Abhörskandal in Griechenland: Eine Mauer des Schweigens

Griechischer Premier Mitsotakis: Neffe schweigt, Schwester droht. Bild: DTRocks, CC BY-SA 4.0

Regierungspartei schützt eigene Leute nach Lauschangriff auf Journalisten und politische Gegner. Drohungen gegen mögliche Informationsgeber. Schwester des Premiers: "Wer aussagt, riskiert zehn Jahre Gefängnis."

Der Untersuchungsausschuss des griechischen Parlaments zum Abhörskandal des Geheimdienstes hat Mitte der Woche in Athen seine Arbeit aufgenommen. Gleich zu Beginn der Sitzung zeigte die Regierung, was sie unter "lückenloser Aufklärung" versteht – nämlich nichts!

Ende August hatte das Parlament in Athen mit 142 Stimmen für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gestimmt. Die fünf Oppositionsparteien votierten geschlossen dafür. Unterstützung bekam das Anliegen von der Kommunistischen Partei (KKE) und weitere linke Oppositionsfraktionen über die Reste der sozialdemokratischen Pasok bis hin zu der nationalkonservativen Fraktion der Partei "Griechische Lösung".

Der Skandal hat damit ein konkretes politisches Nachspiel, nachdem im Frühjahr zunächst bekannt geworden war, dass der Wirtschaftsjournalisten Thanassis Koukakis ausgehorcht worden war. Auf seinem Smartphone wurde die Spionagesoftware "Predator" gefunden.

Nun hat die Regierung von Premier Kyriakos Mitsotakis nutzte ihre Parlamentsmehrheit genutzt, um ein eigenes Präsidium und damit die komplette Kontrolle über den Ausschuss durchzusetzen. Zugleich plant sie, das Wahlgesetz zu ändern, um der stimmstärksten Partei fünfzig Bonussitze und somit einer Partei die absolute Mehrheit zu bescheren.

Der Grund dafür: angesichts des Skandals steht keine der Oppositionsparteien für eine mögliche Koalition nach Wahlen bereit. Zugleich gibt es auch aus der Regierungspartei Gegenwind für den Premier Kyriakos Mitsotakis.

Transparenzausschusssitzung endet in Fiasko

Einen Vorgeschmack auf das, was im Untersuchungsausschuss herauskommen wird, gab eine Sitzung des "Ausschusses für Institutionen und Transparenz" in der vergangenen Woche. Aufgabe dieses Gremiums ist die parlamentarische Kontrolle über staatliche Institutionen, also auch über den Geheimdienst EYP.

Die wegen des Skandals zurückgetretenen EYP-Chefs Panagiotis Kontoleon und der Ex-Büroleiter und Neffe von Premier Mitsotakis, Grigoris Dimitriadis, sollten Rede und Antwort stehen. Dazu wurden auch frühere Geheimdienstchefs vorgeladen.

Den Abgeordneten des Ausschusses mussten ihre Mobiltelefone abgeben. Sie sind zur Geheimhaltung verpflichtet und dementsprechend vereidigt.

Eigentlich erwarteten sie von Kontoleon und Dimitriadis Antworten auf die Frage, warum der Pasok-Vorsitzende und Europaparlamentarier Nikos Androulakis ebenso wie der Journalist Koukakis von den Schlapphüten überwacht und abgehört wurden. Statt einer Antwort wiederholten die Vorgeladenen stur die Aussage, sie könnten wegen der Geheimhaltungspflicht keine Aussage machen.

Das Präsidium des Ausschusses ist fest in der Hand der Nea Dimokratia. Es hätte eingreifen und auf eine Antwort drängen können, tat es aber nicht. So bleibt es bei der im Raum stehenden Anschuldigung, dass Androulakis wegen einer nie benannten Gefahr für die Sicherheit des Landes abgehört wurde. Androulakis fürchtet politische Folgen und verlangt eine öffentliche Erklärung.

In die gleiche Richtung geht ein Vorstoß des früheren Premiers und Vorsitzenden der Nea Dimokratia, Kostas Karamanlis. Karamanlis forderte seinen Parteikollegen Mitsotakis in einer öffentlichen Rede auf Mitsotakis Heimatinsel Kreta unmissverständlich auf, sich nicht hinter einer Geheimhaltungspflicht zu verstecken.

In die gleiche Richtung geht ein Vorstoß des Abgeordneten der Nea Dimokratia, Kostas Tzavaras. Der Jurist diente in der Vergangenheit der Regierung Samaras als Bildungsminister. Tzavaras beruft sich auf die verfassungsmäßig verankerten Rechte des Parlaments zur Kontrolle der Regierungsarbeit.

Für ihn ist die Aussageverweigerung der früheren engsten Mitarbeiter von Mitsotakis ein Affront gegen die Demokratie und daher verlangt er eine Wiederholung der Ausschusssitzung.

Er meint, dass vor der Wiederholung der Sitzung die Regierung den beiden explizit die Aussageerlaubnis geben müsse und er keinen Zweifel hätte, dass dies auch geschehen würde.

In die gleiche Richtung, dass das Schweigen zu den Gründen des Abhörens die Demokratie gefährden würde, gehen eine Reihe von öffentlichen Beiträgen des Professors für Staatsrecht und früheren Vizepremiers Evangelos Venizelos.

Venizelos wird nicht müde, in populärwissenschaftlich gehaltenen juristischen Abhandlungen in der Tagespresse, die Illegalität der Abhöraktionen und die Unvereinbarkeit des Krisenmanagements der Regierung mit der Verfassung darzulegen. Angesichts der steten Weigerung Mitsotakis, endlich transparent die Vorgänge darzulegen, empfiehlt Venizelos den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.