500 Millionen aus Deutschland für Multimilliardär Poroschenko?

Die "Antiterroroperation" zerstört die Ostukraine, zahlen soll u.a. die EU, das Vermögen der ukrainischen Oligarchen, die das Ruder in der Hand halten, wird geschützt

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Bundeskanzlerin Merkel versprach dem ukrainischen Präsidenten und Multimilliardär Poroschenko (Schokoladenkönig), übrigens ein Ex-Minister unter Präsident Janukowitsch und Besitzer eines einflussreichen Fernsehsenders, bei ihrem Besuch in der Ukraine einen Tag vor der Feier des Unabhängigkeitstags eine Hilfe von 500 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau der Ostukraine, die zumindest auch durch die ukrainischen Streitkräfte mit Artilleriefeuer auf die Städte zerstört wurde und zerstört wird. Von der EU erwartet Poroschenko insgesamt 5 Milliarden Euro für die "für die Wiederherstellung der Infrastruktur".

Zuschauer an der Antiunabhängigkeitsfeier in Donewzk - alles Terroristen? Bild: Russia Today

Die Bundesregierung und die EU scheinen lieber dem Pleitestaat, der von Oligarchen gelenkt wird und in den Krieg getrieben wurde, Milliarden zu schenken als Ländern wie Griechenland oder Portugal. Das Prinzip bleibt allerdings gleich, in der Ukraine wie in Griechenland werden die Vermögen der Reichen geschont. Und weil ein Teil von diesen sich mehr von der EU (und den USA) als von Russland verspricht, hat man es auch eilig, Fakten zu schaffen und das Land unter die Kontrolle des IWF zu bringen. Von dem droht bekanntlich den Reichen nichts, wohl aber der übrigen Bevölkerung.

Warum also sollen die deutschen Steuerzahler für Zerstörungen, die auch von der ukrainischen Regierung begangen werden, Geld für den Wiederaufbau fließen lassen oder zumindest garantieren, ohne dass zunächst einmal eine ansehnliche Vermögensabgabe der Oligarchen geleistet wird, die allesamt, so darf man vermuten, nicht nur auf sauberem Weg zu ihrem Vermögen kamen? Da spricht man von Freiheit, Demokratie, westlichen Werten und was auch immer, es geht aber um Interessen, vor allem wenn ein Vertreter der reichen Elite das Ruder in der Hand hat.

Das ICRC meldete am Samstag und am Sonntag, dass der Beschuss von Wohnvierteln in Lugansk weitergehe, dass Lebensmittel, Medizin und Trinkwasser äußerst knapp seien. "Bewaffnete Gewalt" verhindere, dass die Menschen zu den Verteilungspunkten gelangen können, wo Hilfe vom russischen Konvoi verteilt werden soll. Die Menschen seien voller Panik. Alle Konfliktparteien werden aufgefordert, den Beschuss von zivilen Gebäuden und Einrichtungen zu unterlassen und dort auch kein Militär zu installieren. Das schließt auch die ukrainischen Streitkräfte ein.

Von Merkel wurde öffentlich zwar Russland erneut gerügt, aber die ukrainische Regierung wurde von ihr höchstens vertraulich zu mehr militärischer Zurückhaltung aufgefordert. Öffentlich wies sie darauf hin, dass Poroschenko schon immer auf "kommunale Selbstverwaltung, auf Dezentralisierung, auf den nationalen Dialog, auf eine Verfassungsreform und auf die Achtung der kulturellen sowie der sprachlichen Identität" gesetzt habe, was auch ganz wichtig sei. Militärisch gebe es keine Lösung, darauf bestand sie. Es bedürfe eines "zweiseitigen Waffenstillstands", erklärte sie, was nicht im Sinne von Kiew und wahrscheinlich der Nato und der US-Regierung ist, fügte aber die Forderung von Kiew hinzu, dass dies "mit einer klaren Kontrolle der russisch-ukrainischen Grenze" einhergehen müsse. Insgesamt drängte Merkel darauf, die eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verneinte und auch weitere Sanktionen wegen des russischen Hilfskonvois ablehnte, dass "mit gutem Willen" die Streitpunkte politisch durch Gespräche lösbar seien. Dabei setzt sie offenbar unter anderem auf direkte Gespräche zwischen Poroschenko und Putin in Minsk am Dienstag und auf die Kontaktgruppe, wo sich allerdings offenbar die Ukraine noch sträubt. Allerdings unterstützen die 500 Millionen aus Deutschland und die Milliarden aus der EU allein Poroschenkos nicht ausgehandelten Friedensplan bzw. sein eher mangelhaftes Engagement dafür.

Militärische Stärke am Unabhängigkeitstag.

Poroschenko nutzte den Unabhängigkeitstag am Tag darauf zu einer Show vermeintlicher militärischer Stärke, was ihm freilich auch intern den Vorwurf eintrug, dass die Selbstdarstellung in Kiew Soldaten und Waffen aus den Kampfgebieten fernhalte, wo sie notwendig gebraucht würden. Obgleich Donezk und Lugansk weitgehend umstellt sind, scheint angesichts harter Kämpfe auch in anderen Städten noch keineswegs ein baldiges Ende in Sicht zu sein. Viele ukrainische Soldaten scheinen schlecht ausgerüstet zu sein und werden von ihren Familien ausgestattet und sogar mit Lebensmitteln versorgt. Auch ukrainische Medien äußern sich skeptischüber die Regierungspropaganda. Der Präsident erklärte jedenfalls , dass in Zukunft viel Geld in die Rüstung gehen werde. Über die Finanzierung ließ er sich aber nicht aus.

Poroschenko, der seit dem kurzen einseitigen Waffenstillstand nur noch rhetorisch vom angestrebten Friedensprozess spricht, bezeichnete die deutsche Hilfe schmeichlerisch als den Merkel-Plan, den er mit dem Marshall-Plan verglich. Dass er jede Beteiligung von Kiew an den kriegerischen Konflikt zurückwies, gehört zum Geschäft, ebenso wie die Suggestion, dass lediglich Russland und "Terroristen" dahinterstecken und es sich somit nicht auch um einen innerukrainischen Konflikt handelt: "Krieg ist nicht unsere Entscheidung. Das kommt von außen. Unsere Entscheidung und unsere Wahl ‑ darüber haben wir mit der Frau Bundeskanzlerin gesprochen ‑ sind Frieden, der Friedensprozess und die Implementierung des Friedensplans des Präsidenten der Ukraine im Donbass-Gebiet." Und er erklärte, dass die Menschen in der Ostukraine, viele sind allerdings nicht in die Westukraine, sondern nach Russland geflohen, nichts mit den "ausländischen Söldnern" zu tun hätten: "Die Ukraine ist bereit und in der Lage, eine friedliche Regelung zu gewährleisten. Wer hindert uns daran? - Ausländische Söldner! Bringen Sie Waffenträger von unserem Gebiet weg, und ich kann Ihnen sagen: Der Frieden in der Ukraine wird sehr schnell kommen."

Verstoß gegen die Genfer Konventionen

Immer ist es bei internen Konflikten so, dass der Unfrieden vom Ausland gestiftet wird, die Bevölkerung selbst würde ganz regierungskonform sein, wenn sie nicht aufgestachelt und durch Medienpropaganda gehirngewaschen würden. Bizarr sind die Reden über die "Faschisten" auch in der Ostukraine. Das Führungspersonal ist kürzlich ausgetauscht worden, um den Anteil von Russen zu minimieren. Trotz wie immer gearteter russischer Hilfe ist der Ostukraine-Konflikt asymmetrisch. Asymmetrisch ist ein Konflikt vor allem dann, wenn nur eine Seite die Möglichkeit besitzt, auch aus der Luft anzugreifen. Die unterlegene Partei wird immer versuchen, sich möglichst zu schützen, was auch bedeutet, sich hinter der Zivilbevölkerung zu verstecken.

Allerdings haben die Separatisten in der Ostukraine oft genug Vorschub geleistet, sie als Terroristen zu geißeln. Zum Unabhängigkeitstag haben sie in Donezk, was die meisten russischen Medien lieber nicht berichten, nicht nur zerstörte Panzer, Artillerie und andere schwere Waffen vorgeführt, sondern auch zur Demütigung gefangene ukrainische Soldaten vorgeführt. Sie wurden mit Eiern und Flaschen beworfen, danach wurde die Straße mit Wasser gesäubert. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konventionen, die allerdings auch die ukrainischen Streitkräfte, so etwa die Menschenrechtsorganisation HRW, verletzen.

Tragisch ist, dass es keine unabhängige Kraft gibt. Der UN-Sicherheitssrat ist lahmgelegt, gegen Russland kann er nichts entscheiden. So lange die fünf Atommächte ein Vetorecht besitzen, werden Konflikte, die eine dieser Mächte betreffen, nicht neutral gelöst werden können. Das hat sich nicht nur lange schon im Hinblick auf Israel gezeigt, sondern in letzter Zeit auch bei Syrien.