1. Mai: DGB sagt "Nein zur massiven Aufrüstung"

DGB-Chef Reiner Hoffmann übt moderate Kritik am Kurs der Ampel-Regierung. Archivbild: © Olaf Kosinsky / CC BY-SA 3.0

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes geht davon aus, dass Mittel für wichtige Zukunftsinvestitionen und Soziales fehlen, wenn der Militärhaushalt dauerhaft aufgestockt wird

Unter dem Motto "GeMAInsam Zukunft gestalten" hat der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, vor einer dauerhaften Aufstockung des Militärhaushalts zu Lasten sozialer Belange gewarnt. "Deshalb sagen wir heute klar und deutlich Nein zu einer massiven Aufrüstung", sagte Hoffmann an diesem Sonntag in Berlin.

"Waffenstillstand jetzt"

"Wir brauchen dieses Geld für Zukunftsinvestitionen in die Transformation. Und wir brauchen es für die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaats", so Hoffmann. "Militärische Friedenssicherung", so der DGB-Chef, dürfe niemals zulasten des sozialen Friedens erkauft werden.

Den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilte Hoffmann in seiner Rede auf der zentralen Kundgebung zum 1. Mai scharf. Die Ansprache wurde immer wieder durch Protestrufe aus der Menschenmenge unterbrochen, auf die Hoffmann aber nicht näher einging. "Wir fordern: Waffenstillstand jetzt!“, sagte der DGB-Chef. Den Menschen in der Ukraine und den von dort Geflüchteten sprach er seine Solidarität aus.

Warnung vor Ausbeutung Geflüchteter

"Jetzt kommt es auch darauf an, dass die Qualifikationen der Geflüchteten unbürokratisch anerkannt werden", unterstrich Hoffmann. Ziel sei, dass die Menschen rasch Arbeit zu guten Bedingungen fänden. "Und ich warne alle Arbeitgeber, die meinen, Geflüchtete zu miesen Löhnen und grottigen Arbeitsbedingungen beschäftigen zu können", fuhr Hoffmann fort. Die Opfer von Not und Elend des Kriegs dürften "nicht auch noch von skrupellosen Kapitalisten ausgebeutet werden".

Anfang März war zum Beispiel die kurzfristige Anwerbepraxis des Fleischkonzerns Tönnies an der polnisch-ukrainischen Grenze für Standorte in Deutschland bekannt geworden: Dort von Tönnies verteilten Handzetteln war zu entnehmen, dass den geflüchteten Arbeitskräften die Kosten für die Unterkunft werden vom Lohn abgezogen werden sollten.

Der DGB-Chef kritisierte in seiner Rede zudem unternehmerische Forderungen nach Lohnzurückhaltung bei den Tarifverhandlungen für zehn Millionen Beschäftigte in diesem Jahr. "In diesen Wochen werden 70 Milliarden Euro Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet", sagte Hoffmann.

"Viele Unternehmen sind Krisenprofiteure und fahren satte Extragewinne ein, man schaue nur auf die Mineralölkonzerne. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht gar nicht." Nötig seien anständige Tariflöhne und mehr Tarifbindung sowie eine Lohnuntergrenze, die vor Armut schütze. Das Entlastungspaket der Ampel-Koalition gegen die stark steigenden Energiepreise sei richtig, aber nicht ausreichend. Rentnerinnen und Rentner müssten einbezogen und arme Menschen stärker entlastet werden, forderte Hoffmann.

Eierwürfe auf Berlins Regierende Bürgermeisterin

An der Demonstration des DGB zum Brandenburger Tor nahmen am Vormittag mehrere tausend Menschen teil. Hunderte beteiligten sich zudem an einem Fahrradkorso. Am Brandenburger Tor fand um die Mittagszeit die Abschlusskundgebung statt. Neben Hoffmann sprach dort auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die allerdings ihre Rede abbrach, nachdem sie aus der Menge mit Eiern beworfen und ausgebuht worden war. Nach Angaben der Berliner Zeitung verhinderte ein Security-Mitarbeiter mit einem Regenschirm einen oder mehrere Treffer.

Giffey in der Hauptstadt als Vertreterin der Belange lohnabhängiger und einkommensschwacher Menschen zu präsentieren, dürfte unter einfachen Gewerkschaftsmitgliedern umstritten gewesen sein: Linke und mietenpolitische Initiativen hatten der SPD-Politikerin in den letzten Monaten mehrfach vorgeworfen, den erfolgreichen Volksentscheid für die Enteignung großer Immobilienkonzerne bewusst im Sand verlaufen zu lassen.

Lohnplus für Sozial- und Erziehungsberufe gefordert

Deutlich höhere Löhne für die Beschäftigten der Sozial- und Erziehungsberufe verlangte die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack auf der Maikundgebung auf dem Frankfurter Römer. "Zollt den Kolleginnen endlich den nötigen Respekt für Ihre Arbeit", forderte sie angesichts der aktuellen Tarifrunde in diesem Bereich.

"Legt endlich ein ordentliches Angebot vor! Die Arbeitsbedingungen müssen endlich besser werden, die Löhne müssen rauf!" Es sei "skandalös, dass die kommunalen Arbeitgeberverbände auch nach der zweiten Verhandlungsrunde noch immer keine einzige Idee haben, die bis an die Erschöpfung arbeitenden Kolleginnen und Kollegen zu entlasten oder ihre Arbeit finanziell anzuerkennen".

In Leipzig forderte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell in einem Redebeitrag das Ende der noch immer existierenden Lohnkluft zwischen Ost und West: "Es wird Zeit, dass die Arbeitgeber hier in die Spur kommen", sagte Körzell. Wo Tarifverträge gelten, sei der Abstand zwischen Ost- und Westlöhnen fast ausgeglichen – aber vielfach, so Körzell, "flüchten die Arbeitgeber aus der Tarifbindung".