Ahrtal: Verhöhnung der Opfer

Nach der Flut: Die Schäden im Ahrtal im August 2021. Bild: Max Gerlach / CC BY-SA 2.0

Energie und Klima – kompakt, Teil 2: Die fossil angetriebene Schuldenkrise, leere Versprechungen vom Bundesfinanzminister und Landespolitiker ohne Schamgefühl.

Wir haben gestern im ersten Teil unseres allwöchentlichen Rückblicks auf die Auswirkungen der deutschen Einkaufstour auf dem Weltmarkt für Flüssiggas hingewiesen. Wer auf einem knappen Markt für zusätzliche, zu dem recht unerwartete und große Nachfrage sorgt, treibt die Preise in die Höhe. Zu leiden haben darunter nicht nur hiesige Verbraucher, sondern auch die weniger finanzkräftigen Länder, deren Gas-Rechnungen ebenfalls aufgebläht und einen im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftsleistung oft extremen Umfang annehmen.

Dass das die ohnehin schon heiß laufende Schuldenkrise vieler Entwicklungsländer noch verschärfen muss, liegt eigentlich auf der Hand. Ebenso, dass diese Länder dadurch noch weniger Mittel zur Verfügung haben, sich an den Klimawandel anzupassen, Schutz gegen den steigenden Meeresspiegel zu schaffen, die Ausbreitung der Wüsten zu bekämpfen, die Landwirtschaft auf andere Früchte umzustellen und manches mehr, das eigentlich dringend nötig wäre.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte noch im April vor der sich zuspitzenden Schuldenkrise vieler Länder gewarnt. Eine Gruppe von Aktivisten, die am Montag Teile seines Ministeriums besetzten, warfen ihm allerdings vor, lediglich leere Versprechungen gegeben und sich auf der gerade abgeschlossenen Herbsttagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds nicht für die Streichung der Schulden starkgemacht zu haben. Auf einem Transparent, das die Demonstranten an der Fassade des Berliner Finanzministeriums befestigten, war zu lesen: "Debt is murdering people in the Global South – Cancel the debt". ("Schulden morden Menschen im globalen Süden – Schulden streichen.)

Zu erwarten ist allerdings, dass der Internationale Währungsfonds, der von den westlichen Staaten dominiert wird auch diese Krise wieder auf die Rücken der ärmeren Bevölkerungsteile abwälzen und die überschuldeten Staaten dazu zwingen wird, Sozial- und Bildungsausgaben zu kürzen, um die Schuldendienste weiterzubezahlen. Ganz so, wie es in der großen Schuldenkrise der 1980er Jahre, der Asienkrise 1997ff oder auch der Eurokrise ab 2010 in Südeuropa der Fall war.

In allen Fällen geschah das übrigens, trotz des zum Teil unermesslichen Leids, das durch die Kürzungen verursacht wurde, und obwohl Ökonomen immer wieder darauf hingewiesen hatten, dass eine Verringerung der öffentlichen Ausgaben und Investitionen die Krisen erheblich verschärfen und die Länder für Jahre zurückwerfen würden.

Aber Expertenrat ist bei Politkern selten gefragt, insbesondere dann nicht, wenn es kosten würde. Ein erschütterndes Beispiel dafür hatten die Behörden Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Flutsommer 2021 geliefert, die sich völlig unvorbereitet und überfordert zeigten. 134 Menschen waren allein im Ahrtal gestorben, unter anderem, weil die zuständige Kreisbehörde nicht einmal in der Lage gewesen war, die Menschen rechtzeitig zu warnen. Die Staatsanwaltschaft in Koblenz ermittelt seitdem gegen den zuständigen Landrat.

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