49-Euro-Ticket: Wird sozialer Klimaschutz jetzt ganz begraben?

Der öffentliche Nahverkehr hat für Bundesverkehrsminister Volker Wissing keine Priorität. Foto: planet_fox / Pixabay Licence

Verkehrsminister Wissing verweigert Bundeszuschüsse. Campact startet Petition. Anderen Initiativen ist das Ticket eigentlich noch zu teuer.

Nach dem kurzen Sommer des Neun-Euro-Tickets und der ungewohnten Mobilität für ärmere Bevölkerungsteile im vergangenen Jahr war das 49-Euro-Ticket bereits eine Enttäuschung. Wer aber in einer Großstadt lebt und es lange gewohnt war, mehr als 80 Euro für ein ÖPNV-Monatsticket ausgeben zu müssen, empfindet das natürlich als Fortschritt im Vergleich zu dieser alten Normalität – schließlich gilt es, wie zuvor das Neun-Euro-Ticket, deutschlandweit für ÖPNV und Regionalbahnen.

Wer oft Angehörige oder Freunde in anderen Städten besucht, spart dadurch auch noch mal eine Stange Geld und muss sich nicht mit unterschiedlichen Anbietern, Tarifen und Geltungsbereichen herumärgern. Für Autobesitzer senkt das die Hemmschwelle, den Pkw auch mal stehen zu lassen.

Das 49-Euro-"Deutschlandticket" ist daher so ziemlich die einzige Maßnahme der Ampel-Bundesregierung, die wenigstens noch ein bisschen nach sozialem Klimaschutz aussieht. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnt allerdings höhere Bundeszuschüsse dafür ab und fordert die Länder zum Sparen bei Verkehrsverbünden und Vertriebskosten auf.

"Da müssen jetzt Einspareffekte erzielt werden, sodass der ÖPNV besser wird im Angebot und gleichzeitig unnötige Kosten eingespart werden", sagte Wissing diese Woche dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Das Deutschlandticket gilt seit Mai dieses Jahres. Bislang teilen sich Bund und Länder die Kosten bis 2025 zu jeweils 1,5 Milliarden Euro jährlich. Länder und Kommunen fordern regelmäßig mehr Geld vom Bund, um das Ticket langfristig zu sichern. Die Bundeszuschüsse sind aber nur bis Ende dieses Jahres gesichert.

Turbo bei der Autobahn, Schneckentempo bei der Bahn

Allerdings handelt es sich um Steuergeld, das zum Teil ÖPNV-Nutzern stammt. Letztere werden nicht gefragt, ob sie Subventionen für den Autoverkehr oder den Ausbau von Schnellstraßen mitfinanzieren wollen – und genau wegen dieser Prioritäten steht Wissing regelmäßig in der Kritik. Einen bundesweiten Taktfahrplan für die Deutsche Bahn hält er erst 2070 für umsetzbar – für 144 Autobahnprojekte setzte er aber eine Beschleunigung durch.

Anfangs hohe vierstellige Kaufprämien für Elektroautos wurden allerdings noch von der Vorgängerregierung beschlossen und sinken bereits planmäßig – Landespolitiker wie der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dürften aber bei Wissing offene Türen einrennen, wenn sie sich für weitere Anreize zum Autokauf aussprechen. Weil verbittet sich auch die Infragestellung des Dienstwagenprivilegs, dessen Abschaffung nach Berechnung von Umweltverbänden bis zu 5,5 Milliarden Euro bringen könnte.

Umweltverbände, Die Linke, die Klimabewegung und das Netzwerk Campact versuchen derweil, Druck für andere Mobilitätsformen und günstige ÖPNV-Tarife zu machen. Die Klima-Initiative "Letzte Generation" findet das 49-Euro-Ticket im Grunde zu teuer – sie fordert unter anderem eine Neuauflage des Neun-Euro-Tickets.

Mehr als 200.000 Menschen haben aber nun bereits eine Campact-Petition mit der Überschrift "49-Euro-Ticket retten" unterschrieben.