Wohin steuern die USA?

Das Konjunkturprogramm von Präsident Bush kommt nicht nur den Reichen zugute, sondern vergrößert noch einmal die sowieso gigantische Schuldenlast der USA

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Der Präsident der Vereinigen Staaten von Amerika, G.W. Bush, startet, so konnte man vielfach lesen, ein viel größeren und wagemutigeres Konjunkturprogramm, als bislang angenommen wurde. Kosten: 674 Mrd. Dollar über die nächsten 10 Jahr verteilt. Die Wirkung des Konjunkturprogramms ist freilich umstritten.

Kritiker wie die Citizens for Tax Justice werfen dem US-Präsidenten vor, hauptsächlich den Wohlhabenderen Steuergeschenke zu machen: "68% der Steuerentlastungen gehen an die Top-1%-Steuerzahler mit einem durchschnittlichen Einkommen von 1,1 Mio US$ im Jahr. Diese sparen dadurch etwa 16.000 US$." Selbst für Nicht-Wirtschaftler ist allerdings offensichtlich, dass Einkommensmillionäre viel weniger Grund haben, dieses Extra-Geld auszugeben als z.B. Haushalte, die sich mit mehreren Jobs über Wasser halten. Eine Stimulation der Wirtschaft aufgrund dieses Konjunkturprogramms, das allerdings auch besonders Verheiratete mit Kindern unterstützt, ist also zumindest fraglich.

Noch schlimmer ist jedoch, weshalb kaum jemand ernsthaft fragt, woher das Geld eigentlich kommt? Die FTD berichtete Ende Oktober von dem riesigen Haushaltsdefizit der USA. Selbst die Ausgeglichenheit bzw. die Gewinne in der Bilanz der letzten Jahre haben nur wenig am riesigen Schuldenhaufen gekratzt, den die größte Wirtschaftsmacht der Welt vor sich herschiebt. Anfang 2001 kamen auf jeden US-Bürger mehr als 20.000 US$, insgesamt fast 6000 Milliarden Dollar (Die amerikanische Verschuldungsmaschine). Als Präsident Bush seine Regierung antrat, prognostizierte das Congressional Budget Office für das nächste Jahrzehnt noch einen Haushaltsüberschuss von über 3 Billionen US-Dollar.

Das war damals, vor den ersten Steuerkürzungen und dem Krieg gegen den Terrorismus. Im rüstungsreichen Jahr 2002 kamen 158 Milliarden an Ausgaben dazu, die Steuergeschenke des geplanten Konjunkturprogramms lassen das Loch eher größer als kleiner werden. Am 6.1. 2003 betrug der Schuldenstand der USA genau 6,383,514,236,076.15 US-Dollar.

Dass die US-Konjunktur trotz zahlreicher Positiv-Nachrichten aber schwächelt, hat sich zwar rumgesprochen, doch die Journalisten der Wirtschaftsredaktionen scheinen lieber auf neue Höhenflüge der Aktienmärkte zu hoffen, als Situationen zu hinterfragen. Denn: Eine schwächelnde Wirtschaft und Steuersenkungsprogramme sowie mehr Ausgaben (Rüstung, Geheimdienste, Krieg) dürften kaum neues Geld in die Kassen spülen.

Impliziert ist, dass wir entweder große und zunehmende Haushaltsdefizite akzeptieren müssen oder drakonische Einsparungen bei nationalen Programmen, die nicht mit dem Inlandschutz verbunden sind, vornehmen müssen.

Robert D. Reischauer, Präsident des Urban Institute und ehemaliger Direktor des Congressional Budget Office

Viele Möglichkeiten bleiben der US-Regierung nicht, das Geld trotzdem aufzutreiben. In erster Linie sind das die Geld-Druckmaschinen. Die Inflation anzutreiben, macht aus US-Sicht Sinn, denn nicht nur der Staat, sondern auch die Firmen und Privatleute sind hoffnungslos überschuldet. Für Schuldner heißt das: Sie können ihre Schulden schneller abtragen. Was Inflation aber noch anrichten kann, weiß jeder, der die Geschichten der Wäschekörbe voller Geld kennt.

Da die US-Wirtschaft und auch deren Geldwirtschaft dank Globalisierung massiven Einfluss auf den Rest der Welt haben, sollten auch die nicht-amerikanischen Journalisten im Interesse der Menschen, die sie informieren, langsam fragen: Quo vadis, USA?