Pandemiekosten: Wer soll das bezahlen?

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Merkel will keine Vermögenssteuer, also drohen angesichts von erheblichen Steuerausfällen erneute Einschnitte bei Bildung, Kultur und Sozialem

Das Corona-Jahr 2020 hat viele Verlierer und einige wenige Gewinner gesehen. Zu Ersteren gehören nicht nur die vielen prekär Beschäftigten, die Opfer der vermehrten häuslichen Gewalt, die Kinder aus armen Familien, denen keiner mal eben ein Notebook oder Smartphone zu Weihnachten schenkt, die also ohne eigene Verbindung ins Internet vom Fernunterricht abgeschnitten sind.

Auch der Fiskus musste 2020 Federn lassen. Zum einen fallen durch die Pandemie Zusatzkosten an, zum anderen lahmt die Wirtschaft erheblich, was die Steuereinnahmen schmälert.

Was die Zusatzkosten angeht, bemüht sich die Bundesregierung allerdings nach Kräften diese abzuwälzen. Die Krankenkassen werden zum Beispiel für nicht genutzte Intensivbetten oder für Überbrückungshilfen für Physiotherapeuten und andere Heilpraktiker herangezogen. Entsprechend bekamen viele Versicherte zum Jahresende Post von ihrer Kasse: Die Beitragssätze ziehen kräftig an.

Zu den Pandemiekosten zählen auch die Konjunkturprogramme mit ihrem zum Teil recht zweifelhaftem Nutzen. Zu erinnern wäre unter anderem an die neun Milliarden Euro, die an die Lufthansa fließen, ohne dass das Unternehmen im Gegenzug eine Arbeitsplatzgarantie ausgesprochen oder sich von seinen Steuersparmodellen mit Niederlassungen in Steueroasen verabschiedet hätte. Zum Jahresende hieß es, dass 29.000 Arbeitsplätze gestrichen würden.

Insgesamt 1,3 Billionen Euro betragen die Pandemiekosten für die öffentlichen Haushalte von Bund und Ländern sowie für die Sozialkassen bisher, berichtet das Manager Magazin unter Berufung auf das Bundesfinanzministerium.

Dieses hatte zum Jahresende auf eine Anfrage des Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag Dietmar Bartsch geantwortet. Das entsprechende Dokument müsste in den nächsten Tagen hier veröffentlicht werden.

Der überwiegende Teil der enormen Summe - 826,5 Milliarden Euro - bestehe allerdings aus staatlichen, von Bund und Länder gewährleisteten Garantien, von denen noch nicht klar ist, in welchem Umfang diese tatsächlich abgerufen werden.

Auch der Ausfall von Steuereinnahmen ist in der Summe enthalten. Das IFO-Institut in München rechnet in seiner jüngsten Konjunkturprognose (Seite 45/46) für 2020 mit einem Einnahmeminus von "gut 160 Milliarden Euro". 2021 würden 133 und 2022 84 Milliarden Euro fehlen.

Wer soll das bezahlen?

Für das neue Jahr rechnet das Finanzministerium, wie das ZDF unter Berufung auf die gleiche, oben genannte Anfrage berichtet, mit zusätzlichen Belastungen in Höhe von 184 Milliarden Euro. Die Krise werde "historisch teuer" wird der Fraktionschef der Linken dazu zitiert. Es stelle sich die Frage, wer diese bezahlen soll.

Für Angela Merkel ist vor allem klar, wer es nicht soll. Während deutsche Unternehmen sich weiter in Steuervermeidung üben, lehnt sie eine Vermögensabgabe strikt ab. Sie setze stattdessen darauf, über Wirtschaftswachstum Mehreinnahmen zu generieren.

Die diversen Wirtschaftsprognosen, wie die obige des IFO-Instituts, lassen jedoch erwarten, dass daraus vorerst nichts wird. Somit deutet alles darauf hin, dass entweder die Staatsverschuldung ausgeweitet oder aber mal wieder versucht werden wird, in den Bereichen Kultur, Bildung und Soziales die Ausgaben zu kürzen. Letzteres ist seit den 1980er Jahren die bevorzugte Antwort aller Bundesregierungen gewesen.

Verteilungsgerechtigkeit

Andere Länder wie etwa Argentinien haben dagegen weniger Probleme, die Reichen zur Kasse zu bitten. Auch die OECD, die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in der sich die westlichen Industriestaaten zusammengeschlossen haben, macht Werbung für entsprechende Steuern.

Neben einer Vermögenssteuer schlägt sie für Deutschland "eine höhere Besteuerung von Grund und Boden“ vor. Auch über "eine höhere Erbschaftssteuer, auch für Familienunternehmen" müsse nachgedacht werden. Das werde nebenbei angesichts der ungleichen Vermögensverteilung zu verbesserter Verteilungsgerechtigkeit führen.

Mit der ging es im Corona Jahr in Deutschland, in Chile und im Rest der Welt weiter bergab. Die 2.200 Milliardäre aus aller Welt, die das Magazin Forbes auflistet, haben 2020 ihre Vermögen um 20 Prozent oder 1,9 Billionen US-Dollar steigern können. Das ist etwas mehr als die Hälfte des deutschen Bruttoinlandprodukts.

Allein Tesla-Chef Elon Musk, der sich im brandenburgischen Grünheide viel Zeit mit dem Hinterlegen einer Sicherheit für seinen ohne endgültige Genehmigung voran getriebenen Fabrikbau lässt, hat sein Vermögen um 110 Milliarden Euro gesteigert. Der Grund: Teslas Aktienkurs hat vom 31.12.2019 bis zum 30.12.2020 um gut 700 Prozent zugelegt. Das Unternehmen ist inzwischen der teuerste Autokonzern der Welt.