ARD und ZDF: Länder beschließen Rundfunk-Reformen, blockieren Beitragserhöhung
Ministerpräsidenten verschieben Entscheidung über Gebühren-Erhöhung. Zustimmung für Sparpläne der öffentlich-rechtlichen Sender. Wie sehen die Ziele aus?
Es kam offensichtlich keine Einigung unter den Ministerpräsidenten zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags zustande. Wie heute Mittag gemeldet wird, soll der Beitrag vorerst nicht erhöht werden. Nach Informationen der Zeit bestätigten mehrere Länder, dass es im Dezember weitere Beratungen geben wird.
Damit steht für Beitragszahler fest, dass sie ab 01. Januar 2025 nicht die von der KEF errechnete, empfohlene und damit verpflichtende Gebühr von 18,94 Euro bezahlen müssen, sondern weiterhin die bisherige Gebühr von 18,36 Euro.
Dass die Erhöhung in der Ministerpräsidentenrunde vertagt wurde, ist keine Überraschung, auch wenn der Fakt, dass die Ablehnung nun real ist und nicht abgewendet werden konnte, noch eine eigene Schockwirkung haben dürfte.
Erhöhung des Rundfunkbetrags "politisch nicht vermittelbar"
Stand der Gang zum Verfassungsgericht, den Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender für den Fall einer Ablehnung angemahnt hatten, bislang als Drohung im Möglichkeitsraum, so bekommt dieser Weg nun eine andere Virulenz. Zu erwarten ist, dass sich Frontstellungen verhärten.
Eine Erhöhung des Rundfunkbetrags sei "politisch nicht vermittelbar" – diese Position haben vor allem Bayern und Sachsen-Anhalt laut und mit Emphase vertreten. Jetzt haben sie ihn selbst eingelöst, das lässt sich aus bisherigen Veröffentlichungen schließen. Der Staatsvertrag, der die Erhöhung festlegt, braucht die Unterschrift aller Länder.
"Unionsländer", insbesondere Bayern und Sachsen-Anhalt, machten in der Ministerpräsidentenrunde offenbar deutlich, dass eine Erhöhung für sie politisch nicht vermittelbar bleibt.
Es gab die schwache Hoffnung, dass die Nein-Länder angesichts der Reformpläne der Sender mit drastischen Einsparungen, wie sie im Entwurf eines Reformstaatsvertrages konzipiert und in Diskussionen aufgeworfen wurden, vielleicht doch einlenken könnten. Doch sie erfüllten sich nicht. Zwar setzte man ein einvernehmliches Zeichen – "die Reform der öffentlich-rechtlichen Anstalten wurde hingegen beschlossen" – wie aus aktuellen Meldungen von Nachrichtenagenturen und großen Medien hervorgeht –, aber das reichte nicht, um eine Einigkeit auch beim Rundfunkbeitrag zu erzielen.
Einstimmig für Sparpläne
Einstimmige Unterstützung der Länder gab es demnach bei den großen Sparlinien. Zu nennen sind hier die Streichung von Rundfunkspartensendern der ARD sowie von Fernsehkanälen – große Diskussionen gibt es in der Öffentlichkeit über eine beabsichtigte Zusammenlegung von 3sat und Arte. Sowie die Deckelung von Ausgaben für Sportrechte.
Details zu den diesbezüglichen Beschlüssen der Länderchefs sollen im Laufe des Tages bekanntgegeben werden. Für Beobachter der Medienlandschaft in Deutschland bleiben nach dieser politischen Pokerrunde noch einige große Fragen offen.
Wohin geht die Reise?
Was kann die Öffentlichkeit inhaltlich, etwa an journalistischer Qualität, von der Reform der öffentlich-rechtlichen Anstalten erwarten? Wohin geht die Reise? Wie soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk in fünf oder sechs Jahren aussehen? Welche Gesellschaft will man abbilden?
Dass Abspecken bei der übergroßen Institution nötig ist, dafür lassen sich viele Argumente anführen, auch für das Ende der üppigen, unverhältnismäßigen Bezahlung der Chefs, Intendanten hatten bis zur Affäre Schlesinger einen sonnenköniggleichen, beinahe unangreifbaren Status, aber die Sparpläne bedeuten auch Einsparungen genau dort, wo frischer Wind dringend nötig wäre: bei der Einstellung und Beschäftigung von freien Mitarbeitern.
Der sächsische Medienminister Clemens sagte, es gebe bereits eine Einigung darüber, dass 20 Hörfunksender aus dem Angebot gestrichen werden sollen. Bei den Intendantengehältern solle es eine Orientierung am öffentlichen Dienst geben. "Damit wäre das Gehalt des Bundeskanzlers die oberste Messlatte", sagte der CDU-Politiker. Auch was die Sportrechte anbelangt, sei er sehr optimistisch, dass die Ausgaben gemessen am Gesamtaufwand für die Programme nicht weiter steigen."
epd
Die Sparpläne zeigen keinen Mut zum Risiko, was die inhaltliche Programmgestaltung betrifft. Der Eindruck bleibt, dass der Apparat durch Seilschaften, die sich nicht durch Experimentierfreude auszeichnen, sondern eher an der Erhaltung ihrer Pfründe interessiert sind, gelähmt oder zumindest verlangsamt wird. Neue Ideen wären aber gerade in Zeiten nötig, wo die Plattformen die große Konkurrenz stellen.
Dass es nun zu einer Pokerrunde gekommen ist, mit der Frage, inwieweit Gebührenerhöhungen um 58 Cent politisch vermittelbar sind, ist eine Zeichen genau für diese Trägkeit – auch in der Politik und deren strategischen Interessen. Es fehlt an Weitblick.
Die Beiträge bleiben vermutlich bis zur Mitte nächsten Jahres auf dem bisherigen Stand, auch eine mögliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten der Erhöhung wird daran aller Wahrscheinlichkeit nach kein größeres Tempo nach sich ziehen.
Vorauszusehen ist, dass das Programmangebot dünner wird. Auch die Kritik aus Teilen der Gesellschaft, die nicht zu vernachlässigen sind, dass sie sich dort nicht wirklich repräsentiert fühlen, wird bleiben.
Um dieses Problem hat man sich gedrückt.