Ahrtal: Verhöhnung der Opfer
Seite 2: Niemand konnte sich das vorstellen
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Wie bereits berichtet ist nun mit dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (SPD) endlich einer der politisch Verantwortlichen zurückgetreten. Haarsträubend sind allerdings die Äußerungen, mit denen er und auch seine Chefin, die Ministerpräsidentin Malu Dreyer, sein Versagen noch vergangene Woche zu rechtfertigen versuchten. "Niemand, wirklich niemand, hat sich eine solch verheerende Flutkatastrophe in Deutschland vorstellen können", so Lewentz.
Das ist für einen inzwischen ehemaligen Innenminister, der unter anderem für den Katastrophenschutz verantwortlich ist und sich deshalb unter anderem mit Klimaszenarien auskennen sollte, eine ziemlich ungeheuerliche Aussage, aber seine Parteifreundin und bisherige Chefin Malu Dreyer sieht es offensichtlich ganz ähnlich:
Es ist glaube ich unbestritten, dass wir es mit einer Natur- und Flutkatastrophe eines Ausmaßes zu tun hatten, die wir so noch nie erlebt hatten, und sich auch kein Mensch vorstellen konnte, dass das in Deutschland passieren kann.
Tatsächlich ist es ganz einfache Physik: Je wärmer eine Luftmasse ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen und so mehr kann später aus ihr ausregnen. Das Verhältnis ist nicht linear, das heißt, die Aufnahmefähigkeit und damit die potenziellen Niederschläge nehmen sehr rasch mit einer höheren Temperatur zu.
Dass es in Deutschland bereits deutlich wärmer geworden ist, ist ebenfalls klar, und dass die Niederschläge nicht gleichmäßig verteilt auftreten, sondern sich die Extremereignisse häufen, wird ebenfalls immer wieder von Wissenschaftlern betont. Das muss nicht jeder Stammtisch-Philosoph wissen, aber von Ministern kann man derlei Kenntnis schon erwarten.
Nachlesen, was das für Deutschland heißen wird, konnte man zum Beispiel 2014 schon hier oder zwei Jahre später hier: "(...) für Deutschland kann in einem künftigen, wärmeren Klima ein beachtlicher Anstieg der durch Überschwemmungen verursachten Schäden erwartet werden", hatte es unmissverständlich in der ersten Arbeit geheißen, die zwei Jahre später auf breiterer Grundlage bestätigt und in den Warnungen verschärft wurde.
Für Katastrophenschutz zuständige Minister und Regierungschefinnen müssen sicherlich nicht unbedingt die wissenschaftlichen Veröffentlichungen verfolgen. Aber sie sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die das tun und sie beraten. Und sie sollten entsprechende Warnungen ernst nehmen und sich nicht einfach blöd stellen. Denn das ist schlicht eine Verhöhnung der Opfer.
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