Ablenkende Informationsflut
Mit den antollenden Internetautos wird die Diskussion über die Grenzen der menschlichen Informationsverarbeitungskapazität erst wirklich beginnen
Als erster Bundesstaat der USA hat New York letztes Jahr ein Gesetz eingeführt, das die Benutzung von Handys beim Fahren verbietet, wenn keine Freisprechanlage verwendet wird. Die Abstimmung mit 125 zu 19 Stimmen zeigte eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten, die durch das Verbot die Sicherheit im Verkehr erhöhen oder Unfallgefährdungen vermeiden wollen.
Die Abgeordneten konnten sich dabei auf den Willen des Volkes berufen, denn eine Umfrage hatte im Mai letzten Jahres ergeben, dass 87 Prozent der Wähler ein Verbot begrüßen würden. Und wie es in der Teledemokratie so geht, waren dann (fast) alle Politiker schon eine Woche später für ein Verbot. Recht abschreckend ist die vorgesehene Strafe von maximal 100 US-Dollar sicher nicht. Zusammen mit dem Gesetz wird die Verkehrspolizei die nächsten vier Jahre verpflichtet, Unfälle daraufhin zu untersuchen, ob sie durch den Gebrauch von Mobiltelefonen verursacht wurden.
Tatsächlich ist trotz mancher Untersuchungen umstritten, wie gefährlich Mobiltelefone unter welchen Bedingungen wirklich sind. Zumindest ist der Einzug dieser Art der Telekommunikation in den Wagen nur der Beginn von weiteren technischen Geräten, die den sowieso schon durch Unaufmerksamkeit, Ablenkungen oder einfach Müdigkeit bedrohten Fahrer mit einer zunehmenden Flut an Informationen überschütten. Das mag auch sonst in Arbeit und Freizeit bereits ein wachsendes Problem sein, da überall eine Vielzahl an medialen, direkt auf die Aufmerksamkeit zugeschnittenen Informationen auf uns einbricht, beim Autofahren aber kann die Information- und Kommunikationsüberlastung blitzschnell zum tödlichen Risiko für den Fahrer, seine Mitfahrer und andere Verkehrsteilnehmer werden. Im Sommer des letzten Jahres hatte Volkswagen mit dem Golf "eGeneration" die ersten Internetautos auf den Markt gebracht, die serienmäßig mit PDA, Handy und Freisprecheinrichtung ausgestattet sind. "Das heißt", wie das Unternehmen wirbt, "Sie surfen mit Ihrem Golf durch das World Wide Web, fragen Ihre E-Mails ab oder laden sich Daten herunter." Auch BMW integriert in die "7er" Online-Dienste. Beispielsweise wird es mit dem Service "ConnectedDrive" über einen WAP-Zugang möglich sein, während der Fahrt das nächstgelegene Geschäft zu finden und sich dorthin navigieren zu lassen. Der Standort wird mit GPS ermitteltet.
Freisprechanlange für Handys im Auto senkt das Unfallrisiko unwesentlich
Das Verbot mit Handys ohne eine Freisprechanlage zu telefonieren, wurde bekanntlich eingeführt, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, nachdem man davon ausgegangen ist, dass die Ablenkung durch das Schauen auf das Handy-Display, das Wählen und die dadurch fehlende Hand am Lenkrad die Unfallhäufigkeit erhöht hat. Freisprechanlagen sollen dieses Risiko senken, aber man wird gespannt darauf sein können, ob die Unfallhäufigkeit tatsächlich sinkt, denn die Aufmerksamkeit richtet such ja nicht nur, wie auch der ADAC monierte, auf das manuelle Hantieren mit dem Handy, sondern auch auf die Inhalte der Kommunikation, d.h. auf die Kommunikation selbst, die von der Konzentration auf das Fahren ablenken kann. Dadurch stellt sich die Frage immer drängender, wie weit Menschen in der Lage sind, mehrere Dinge gleichzeitig und mit gleicher Konzentration ausführen zu können, was man in Analogie zur Computertechnik auch Multitasking nennt.
Es ist ohne weiteres vorstellbar, dass es keinerlei Probleme macht, bei normalen Situationen mit dem Handy zu kommunizieren - wobei es tatsächlich auch auf den Inhalt und den Gesprächspartner ankommen mag -, aber wenn kritische Situationen eintreten, dann wird man vermutlich nicht nur langsamer reagieren können, weil man ein Handy in der Hand hält, sondern weil man womöglich die Beobachtung des Straßenverkehrs auf Routine geschaltet und in den Hintergrund hat treten lassen. Nach einem Test, den der ADAC durchgeführt hat, sinken zwar mit Freisprechanlagen gegenüber dem Telefonieren mit dem Handy in der Hand die Bedienungsfehler sowie das Abweichen von der Spur um fast zwei Drittel, die Fehler wegen falscher Reaktionen vermindern sich aber nur um die Hälfte und die wegen zu schneller Geschwindigkeit praktisch gar nicht. "Auch erfahrene und geübte Fahrer übersehen", so die Studie, "bei Handybetrieb durchschnittlich alle drei Minuten ein Stoppschild, ebenso häufig waren Spurabweichungen und Bremsfehler."
Erst kürzlich haben Donald Redelmeier und Robert Tibshirani, die 1997 eine vielbeachtete Untersuchung über den positiven Zusammenhang zwischen dem Telefonieren mit Handys und Autounfällen veröffentlicht haben, auf einige "Missverständnisse" in Bezug auf die Studie hingewiesen, wodurch das Risiko unterschätzt worden sei. Sie hatten herausgefunden, dass Fahrer, die ein Handy benutzen, eine vier Mal höheres Risiko eingehen, in einen Unfall verwickelt zu werden. Nicht genug beachtet worden sei, dass das höhere Risiko auch dann bestand, wenn der Fahrer mit den üblichen Ablenkungen konfrontiert war: "Mit einem Mobiltelefon ein Gespräch zu führen, ist deutlich riskanter als Radio zu hören, mit den Beifahrern zu sprechen und anderen Aktivitäten nachzugehen, die man beim Fahren ausübt." Das Risiko war genau so hoch, wenn Gespräche entgegen genommen wurden oder wenn der Fahrer jemand angerufen hat. Auch Fahrer, die schon lange Erfahrung im Umgang mit Handys hatten, schnitten nicht besser ab, woraus die Wissenschaftler ableiten, dass Lernen und Aufmerksamkeit hier auf eine Grenze stoßen könnte (Mythos Multitasking?).
Nach einer Studie der American Automobile Association (AAA) würden zwischen 25 und 50 Prozent aller Autounfälle auf abgelenkte Fahrer zurückgeführt werden können, was sich für die USA auf jährliche Kosten von 40 Milliarden Dollar aufsummiere. Neben den psychomotorischen Ablenkungen, die beispielsweise durch die Bedienung eines Geräts von Radios über Handys bis zu Bordcomputern, aber auch beispielsweise durch Rauchen oder Essen auftreten, stehen die kognitiven Ablenkungen, also mit jemanden zu sprechen, Radio oder Emails zu hören oder auch nur über etwas nachzudenken. Die AAA führt Forschungsergebnisse an, die zeigen, dass Freisprecheinrichtungen nicht die Lösung darstellen, sondern dass es das Gespräch ist, das ablenkt. Überdies würden Handyverbote insgesamt kaum die Risiken senken. Auch andere Mittel, das Unfallrisiko zu senken, das beispielsweise von Ermüdung ausgeht, indem man beispielsweise für den einsamen Fahrer einen künstlichen Beifahrer entwickelt, der diesen unterhalten soll, ersetzen vermutlich nur ein Risiko durch ein anderes (HALs kleiner ADAC Freund).
Multitasking erforderlich
Nach einer neuen Untersuchung des Highway Safety Research Center der University of North Carolina sind 15 Prozent aller Autofahrer, die in schweren Unfällen verwickelt sind, abgelenkt. Fast 30 Prozent werden durch etwas abgelenkt, was außerhalb des Autos geschieht, 11 Prozent durch hantieren am Radio oder CD-Player, 11 Prozent durch Sprechen mit Mitfahrern, 2,8 Prozent durch die Steuerung des Autos oder der Klimaanlage, 1,7 Prozent durch Essen und Trinken - und nur 1,5 Prozent durch Telefonieren mit dem Handy. Das mag natürlich auch daran liegen, dass einfach auch nicht so viel telefoniert wird (oder dass man den Gebrauch von Handys nicht angibt).
Paul Green vom University of Michigan Transportation Research Institute (UMTRI) warnt denn auch davor, dass "Fahrer zwar daran gewöhnt sind, einige Dinge wie das Licht oder Scheibenwischer beim Fahren zu bedienen, aber die als Telematik bekannten Geräte wie Navigations-, Unterhaltungs-, Kommunikation- Sicherheitssysteme und andere computergestützte Systeme und Dienste können die Fahrer sehr viel stärker ablenken." Auch für ihn greift die heute nur auf Stimmsteuerung und Freisprecheinrichtungen fixierte Haltung beim Mobiltelefonieren und bei der Bedienung anderer Geräte zu kurz. Telefonieren sei überdies nicht mit dem Sprechen mit Beifahrern vergleichbar, weil auch diese mit auf die Straße schauen und den Fahrer warnen können.
Wissenschaftler von der University of Reading berichteten im British Journal of Psychology (1999, 90/5), dass Multitasking unerwünschte Nebenfolgen mit sich bringen kann (Schwimmen in der Informationsflut). Versuchspersonen mussten wie Autofahrer auf wirkliche und riskante Verkehrssituationen auf einem Bildschirm reagieren und gleichzeitig einfache verbale Aufgaben erledigen. Im Unterschied zu den Mitgliedern der Vergleichsgruppe, die sich auf das virtuelle Verkehrsspiel konzentrieren konnten, stieg bei den Multitasking-Kandidaten die Wahrscheinlichkeit, dass sie riskantere Entscheidungen trafen, also etwa näher an das vordere Auto heranfuhren oder signifikant langsamer reagierten, woraus man schließen könnte, dass unsere Handy-telefonierenden Zeitgenossen am Steuer und andere Bediener von komplexen Systemen für ihre Mitmenschen und sich selbst gefährlich sind, weil sie eher Unfälle bauen. Das gelernte und in Automatismen umgesetzte Fahren, das nahezu ohne Denken abzulaufen scheint, erfordert natürlich gerade dann erhöhte Aufmerksamkeit, wenn keine Standardsituation vorliegt. Alle Arten von "Ablenkungen" können also die Sicherheit gefährden und die Reaktionsgeschwindigkeit herabsetzen. Andererseits nahm beim simulierten Fahren auch die Genauigkeit bei der Lösung der verbalen Aufgaben ab. Sprechen benötigt mithin auch Ressourcen, die von der Konzentration auf das Fahren abgezogen werden.
Wie bei so vielen Debatten lässt sich auch hinsichtlich der Problematik Autofahren und Aufmerksamkeit feststellen, dass ein Teilaspekt des Ganzen komplexitätsreduzierend herausgegriffen wird, um das man dann, von den Medien sekundiert, heftig in einer Art von symbolischer Ersatzhandlung oder Verdrängungsleistung streitet, als würde dadurch alles gelöst werden. Man hätte beispielsweise annehmen sollen, dass nach den Verboten des Handytelefonierens beim Autofahren in vielen Ländern das Bewusstsein über die Aufmerksamkeitsproblematik gewachsen wäre und man vorausschauend den Einzug weiterer Geräte in das Cockpit des Autos so reguliert, dass für eine Minimierung des Risikos gesorgt wird. Bekannt ist beispielsweise schon des längeren, dass die Menschen mit steigendem Alter sich schwerer mit telematischen Geräten tun (und wahrscheinlich auch überhaupt bei anderen Tätigkeiten, die schnelle sensomotorische und kognitive Reaktionen verlangen). Sie brauchen länger, um auf Signale zu reagieren, Angaben auf Displays zu lesen oder Daten einzugeben, hatte letztes Jahr eine Studie des UMTRI ergeben. Offenbar aber lassen Bürger und Politiker weiter die Innovationen auf sich zukommen, um erst dann zu reagieren, wenn schon alles da ist.
Kognitive Auswirkungen von Medien
Von der Sprache über die Schrift bis zum Buchdruck und vom Telefon über Radio und Fernsehen bis zum Internet haben die neuen Medien nicht nur die Gesellschaften umgewälzt, sondern auch unsere Gehirne verändert und sich in diese eingegraben. Ungeklärt und umstritten freilich, inwieweit die Menschen fähig sind, gleichzeitig mehrere Tätigkeiten kognitiv ausführen zu können und ob die Aufmerksamkeit ein "Organ" ist, das sich den neuen Bedingungen anpasst. Zumindest scheint die weit verbreitete Aufmerksamkeitsschwäche AD/HD (Attention Deficit Hyperactivity Disorder) dafür zu sprechen, dass es hier vor allem bei den Kindern und Jugendlichen Schwierigkeiten zu geben scheint.
In den noch nicht allzusehr mit Multitasking konfrontierten 60er Jahren galt das Autoradio allerdings schon als Gefährdung für die dadurch abgelenkte Aufmerksamkeit. Davon hört man heute nichts mehr. Auch schon der Umstieg von der Kutsche auf den Zug, der zu Beginn nur wenig schneller fuhr, führte schon zu Warnungen selbst bei den Passagieren, die sich durch die neue Reisegeschwindigkeit überfordert fühlten, deren Reiz die Menschen heute noch immer auch im Straßenverkehr auskosten wollen und dabei sich an Computersimulationen und -spielen üben bzw. einstimmen. Wie viele Beschreibungen des urbanen Lebens um die Wende des 19. Jahrhunderts erkennen lassen, nahm die Beanspruchung durch die Verarbeitung von zunehmenden Datenmengen durch die Großstädte, die Medien und Techniken zu. Die Entstehung der empirischen Psychologie verdankt sich teilweise auch der Erforschung der Aufmerksamkeitsschwellen. Auf der anderen Seite wurde nicht nur die kulturkritische Wendung gegen Zerstreuung laut, sondern forderten die Menschen, die in der Arbeitswelt dem Druck der Beschleunigung ausgesetzt waren, gleichzeitig auch in der Freizeit, dass sie in eine Montage der Attraktionen eintauchen, deren Kulmination zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Kino war und die heute vom Computerspiel abgelöst wurde. Die Wahrnehmungs- und Reaktionsgeschwindigkeiten, die hier mittlerweile von frühester Jugend auf eintrainiert und gefordert werden, sind sicher allgemein für das Leben in einer Umwelt notwendig, die mehr und mehr durch Medien geprägt wird.
Aufmerksamkeit: Flaschenhals mit zu kleinem Arbeitsspeicher
Schon alleine die Beobachtung, wie schnell Kinder Höchstleistungen bei Computerspielen erzielen, die für Erwachsene, aufgewachsen in der Vor-PC-Zeit, nicht aufzuholen sind, lässt erkennen, dass zumindest eine gewisse Adapation durch eine ständige Aussetzung an eine informationsaufgeladene Umgebung möglich ist. Ein Flaschenhals mit einem stets zu kleinem Arbeitsspeicher aber bleibt die Aufmerksamkeit wohl trotz aller Anpassungen an die steigenden Informationsmengen, die auf uns eindringen und uns durch die Mobilisierung der Geräte und Chips unaufhörlich draußen und drinnen umgeben werden. Wie werden die Menschen damit fertig werden?
Eine Möglichkeit wäre, schlicht die Verarbeitungszeit zu verlängern. In diesem Jahrhundert ist in den Industrieländern zwar die durchschnittliche Zahl der Stunden, die Menschen schlafen, von neun auf siebeneinhalb Stunden gesunken, und auch die Kinder und Jugendlichen schlafen wegen wachsenden Medienkonsums immer weniger. Aber die Zunahme der konsumierten Information durch Schlafentzug findet nach einer aktuellen Untersuchung ihren Preis nicht nur in schwindenden Gedächtnisleistungen, da Schlaf notwendig ist, Informationen ins Langzeitgedächtnis aufzunehmen und zu integrieren, sondern womöglich auch in frühzeitigen Alterungsprozessen, Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck und Gedächtnisverlust, sieht man einmal von den Unfällen und anderen Ausfällen durch Schläfrigkeit ab. Für die Bewältigung von Multitasking beim Autofahren stellt dies jedoch keine Alternative dar, erhöht höchstens das Unfallrisiko, zumal Müdigkeit dazu erheblich beiträgt.
Beschleunigung wäre eine andere Lösung des Verarbeitungsproblems, die allerdings bei einem zu kleinen, zu langsamen oder in seiner Arbeitszeit beschränkten "Prozessor" wie dem Gehirn - bei den biologischen "Prozessoren" müssen Daten erst einmal den Filter der Aufmerksamkeit durchlaufen, um überhaupt wahrgenommen zu werden - zu Staus führt. Erhöht man den Durchfluss, also die Zahl der Daten, die zu einer bestimmten Zeit die Schleuse der Aufmerksamkeit passieren können, dann kann im Prinzip mehr verarbeitet werden. Allerdings ist das, was in unser Bewusstsein, also zunächst in die Aufmerksamkeit, aufgenommen werden kann, sehr beschränkt, da weder dessen Arbeitsspeicher noch die Verarbeitungskapazität sehr groß ist. Normalerweise bleibt daher meist nur ein Sachverhalt oder eine Tätigkeit im Vordergrund, auf den/die man sich konzentriert oder der "ins Auge springt", der Rest läuft im Hintergrund und steigt nur dann in die Aufmerksamkeit, wenn etwas Ungewöhnliches und Neues passiert oder die Routine einer Tätigkeit unterbrochen wird.
Eine andere Möglichkeit wäre eben die Ausbildung der Multitasking-Kapazität, also die Möglichkeit, mehrere Dinge gleichzeitig im Auge behalten und verarbeiten zu können. Ganz offensichtlich wird diese Fähigkeit zumindest uns immer häufiger abverlangt. Nach einer umfassenden Untersuchung des Medienkonsums amerikanischer Kinder und Jugendlicher wird deutlich, dass Medien wahrscheinlich schon vor der Familie, der Schule und vielleicht auch den Freunden zur primären Sozialisationsinstanz und zum "Fulltimejob" geworden sind. Mit durchschnittlich über 38 Stunden wöchentlich und fünfeinhalb Stunden täglich setzen sich die Kinder in der Freizeit den Medien oder der Informationsumwelt aus, wodurch ihre Nahumgebung in den Hintergrund gedrängt wird. Nicht mitgerechnet ist dabei der Medienkonsum in der Schule, der etwa gemäß der Losung "Schulen ans Netz" systematisch und möglichst schnell gesteigert werden soll, um die Schüler angeblich fit fürs Informationszeitalter zu machen. Bereits jetzt erfolgt nach dem Bericht ein Anteil von 16 Prozent der Mediennutzung gleichzeitig.
Diesen Trend zum Multitasking belegt zudem die wachsende Bedeutung des info- oder edutainment: Sie verdeutlichen, dass traditionelle Bildung und die mit ihr verbundenen Kognitionsleistungen unter Druck geraten sind und sich an neue Bedingungen anpassen müssen, die von der marktorientierten Aufmerksamkeitsindustrie der Unterhaltung am radikalsten umgesetzt werden. Vielen Kids sind schnelle Reaktionen und eine permanent auf dem Sprung befindliche Aufmerksamkeit mittlerweile seit frühester Kindheit von ihren PC-Spielen vertraut. Sie haben sich schon so an den neuen Rhythmus gewöhnt, dass sie ihn auch in anderen Informationsumgebungen fordern - beispielsweise in der Schule, deren Angebote mit den sonstigen Medienspektakeln und der Vielfalt an Optionen offensichtlich nicht mehr mithalten können. Und natürlich erwartet die E-Generation wohl auch, beim Steuern des Internet- und Multimediafahrzeugs in eben solchen Informationsfluten schwimmen zu können, wodurch trotz möglicher Multitasking-Kompetenz das Unfallrisiko steil ansteigen könnte.
Die Lösung besteht vermutlich, wie sollte es anders sein, in weiteren Techniken. Beispielsweise könnten personalisierte Management- oder Aufmerksamkeitssysteme die Aufmerksamkeit der Fahrer entlasten, indem sie die über die Vielzahl der Geräte einströmenden Informationen kategorisieren und nach ihrer Wichtigkeit ordnen, so dass nicht gleichzeitig das Handy piept, eine Email ankommt und vorgelesen wird, ein Hinweis des Navigationssystems erfolgt und die CD gewechselt werden muss. Das könnte selbst hartgesottene Angehörige der Multitasking-Generation überfordern. Solche der menschlichen Aufmerksamkeit vorgeschalteten Selektionssysteme weisen natürlich darauf hin, dass die Zukunft der motorisierten Bewegung darin bestehen könnte, nicht mehr selbst zu fahren, wenn man denn überhaupt sich noch im realen Raum bewegen muss, sondern dies dem Bordcomputer zu überlassen und sich ganz der Verarbeitung der Informationen hingeben zu können. Da wir aber voraussichtlich noch einige Zeit mit Kompromissen zurecht kommen müssen, müssten womöglich für die Multimedia- und Internetautos zusätzliche Tests zur Führerscheinprüfung durchlaufen oder Sicherheitsanforderungen eingeführt werden, die den Informationsfluss für den Fahrer regeln. Nur das Telefonieren mit dem Handy ohne Verwendung einer Freisprechanlage zu verbieten, ist jetzt schon nur ein besserer Witz.