50 minus 7

Wähler watschen die CSU und die große Koalition tüchtig ab

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Mit 43,4 Prozent hat die CSU bei den bayerischen Landtagswahlen am 28. September ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren und die absolute Mehrheit verloren. Nicht davon profitieren konnte Franz Maget, der die Sozialdemokraten anführte und mit 18,6 Prozent gleichfalls das schlechteste Ergebnis der bayerischen Nachkriegsgeschichte verantworten muss. Anders die kleinen Parteien: Die Grünen erreichten mit 9,4 Prozent der Wählerstimmen ihr bestes Ergebnis. Auch die zuletzt nicht im Maximilianeum vertretene FDP und die Freien Wähler kommen mit 8,0 und 10,2 Prozent auf ein historisches Ergebnis. Die Linke scheiterte mit 4,3 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.

Ob bei der Schulreform, der Abschaffung des bayerischen Landesgerichts, den hohen Verlusten bei der BayernLB und der von Michael Glos beaufsichtigen KfW, dem Kreuzzug gegen die Linkspartei, dem Rauchverbot, der Ablehnung der Pendlerpauschale im Bundestag und den Hausdurchsuchungen bei der Piratenpartei hat die CSU in letzter Zeit alles andere als eine gute Figur abgegeben. Jedoch liegt, wie der CSU-Vorsitzende Huber auf einer ersten Pressekonferenz verlautbarte, das Problem tiefer. Huber machte „eine Summe von Einflüssen über 5 Jahre hinweg“ für das Debakel haftbar. Denn bereits bei der letzten triumphalen Wiederwahl Edmund Stoibers zum Ministerpräsidenten im Jahre 2003, als dieser 60,7 Prozent für die CSU gewinnen konnte, hatten insgesamt 200.000 weniger Wähler ihr Votum für die Christsozialen abgegeben als bei der Landtagwahl zuvor.

Der leicht lallende Parteivorsitzende und Finanzminister Erwin Huber versäumte nicht, in seinem Fernsehauftritt, der wohl seit der letzten Ansprache von Nicolae Ceausescu wenige Tage vor seiner Füsilierung am 21. Dezember 1989 an Bizarrheit nicht seinesgleichen hat, „unseren Spitzenkandidaten Minister Beckstein für seinen beispielhaften Wahlkampf“ zu danken: „In der CSU haben wir weiterhin das Vertrauen in die Gestaltungskraft von Günther Beckstein." Ob der stammelnde Tonfall des CSU-Spitzenpolitikers auf eine Beruhigungsmass (wie sie Partei-Heiland Franz Josef Strauß nach enttäuschenden Wahlergebnissen vor der “Bonner Runde“ zu sich zu nehmen pflegte) oder auf einen Desaster-Schock zurückzuführen war, blieb ungeklärt. Der Landwirtschaftsminister und CSU-Vize Horst Seehofer bezeichnete das Wahlergebnis mit einem Stimmverlust von über 17 Prozent für die CSU als "Katastrophe". Als künftiger Barack Obama seiner Partei kündigte er an, ein „weiter so“ werde es nicht geben.

Zwar ist theoretisch eine Regierungsarbeit in Form einer Vierer-Koalition jenseits der CSU denkbar, wahrscheinlicher jedoch ist, dass die Christsozialen auf das bereits von der FDP offerierte Koalitionsgebot eingehen. Mit dem unbefriedigenden Wahlergebnis werden Umstrukturierungen innerhalb der bislang monolithisch regierenden Partei erwartet. Nicht nur altersbedingt angezählte Regierungsmitglieder wie Sozialministerin Christa Stewens und Agrarminister Josef Miller stehen zur Disposition, sondern auch Erwin Huber und mit ihm die Generalsekretärin Christine Haderthauer. Bei einer Koalition mit der FDP werden möglicherweise die Ministerien für Wissenschaft, Bildung, Justiz, Finanzen, Wirtschaft und Inneres zur Debatte stehen.

Telepolis hat dazu eine Umfrage gestartet: Wer oder was ist für die Wahlniederlage der CSU verantwortlich?