Affront in Kavala

Holocaustmahnmal wird vom konservativen Stadtrat blockiert

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Wegen des Davidsterns lehnte der Stadtrat von Kavala in Nordgriechenland am vergangenen Donnerstag die Einweihung eines Holocaustmahnmals für die 1.484 in KZs des Dritten Reichs ermordeten griechischen Juden Kavalas ab. Das Mahnmal hätte eigentlich am vergangenen Sonntag enthüllt werden sollen.

Impulsgeber für diesen Schritt war die Bürgermeisterin Kavalas Dimitra Tsanaka. Die aus dem Lager der Schwesterpartei der CDU, der Nea Dimokratia, stammende studierte Ärztin wollte, dass der Gedenkstein des Mahnmals ohne Davidstern und nur mit dem auf Hebräisch, Griechisch und Englisch notierten Text "Erinnere Dich und vergesse nicht", einem aus dem Deuteronomium, Kapitel 25, 16 - 19 entlehnten Spruch, neu erstellt werden.

Wie nicht anders zu erwarten, rief dies den Zentralrat der Juden Griechenlands (KIS) auf den Plan. In einer entsprechenden Presseerklärung informiert der Zentralrat darüber, dass die Bürgermeisterin sich am Davidstern stören würde. Der KIS lehnt die Entfernung des Davidsterns ab.

Der Kommentator der konservativen Zeitung Kathimerini, der Archäologe Michalis Lychounas, fand das Verhalten des Stadtrats ebenfalls ungeheuerlich. "Das Drama für Kavalas 1484 verlorene Juden ist, dass der gelbe Stern, der sie in die Gaskammern und Krematorien geführt hat, ihnen nicht als öffentliches Signal in der Stadt, die sie als ihre Heimat hatten, erlaubt wird. Vom Holocaust für die Menschen kommen wir so zum Holocaust der Erinnerung!", schließt Lychounas seinen Beitrag zur öffentlichen Diskussion.

Der zumindest verschobene Gedenktag der Mahnmalsenthüllung löste allerorten einen Sturm der Entrüstung aus. Das Sekretariat für Religionsfragen des Bildungsministeriums fand den Schritt unverständlich. Sämtliche im Parlament vertretene Parteien des in Griechenland so genannten "demokratischen Spektrums" verurteilten die Bürgermeisterin für ihre Tat. Auch die Nea Dimokratia betonte, dass ihre Toleranz gegenüber dem Antisemitismus bei Null läge.

Mit dem auch aus der jüngeren deutschen Vergangenheit bekanntem "Niemand hatte vor…" leitete ob so viel negativen Echos die Bürgermeisterin ihre neue Verteidigungslinie ein. Sie habe zu keiner Zeit vorgehabt, die Enthüllung des Mahnmals zu verschieben, erklärte sie. Die Bürgermeisterin bat öffentlich um Entschuldigung und diskutierte auch mit Angehörigen der einstigen Opfer, die eigens, aber letztendlich vergebens aus Israel für die Enthüllung des Mahnmals eingereist waren. Schließlich meinte die Politikerin, dass sie den Davidstern zum Schutz des Mahnmals vor Verwüstung und Randalierern entfernen wollte und niemals antisemitische Gedanken gehegt habe. Das Holocaustmahnmal von Kavala soll nun in naher Zukunft eingeweiht werden.