Absage an Atomkraft und Fracking

In Niedersachsen haben bislang 350 Fracking-Maßnahmen stattgefunden. Bild: Mary Crandall / CC BY-NC-ND 2.0

Energie und Klima – kompakt, Teil 1: Die Niedersachsen-Wahl und der Wunsch nach einer gerechteren Energiewende.

Die FDP hat es nicht in den niedersächsischen Landtag geschafft. Dafür ist die AfD gleich zweistellig, was nicht nur an den 40.000 FDP-Wähler:innen liegt, die ihr zuwanderten. Der Gerechtigkeit halber muss gesagt werden, dass Wähler:innen der FDP zu allen anderen Parteien wanderten, und dass die AfD Stimmen aus allen Lagern einfangen konnte, außer von den Grünen.

Der große Zulauf zu einer zerstrittenen Partei lässt sich wohl in erster Linie als Protestwahl deuten. AfD-Wählende machen sich laut infratest dimap am meisten Sorgen, dass sie wegen der Energiekrise zahlungsunfähig werden. Dennoch stimmen sie für eine Partei, die nicht gerade für Soziales steht. Die AfD will weiter Kohle und Gas verfeuern, Kernkraftwerke weiter betreiben, CO2-Abgaben abschaffen und bloß keine Windräder aufstellen.

Kernkraftwerke weiter betreiben will auch die CDU, beziehungsweise deren Chef-Atomlobbyist Friedrich Merz, der sich in einem Tweet für den Weiterbetrieb des 1979 abgeschalteten Kernkraftwerks Lingen aussprach. Gemeint haben dürfte er das AKW Emsland. Soviel zu Merz‘ Kompetenz in Sachen Atomkraft.

Nun wird die CDU wohl auch in Niedersachsen nicht länger mitregieren, sondern von den Grünen abgelöst werden. Und während sich Wirtschaftsminister Robert Habeck dafür ausgesprochen hat, die AKW Isar 2 und Neckarwestheim bis April 2023 am Netz zu lassen, soll das AKW Emsland wie geplant zum Ende dieses Jahres stillgelegt werden. Für einen Weiterbetrieb von Emsland über den Jahreswechsel hinaus wäre ein Austausch der Brennelemente notwendig, während die Brennstäbe der beiden süddeutschen Kraftwerke eine begrenzte Verlängerung noch tragen könnten.

Ein Energiethema, das im wesentlichen Niedersachsen betrifft, ist das Fracking. Niedersachsen verfügt in Deutschland über die größten Erdgasvorkommen, in Niedersachsen hat es zwischen 1961 und 2011 350 Fracking-Maßnahmen gegeben. Allerdings handelte es sich hier in erster Linie um sogenanntes "konventionelles Fracking", mit dem Erdgasvorkommen in Sandstein erschlossen wurden.

Noch umweltschädlicher ist das "unkonventionelle Fracking", mit dem etwa Schiefer aufgebrochen wird, um darin eingeschlossenes Gas zu fördern. Das unkonventionelle Fracking ist in Deutschland verboten, für konventionelles Fracking gelten strenge Wasserschutzauflagen. Für das unkonventionelle Fracking in Niedersachsen hat sich vor allem die FDP stark gemacht, die nun nicht mehr im Landtag vertreten sein wird.

Ob die FDP für ihre energiepolitischen Positionen abgestraft wurde, darüber lässt sich nur spekulieren. Bei der FDP schlussfolgert man aus dem Fiasko genau dies nicht, stattdessen sprach sich der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dafür aus, dass die Stimme der FDP in der Bundeskoalition noch deutlicher werden müsse. Die FDP wird also vermutlich weiter quengeln, dass der Atomausstieg verschoben oder rückgängig gemacht wird.

Unangenehme Überraschungen könnte es bei der Erdgasförderung im Wattenmeer geben – denn die SPD schließt neue Erdgasbohrungen im Wattenmeer nicht grundsätzlich aus und hat auch die Bohrungen des niederländischen Unternehmens One-Dyas vor der Insel Borkum mit genehmigt. Die niedersächsischen Grünen haben sich strikt gegen neue Erdgas- und Erdölförderungen in der Ostsee ausgesprochen. In Nordrhein-Westfalen haben die Grünen mit ihrer Entscheidung zu Lützerath aber gerade gezeigt, dass sie auch für Tabubrüche zu haben sind.

Für eine schnellere und gerechtere Energiewende

Auch wenn die AfD mit durch die Energiekrise beförderten Verlustängsten punkten konnte: Die Mehrheit der Bundesbürger:innen befürwortet eine beschleunigte Energie- und Verkehrswende und beklagt, dass diese zu langsam vonstatten geht. Das ergibt eine Panelstudie, die am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) durchgeführt wurde.

69 Prozent der Befragten geht die Energiewende zu langsam voran. Auch sehen sich die wenigsten durch Erneuerbare-Energien-Anlagen in ihrer Nachbarschaft beeinträchtigt. Kosten und Nutzen energiepolitischer Maßnahmen sehen die meisten Befragten aber unfair verteilt, vor allem zuungunsten schwächerer Einkommensgruppen. Die Panelstudie zeigt: Es gäbe ein erhebliches Potenzial, Energie- und Klimapolitik durch mehr soziale Gerechtigkeit zu stärken.

Einfach ließe sich aber auch formulieren, dass die größten Energieverschwender und damit das größte Klimaproblem die Reichen sind. Laut einer Recherche der Süddeutschen Zeitung verbraucht das reichste ein Prozent der deutschen Bevölkerung genauso viel Energie wie die ärmsten 16 Prozent, und die reichsten zehn Prozent der Haushalte so viel wie die ärmsten 40 Prozent. Bei den Reichen böte sich also enormes Energiesparpotenzial, ohne dass arme Menschen im Winter frieren müssten.

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