15 Jahre Telepolis: Ein Loblied auf das Forum

Telepolis wird 15 Jahre alt - Grund genug, um einmal die bunte Forengemeinde zu feiern, die TP erst ausmacht

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Der gemeine TelePolis-Autor (TPA), oftmals eine Untergruppe des gemeinen TP-Redakteurs, ist eine missverstandene Spezies. Er sucht Nähe, kann diesen Wunsch jedoch nur schlecht artikulieren und versucht es daher über den Umweg des Artikelschreibens.

Hoffnungsvoll schaut der TPA dann in das Trashpolis-Forum zu seinem Artikel, um dort ein wenig Zuwendung zu erhalten.. Die Hege und Pflege des gemeinen TP-Autors ist nicht wirklich schwer. Zu bedenken sind allerdings personenspezifische Unterschiede, auf die bei der Pflege des TPA geachtet werden muss.

Sprich-mich-an!

Allgemein leidet der gemeine TPA darunter, dass er viel zu selten angesprochen wird - und wenn, dann oft übertrieben korrekt, also mit "Herr/Frau..."- , was ihm wiederum das Gefühl geben kann, nicht wirklich willkommen zu sein. Umso wichtiger ist es für ihn also, dass er in Foren bei seinem Namen oder Nicknamen genannt wird. Liebevolle Veränderungen seines Namens schätzt er besonders, ebenso eigenkreierte Verben, die seinen Namen und seine Eigenschaften gebührend würdigen.

Der gemeine TPA zeigt, dass er dieser Zuwendung bedarf, jedoch auf verschiedenste Weise. Wie eine Pflanze, die traurig die Blätter hängen lässt, so weist auch der TPA gewisse Symptome der Vernachlässung auf, wenn er zu wenig gehätschelt wird. Anhand diverser Warnsignale kann der Forennutzer erkennen, dass sein Lieblingsautor sich in einer emotionalen Notlage befindet und entsprechend reagieren.

Florian Rötzer

Der Meister der im Nirvana verschwindenden, sich in sich selbst verirrenden Satzserpentinen, der Indiana Jones des Sätzedschungels, der König des Langsatzes, schwächelt ab und an - dann zeigt der Schwimmer der telepolischen Hydrokultur auf "Gießen". Reaktion auf die Bewässerung aus dem Forum sind kurze prägnante Sätze, nachvollziehbare, schlüssige Gedankengänge und nicht zuletzt fehlende Grammatik- und Rechtschreibfehler. Leider wird dies im Forum zuweilen missverstanden und nicht genug gewürdigt; kurzsichtig ist dann die Rede von "Besserung" oder davon, dass "sich der TPA Rötzerus endlich mal zusammengerissen hat".

Dabei wird der untergründige Ernst der Lage vollkommen unterschätzt, der gemeine Langsatz-TPA bleibt mit seiner Verzweiflung allein und hofft, sich demnächst wieder zu alter Form aufzuraffen.

Rüdiger Suchsland

Ein Film, in den so viele nach eigener Beurteilung mit größtem Vergnügen gesehen und toll gefunden haben, wird nicht gut bewertet? Das Ende eines Filmes wird nicht seziert wie ein Regenwurm in Biounterricht? Ein ganz schlechtes Zeichen beim 1-A-Faschismusindikator, der regelmäßig mit einem lauten "Ping" auch beim letzten Bambi-Film noch anschlagen würde.

Fehlt dem TPA Suchslandus die Kraft zu spoilern, so schwindet automatisch auch die Aufmerksamkeit des Forums. Sonst stürzt es sich mit Verve auf dessen Spoilertum und kritisiert es, wohlwissend, dass Rüdiger Suchsland seine Sehnsucht nach Forumsliebe nur unzureichend mit dem ständigen Hinweis kaschieren kann, dass eine Filmkritik eben kein Trailer ist und insofern auch das Ende eines Filmes miteinbeziehen muss. Das liebevolle Spoilergeplänkel ist für den TPA Suchslandus wie Balsam auf den tippwunden Fingern und ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Hege und Pflege artgerecht funktionieren.

Twister

Ein positiv gestimmter Artikel aus der Feder der stets winselnden, nun aber hammerhart jaulenden ALG II-Nervschreiberin? Kritik an ALG II-Empfängern selbst? Hier herrscht roter Alarm. Nur bei stetiger Betreuung ist gesichert, dass auch weiterhin der lamentierende Unterton herrscht, der zur notwendigen Aufmerksamkeit im Forum führt. Der TPA Hammerus versinkt gerne in Weltschmerz, wo er sich dann gemeinsam mit der aufjaulenden Forumsnutzerschar im Leid um bedrohte Väter und arme ALG II-Kinder suhlt. Optimismus steht im krassen Gegensatz zu seinem normalen Verhalten und kann daher nur als schlechtes Zeichen gesehen werden - hier hilft dann nur, wie in allen anderen Fällen auch, die geballte Forenmacht, die dem TPA wieder mit Namensverballhornungen und diversen Anfeindungen, harscher Kritik und genervter Abokündigungsandrohung zeigt, dass er weiterhin geliebt wird.

Dies sind jedoch nur einige Unterarten und es ist festzustellen, dass die Foren"community" im Allgemeinen die artgerechte Betreuung des gemeinen TPA recht zuverlässig sicherstellt. Dabei gehen einige Forennutzer so weit, ihre eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen, um die des TPA zu erhalten. Geradezu masochistisch lesen sie jeden Artikel und Blogbeitrag des TPA - wissend, dass sie unter den Folgen leiden werden -, nur um diesen zu kommentieren und damit dem TPA wieder ein paar Tröpfchen des benötigten Aufmerksamkeitsdüngers zukommen zu lassen. Es bedarf eines großen Kraftaufwandes, um, unter selbstlosen Einsatz der eigenen Kräfte, der Bedürftigkeit des gemeinen TPA geschuldete Pflegedienste zu leisten - und dafür sei dem Forum gedankt.