AfD-Abgeordneter Pretzell ließ sich aus der EKR-Fraktion ausschließen
Anders als von Storch will er erst einmal fraktionslos im EU-Parlament bleiben und spaltet damit die AfD auf europäischer Ebene
Die EU-Abgeordnete von Storch ist dem Rausschmiss aus der EKR-Fraktion zuvorgekommen und hat sich der EFDD-Fraktion angeschlossen. Auch "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" ist wie die "Europäischen Konservativen und Reformer" eine schillernde Gruppierung. Sie umfasst euroskeptische bis rechtspopulistische Parteien von der italienischen Partei MoVimento 5 Stelle (M5S) über die britische UK Independence Party (UKIP) und einigen Einzelgängern in der Alliance for Direct Democracy in Europe (ADDE) bis hin zu den Schwedendemokraten und nun eben auch der AfD.
Ob der Wechsel von der EKR, in der neben den britischen Konservativen die Wahren Finnen, die PIS, die Dänische Volkspartei und andere rechtskonservative Parteien sind, zur EFDD ein Gang weiter nach rechts ist, darf bezweifelt werden. Natürlich sieht man das bei ALFA, also bei der neuen Lucke-Partei so. Hans-Olaf Henkel, der mit ALFA weiter in der EKR-Fraktion ist, sagte zur Bild-Zeitung: "Diese Entscheidung reflektiert nichts anderes als die Realität: Die AfD ist zu einer rechtspopulistischen Partei verkommen und hat in der EKR deshalb auch nichts mehr zu suchen." Arne Gericke von der deutschen Familienpartei, die in der EKR-Fraktion ist, hat den Ausschluss betrieben und sprach auch von den "Radikalisierungstendenzen der AfD in den letzten Monaten".
Man könnte sich freilich fragen, was denn die Wahren Finnen oder die PIS sind. Anders wäre es, wenn die AfD-Abgeordneten zu "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) gewechselt wären, also zur rechtsnationalen Gruppe, der Front National, Vlaams Belang, Lega Nord oder FPÖ angehören. Teile der AfD wären hier tatsächlich besser aufgehoben.
Heute flog Storchs einziger AfD-Kollege Marcus Pretzell, der als Vertreter der rechten AfD-Fraktion gilt und mit der "dämonenhaft schönen" Frauke Petry liiert ist, aus der EKR - und zwar mit großer Mehrheit. Schnell war man auch dabei, jede Spur von AfD und den beiden Politikern aus der Website zu entfernen, was ein wenig an virtuelle stalinistische Säuberungen erinnert. Pretzell kommentierte: "Ich bin dann mal weg, liebe ECR. 38 waren nötig. 45 sind es geworden. Das verspricht viel Spaß in der ECR in den kommenden Wochen."
Interessant wird, ob er sich auch Storch anschließen wird. Storch steht in Aufmerksamkeitskonkurrenz zu Petry und hat mit ihrem Schritt eigentlich die Weiche gestellt. Sollte sich Pretzell, was manche vermuteten, eher zur ENF hingezogen fühlen, würde das eine Spaltung der AfD bedeuten. Storch wurde von der EFDD-Fraktion bei ihrem Eintritt begrüßt, aber man betonte auch, dass man mit ihrer Äußerung zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der Grenze nichts zu tun haben will. Die EFDD sei offen "für ein Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" hieß es, um hinzuzufügen, dass man die UN-Menschenrechtserklärung die parlamentarische Demokratie anerkenne, aber auch, dass die Gruppe "Xenophobie, Antisemitismus und jede andere Form der Diskriminierung" ablehnt.
Pretzell will sich noch nicht festlegen, sondern erst einmal "fraktionsloses Mitglied" des EU-Parlaments bleiben. Er will sich also von Storch nicht anschließen und sich von ihr distanzieren, um offen für andere Anschlüsse zu bleiben. Von Storch beutet inzwischen auch die Böhmermann-Story aus und spricht von einer "Staatsaffäre Merkel", weil die sich dem "Autokraten Erdogan" unterworfen habe und damit eine "Beleidigung für das ganze Land" sei. Das passt ins nationalistische Schema, auch wenn sie auf Englisch fragt: "How low will she go?" Es geht nicht um Presse- und Meinungsfreiheit, sondern um eine Beleidigung des Landes. Kann man ein Land beleidigen? Das meint man auch in der türkischen Regierung, wenn eine Beleidigung von Erdogan ein Schlag ins Gesicht der Nation sein soll, auch wenn die gerade in einen Bürgerkrieg hineinsteuert oder sich bereits in ihm befindet.