsystem, wie es der Deutsche Presserat für den Printbereich eingeführt hat.

Die Resonanz der Bevölkerung auf das Angebot ist jedoch äußerst dürftig. Bis Anfang Oktober gingen rund 20 Beschwerden beim FSM ein. Bislang führte keine einzige Beschwerde zu einer Rüge. Einige Beschwerden bezogen sich auf Inhalte, die sich als nicht jugendgefährdend herausstellten, andere wiederum auf ausländische Angebote. Tatsächlich beschwerten sich bereits einige wenige User über Nazi-Symbole im World Wide Web.

Der Leiter der Beschwerdestelle, Rechtsanwalt Michael Schneider, zeigt sich "überrascht". Er hatte mit einer großen Beschwerdeflut gerechnet. Die Diskussion vor Verabschiedung des Gesetzes hatte ihm den Eindruck vermittelt, der "Leidensdruck befände sich "kurz vor dem Dammbruch". Doch der "Belästigungsgrad" sei bei den meisten wohl doch etwas höher einzustufen, wie ursprünglich angenommen.Für FSM-Vorstandsmitglied Michael Rath-Glawatz ist es jedoch "noch zu früh für Prognosen". Er erwartet, daß vor allem bei eklatanten Fällen die Beschwerdestelle genutzt wird.