2G: Der Königsweg?

Seite 2: Die offizielle Begründung für 2G

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erklärt bündig und anschaulich, weshalb 2G im Hinblick auf die Einschränkung des Infektionsgeschehens sicherer sei als 3G:

Für den Testnachweis können sowohl PCR-Tests als auch Antigen-Schnelltests verwendet werden. Antigen-Schnelltests können jedoch nicht alle Infektionen sicher erkennen. Insbesondere zu Beginn einer Infektion oder wenn der Test fehlerhaft durchgeführt wird, steigt das Risiko, dass eine Person ein negatives Testergebnis bekommt, obwohl sie infiziert ist und auch andere anstecken könnte (falsch-negatives Testergebnis). Je mehr Ungeimpfte an einer 3G-Veranstaltung teilnehmen, desto höher das Risiko, dass sich falsch-negativ Getestete unter ihnen befinden. Das macht eine Ansteckung wahrscheinlicher - für Ungeimpfte und Geimpfte.

Auf Nachfrage von Telepolis zur wissenschaftlichen Begründung der Aussage verwies die BZgA an das RKI. Tatsächlich veröffentlichte das RKI am 6. Oktober 2021 ein Dokument, das unter anderem der Frage nachgeht: "Warum 2G sicherer ist als 3G?". Die Begründung: "Der Virus verbreitet sich hauptsächlich unter Ungeimpften" und "Antigen-Schnelltests können nicht alles Infektionen sicher erkennen".

Was an dieser Stelle auffällt: Die Möglichkeit eines Impfdurchbruchs wird zwar in diesem Dokument erwähnt, allerdings nur im Hinblick auf die mögliche Gefahr für den Infizierten selbst. Die Möglichkeit einer Übertragung der Erkrankung aufgrund eines Impfdurchbruchs wird jedoch nicht aufgeführt. War dies am 6. Oktober, als dieses Dokument veröffentlicht wurde, noch eher unwahrscheinlich, sollte sich inzwischen herumgesprochen, dass Impfdurchbrüche keine Seltenheit mehr darstellen.

Zwei Wahrscheinlichkeiten

Die 2-G-Regel geht ausdrücklich mit der Möglichkeit einher, die Kapazitätsgrenzen durch die Corona-Maßnahmen nicht mehr einhalten zu müssen, sondern den Raum der Veranstaltung in gewohnter Manier frei ausnutzen zu können. Daher befinden sich bei 2G-Veranstaltungen also deutlich mehr Menschen im Raum und Abstands- und Maskenregeln fallen zudem weg.

Daher ist für die Beurteilung, inwiefern eine 2-G-Veranstaltung tatsächlich sicherer ist als eine 3-G-Veranstaltung, nicht nur entscheidend, ob die Gruppe der Geimpften aufgrund von Impfdurchbrüchen weniger zum Infektionsgeschehen beiträgt als die Gruppe der Falsch-Negativ-Getesteten. Tatsächlich müsste diese Wahrscheinlichkeit deutlich niedriger sein, damit die Aussage stimmig ist, 2G sei sicherer als 3G. Es befinden sich schlicht mehr Menschen mit weniger Abstand und Sicherheitsmaßnahmen im Raum.

Fremdschutz

Bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Impfdurchbruchs sei vorab auf dessen Definition durch das RKI verwiesen:

Ein wahrscheinlicher Impfdurchbruch ist definiert als SARS-CoV-2-Infektion mit klinischer Symptomatik, die bei einer vollständig geimpften Person mittels PCR oder Erregerisolierung diagnostiziert wurde.

Asymptomatische Infektionen von Geimpften fallen also nicht in diese Kategorie.

Für die folgende Analyse verwendet der Autor die offiziellen Zahlen der RKI (Stand 11. November). Die Gruppe der 18- bis 59-Jährigen (Impfquote: 72,5 Prozent) stellt in den letzten drei Wochen aufgrund von Impfdurchbrüchen 41,6 Prozent der symptomatisch Neu-Infizierten dar.

Die Gruppe der über 60-Jährigen (Impfquote: 85,1 Prozent) stellt in den letzten drei Wochen 60,9 Prozent der symptomatisch Neu-Infizierten dar.

Bereinigt man diese Angaben um die Impfquote - also, um den tatsächlichen Anteil der Geimpften am Infektionsgeschehen zu berechnen, wenn die Gruppen der Geimpften und Ungeimpften gleich groß wären - so kommt man zu dem Ergebnis, dass in beiden Altersgruppen in den letzten drei Wochen die Geimpften etwa 21,3 Prozent des Infektionsgeschehens bei symptomatischen Erkrankungen ausmachen. Mit anderen Worten: Im Schnitt sind Geimpfte 3,7-mal besser geschützt als Ungeimpfte.

Eine Aussage darüber, welchen Anteil Geimpfte am Infektionsgeschehen insgesamt haben, ist leider unmöglich. Auf Anfrage des MDR antwortete das RKI: "Das RKI veröffentlicht keine nach Impfstatus stratifizierten Inzidenzen, weil diese zu verzerrungsanfällig sind. Geimpfte werden etwa seltener getestet, erst recht, wenn sie keine Symptome haben."

21,3 Prozent sind eine signifikante Größe, sodass die Frage weiterhin im Raum steht, ob 2G tatsächlich sicherer ist als 3G. Auf Nachfrage von Telepolis erklärte das RKI:

Bei der Sensitivität (Der Prozentsatz, mit dem eine erkrankte Person als positiv getestet wird A. W.) eines korrekt abgenommenen (und dann auch später kontrollierten) tagesaktuellen Antigen-Tests für die Erkennung einer übertragungsrelevanten SARS-CoV-2 Infektion gehen wir von ca. 60% aus. Ein aktueller PCR-Test erhöht die Sensitivität weiter, allerdings ist die Testlogistik und der Aufwand deutlich höher. Derzeit gehen wir davon aus, dass der Schutz vor Infektion bei einer Impfung mindestens 60% (vermutlich höher) ist. D.h. es ist wahrscheinlicher, dass eine ungeimpfte Person falsch-negativ getestet wurde, als dass eine geimpfte (nicht getestete) Person zum Zeitpunkt der Veranstaltung ansteckend ist. Daher ist, bezogen auf den Fremdschutz, nach derzeitigem Erkenntnisstand 2G besser als 3G.