FFP2: Zur Zuzahlung kommen noch sechs Euro über Steuern

Bild: TP

Man zahlt scheinbar wenig für die Masken auf Gutschein - aber in Wirklichkeit sehr viel

Das Bundesgesundheitsministerium hat die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) vom Dezember geändert: Statt sechs Euro pro auf "Gutschein" eingelöster FFP2-Maske erhält ein Apotheker dafür ab dem 10. Februar nur noch 3,30 Euro aus der Steuerkasse. Dazu kommen wie bisher zwei Euro, die der Maskenbezieher selbst zuzahlen muss, wenn er den Gutschein einlöst.

Warum kein Direktversand?

Im Online-Handel bekommt er FFP2-Masken bereits für einen Stückpreis von 45 Cent. Die bringt ihm der Bote an die Haustür - und er muss dafür keine der nicht unbedingt virenfreien Medikamentenhandlungen aufsuchen. Den Bus dorthin, den er eventuell nehmen müsste, spart er sich ebenfalls. Berücksichtigt man, dass Bezieher nicht alle Gutscheine auf einmal zugeschickt bekommen und einlösen dürfen, sondern mehrmals zur Apotheke gehen sollen, summiert sich der eingesparte Aufwand.

Viele Gutscheinempfänger fragen sich deshalb in Foren und Sozialen Medien, warum ihnen die Bundesregierung anstatt der von der Bundesdruckerei aufwendig fälschungssicher gestalteten Gutscheine nicht gleich die 15 Masken zuschickt, die bequem in ein Großbriefkuvert passen würden. Eine AfD-Abgeordnete gab diese Frage parlamentarisch an die Bundesregierung weiter und erhielt die Antwort, das sei nicht nur wegen des Datenschutzes nicht möglich, sondern auch wegen "erheblicher Kosten" und ganz allgemein "nicht zielführend".

Was für sie der datenschutzrechtliche Unterschied zwischen dem Versand von Masken und dem Versand von Gutscheinen für solche Masken ist, ließ die Bundesregierung offen. Die Daten dafür kommen beziehungsweise kämen in beiden Fällen von den Krankenkassen, die dafür neben Versicherten über 60 auch solche mit Covid-19-relevanten Vorerkrankungen auswählen sollten. Das scheint mal mehr und mal weniger gut geklappt zu haben, denn neben achtjährigen Kindern ohne Asthma erhielt unter anderem auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder solche Gutscheine zugeschickt. Die gab er nach eigenen Angaben sofort zurück. Andernfalls hätte der CSU-Chef womöglich Fragen zu seiner gesundheitlichen Eignung für hohe politische Ämter beantworten müssen.

Von Seiten der privaten Krankenversicherungen hieß es dazu, Berichte "über mögliche Irrläufer oder Adressaten, bei denen der Anspruch nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar ist", seien dem Verband nur aus der Presse und den Sozialen Medien bekannt. Bei der AOK Bayern verwies man auf mögliche Diagnosen, an die sich die Patienten vielleicht gar nicht mehr erinnern können.

Schweinezyklus

Zu den "erheblichen Kosten", auf die die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage verweist, stellt sich nicht nur die Frage, ob ein Großbriefkuvert mit Masken wirklich so viel teurer gekommen wäre als mehrere Kuverts mit Gutscheinen, sondern auch die, warum die Bundesregierung Apothekern Masken mit sechs Euro aus der Steuerkasse und zwei Euro aus den Geldbörsen vergütete. Masken, die einer Recherche der Tageszeitung Die Welt nach im Großhandel 60 bis 70 Cent kosteten.

Hierzu gab es eine parlamentarische Anfrage aus den Reihen der Grünen, auf die hin Gesundheitsstaatssekretär Thomas Gebhart erklärte, man habe bei der Preisfestsetzung am 9. Oktober 2020 die Preise im Internet verglichen und sei damit auf einen durchschnittlichen Preis von 4,29 Euro pro Maske gekommen. Auf den habe man dann die Mehrwertsteuer, "anteilige Betriebskosten", "Beschaffungskosten", "Verpackungskosten", "Abrechnungskosten", "Beratungsleistungskosten" und einen "Beteiligungsanreiz" aufgeschlagen.

Dass der Preis für FFP2-Masken Anfang Oktober höher lag als jetzt, hängt mit der Nachfrageexplosion im ersten Halbjahr 2020 zusammen. Dieser Nachfrageexplosion folgte aber eine Angebotsexplosion, die niemanden wirklich überraschte, für den der Begriff "Schweinezyklus" kein Fremdwort ist: Vor allem chinesische Anbieter "überschwemmten" den Angaben des Verbandes Technischer Handel (VTH) nach den Weltmarkt mit diesen Schutzvorrichtungen. Deshalb stiegen die Preise auch nach der in Januar verhängten Pflicht zum Tragen "medizinischer Masken" in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln nicht, sondern sanken weiter.

Warum reagierte das Bundesgesundheitsministerium nicht auf den Hinweis der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion?

Und deshalb lag der Preis bereits im Dezember, als die ersten Gutscheine ausgegeben wurden, deutlich unterhalb des Oktoberdurchschnitts, ohne dass das Bundesgesundheitsministerium entsprechend reagierte. Es reagierte nicht, obwohl Sabine Dittmar, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, die Bundesregierung nach eigenen Angaben auf diesen Missstand aufmerksam gemacht hatte.

Warum das Bundesgesundheitsministerium nicht schon damals regierte, bleibt offen. Vielleicht, weil der Bundesgesundheitsminister mit wichtigeren Sachen beschäftigt war. Zum Beispiel mit seiner Vereinbarung mit dem Google-Konzern, der die Botschaften seines Ministeriums bei Web-Suchen nun seit November ganz oben präsentiert. Der Burda-Verlag, der dort seine eigenen Angebote sehen möchte, hat die Bundesregierung deshalb vor dem Landgericht München verklagt, das am Freitag eine Eilrechtsschutzentscheidung verkünden soll.

Dem Willen von Spahns Anwälten nach soll diese Entscheidung unter anderem deshalb zugunsten der Google-Kooperation ausfallen, weil andernfalls "die Autorität des Ministers und der Regierung beschädigt" werde - und das würde "die Wirksamkeit der aktuell beschlossenen [Corona-]Schutzmaßnahmen beeinträchtigen".

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