Afrika: Wege aus der Hungersnot
- Afrika: Wege aus der Hungersnot
- "Klimasmarte" Landwirtschaft in Kenia
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Degenerierte Böden, schrumpfende Gewässer und extreme Wetterereignisse lösen immer mehr Ernährungskrisen aus. Es gibt Lösungsansätze
Landwirtschaft ist für die meisten Einwohner Afrikas das wichtigste Betätigungsfeld. Im Kongo erzielen so gut wie alle Menschen ihr Einkommen daraus, in anderen Ländern sind es immerhin mehr als zwei Drittel der Bevölkerung. Doch Land wird immer knapper. Zwei Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe sind weniger als ein Hektar groß. In Kenia beackert ein Bauer gerade mal einen halben Hektar, kaum genug, um sich selbst zu versorgen, geschweige denn, um Überschüsse durch den Verkauf der Ackerfrüchte zu erzielen.
Die humanitäre Organisation Care International wies kürzlich auf humanitäre Krisen im Jahr 2018 hin, die in westlichen Medien kaum oder gar nicht erwähnt wurden, darunter Unruhen in Äthiopien, in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) und im Sudan.
So leben in Äthiopien trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs noch immer 30 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Tausende Flüchtlinge aus den Nachbarländern strömen ins Land. Und immer wieder zerstören Dürren und Überschwemmungen die Ernten, während die Preise für Lebensmittel steigen.
Agrarintensivierung nach westlichem Vorbild kein probates Mittel
Einerseits steht für die Produktion von Nahrungsmitteln zu wenig fruchtbares Land zur Verfügung. Andererseits sind Hochertragssaatgut, Mineraldünger und Pestizide für afrikanische Kleinbauern weder verfügbar noch bezahlbar, resümiert die Agrarökonomin Susanne Neubert vom Seminar für Ländliche Entwicklung (SLE) an der Humboldt Universität zu Berlin. Pestizide sind zudem ökologisch und gesundheitlich riskant.
Eine Agrarintensivierung nach westlichem Vorbild allerdings würde Hunderte Millionen Menschen arbeitslos machen. Denn oft richtet modernes Agrarinvestment mehr Schaden an, als es nützt. Die Folge wären Landflucht in Richtung Stadt oder gar Flucht nach Europa. In Algerien zum Beispiel, das in den letzten Jahren zum bedeutendsten Tomatenexporteur heranwuchs, werden jedes Jahr 300.000 Tonnen Tomaten angebaut. Um an immer mehr Wasser zu gelangen, wurden die Brunnen bis zu 300 Meter tief gegraben. In der Folge sank der Grundwasserspiegel. Gleichzeitig litten tausende Flüchtlinge in der algerischen Wüste unter Wassermangel.
Einen anderen Weg geht Marokko. Das Land investiert Milliarden Dollar in seine Kleinbauern - in Dünger, Wissen und neuen Pflanzensorten. Investitionen in kleine Olivenölfabriken bzw. in die Verarbeitung von Datteln und Oliven soll deren Anbau attraktiver machen. Eine moderne Infrastruktur soll für exportfähigere Produkte sorgen.
Tierdung und Mischkulturen erhöhen die Bodengesundheit
In weiten Teilen des Kontinents nehmen fruchtbare Böden, Biodiversität, Wald und Weidegründe dramatisch ab. Die Herausforderung besteht nun darin, den degradierten Böden rentable Erträge abzuringen und gleichzeitig nachhaltig zu bewirtschaften. Ganze Landstriche werden immer noch von Monokulturen, einem Erbe aus der Kolonialzeit, dominiert.
Entsprechend hoch ist die Gefahr von Schädlingsbefall. So vernichtete der Heerwurm im Jahr 2016 Kartoffeln, Erdnüsse, Soja und Mais im Westen, Süden und Osten Afrikas. Allein in Sambia zerstörte er 125.000 Hektar Maisfelder und somit rund 70 Prozent der Ernten. Selbst Chemikalien konnten dem Schädling damals wenig anhaben.
Der Anbau von Mischkulturen mit mehrgliedrigen Fruchtfolgen unter Verwendung von Mist, Kompost, Mulch und Nützlingen oder Gründüngung hingegen fördert die Bodengesundheit. Er reguliert die Stoffkreisläufe und beugt Schädlingen vor. So treten zum Beispiel südlich der Sahara, wo Baumwollfelder sich mit Mais- oder Sorghumfeldern und kleinen Wäldern abwechseln, deutlich weniger Schädlinge auf.
Wasser - ein knappes Gut
Damit sich organische Bodensubstanz überhaupt aufbauen kann, braucht es Regen. In vielen Regionen mangelt es daran immer öfter, wie zum Beispiel in der Tschadsee-Region, die in jüngster Vergangenheit mit humanitären Katastrophen als Folge von Terrorismus, Armut und Klimawandel von sich reden machte.
Die Wasseroberfläche des Sees, der rund 38 Millionen Menschen mit Wasser versorgt, war zwischen den 1960er Jahren von 25.000 auf 4.800 Quadratkilometer im Jahr 2014 zusammengeschrumpft. Immer mehr Bewohner der Anrainerstaaten Niger, Tschad, Kamerun und Nigeria entnehmen dem See zu viel Wasser. Die Fischpopulationen schrumpfen, so dass Trockenfisch als wichtige Proteinquelle für die Einwohner immer seltener und teurer wird. Während sich die Landbevölkerung in Borno State im Nordosten Nigerias früher nahezu komplett von Ackerbau ernährte, ist inzwischen an vielen Orten weder Ackerbau noch Viehzucht möglich.
Auch im Osten, am Horn von Afrika, wo 80 Prozent der sesshaften Bauern in trockenen Regionen Subsistenzlandwirtschaft betreiben, ist umsichtiges Wassermanagement mit sparsamer, effizienter Nutzung nötiger denn je.