99 Posse zu G20: "Jeder definiert Gewalt anders"
Seite 2: "Es wird keinen Frieden geben, nicht den kleinsten. Für uns zählt Ghandi nichts"
- 99 Posse zu G20: "Jeder definiert Gewalt anders"
- "Es wird keinen Frieden geben, nicht den kleinsten. Für uns zählt Ghandi nichts"
- "Unser Protest heißt: Den Willen der Unzufriedenen in Bilder zu verwandeln!"
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Sicherheitsbehörden und Politiker hier gehen nun davon aus, dass hauptsächlich italienische Aktivisten hinter den großen Zerstörungen in Amburgo stehen. Sind Eure Leute wirklich gefährlich - oder übertreibt man in der Darstellung der Polizei?
99 Posse: Die deutsche Polizei sollte sich lieber mal erinnern an ihre Geschichte, an unsere Geschichte. Unsere Väter und Großväter waren Partisanen im Guerilla-Krieg gegen die Nazis. In den 1970ern hatten wir in Italien die Massenbewegungen von Potere Operaia und dann Autonomia Operaia. Danach kamen die großen Anti-Imp-Proteste der 1980er. Sie haben viel erreicht! Wir haben viel erreicht! Es gab eine grausame Unterdrückung gegen alles Linke in dieser Zeit - wir sagen bewusst "grausam"! Aber wir haben viel erreicht, wir werden viel erreichen!
Also, deutsche Polizei, was wollt Ihr: Wir sind gefährlich? Ihr seid eine Bedrohung, nicht wir!
Das heißt, Leute von Ihnen haben die Dutzenden von Autos in der Elbchaussee angezündet und die Stadtviertel verwüstet?
Wir sagen stolz: Das Beste, was dort passiert ist, aus unserer Sicht, das wurde ausgeführt von Leuten aus Italien. Wir kennen die Leute, die es getan haben. Nicht jeden einzelnen, denn es waren viele. Aber wir wissen, wer diese direkten "Aktionen" ausführte.
Was soll denn das für die Zukunft heißen? "No justice - no peace"? Krawall ist also Protest für Sie?
99 Posse: Es wird keinen Frieden geben, nicht den kleinsten. No any peace. Senza giustizia nessuna pace! Das bestimmt unser Handeln, das fordern wir vom Staat! Ihr müsst eines wissen: Für uns zählt Ghandi nichts.
Aber zwischen Ghandi und Krieg gibt es doch auch Zwischentöne politischer Intervention!?
99 Posse: Wir lehnen Pazifismus ab. Unser Ziel ist eine Bewegung des Drucks, die Verhältnisse angreift. Wir wollen keine struggle army wie die Black Panther, aber wir sind bereit, Angriffe auf unsere Aktionen abzuwehren. Wir sagen ganz klar: Wir provozieren keinen Bürgerkrieg. Aber sollte die Repression gegen uns als Aktivisten der Radikalopposition zunehmen, werden wir angemessen darauf zu reagieren wissen. Es wird weitergehen!
Krawalle sind also Protest für Sie!?
99 Posse: Die teilweise und punktuelle Gewalt des Schwarzen Blocks zu einzelnen Anlässen ist doch nur die massenmedial sichtbare Gewalt und die Reaktion auf die unsichtbare und die, die im Kapitalismus weltweit jeden Tag als sehr konkrete stattfindet gegen Milliarden von Menschen, nicht nur im Trikont. Wenn die wirkliche Gewalt thematisiert wird von der Medien-Öffentlichkeit aufgrund unserer Azioni, ja, dann haben wir unser strategisches Ziel erreicht. Unsere Azioni sind Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck. So ist es!
Also: Unsere Kampfformen sind sehr starke Aktionen, aber auch Blockademanöver in Kooperation mit Gruppen aus der Zivilgesellschaft. Die Unzufriedenheit verschiedenster Opponenten aus der ganzen Gesellschaft versuchen wir, offensiv zu bündeln, um in jeder Form anzugreifen. Ja, natürlich, es geht um Aufmerksamkeit. Diese Serien von Aktionen sind ganz einfach notwendig.
Notwendig? Für was denn?
99 Posse: Es sind die Regeln der Gesellschaft, nach denen wir spielen: Aktionen, Aufmerksamkeit, weitere Proteste, noch größere Aktionen, noch mehr Aufmerksamkeit!