Amri-Ausschuss: "Im Zweifel für den Ausschluss der Öffentlichkeit"

Seite 3: Das mysteriöse Verschwinden von Anis Amri

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Zurück zum Aufklärungsalltag: Im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses ging es nach der dokumentierten Auseinandersetzung weiter wie gehabt. Auch die folgende Zeugin "M - 2" arbeitet beim LKA-Staatsschutz. Sie referierte, was in der "elektronischen Ablage" des LKA zu Anis Amri gespeichert war.

Vieles davon ist seit langem aus der offiziellen Chronologie zum Behördenhandeln im Fall Amri oder aus dem öffentlichen Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages bekannt. Bei anderen Informationen erfuhr man lediglich Datum, Absender- und Empfängerbehörde, aber wenig Inhalte. Und auch bei Zeugin "Frau M." schloss sich eine nicht-öffentliche Sitzung an.

Bemerkenswert ist das Ende der Datenerfassung zu Amri Ende Oktober 2016. Der letzte Eintrag in der Datei des LKA Berlin soll am 25. Oktober 2016 erfolgt sein. Am 24. Oktober 2016 hatte das Bundeskriminalamt (BKA) aus Tunesien die offizielle Mitteilung über die Identifizierung Amris als tunesischer Staatsbürger erhalten und unter anderem an das LKA Berlin weitergeleitet.

Am 26. Oktober 2016 übermittelte der marokkanische Nachrichtendienst den deutschen Sicherheitsbehörden die Information, Amri wolle "ein Projekt ausführen". Er stehe mit Leuten des IS (Islamischer Staat) in Kontakt. Am 2. November 2016 soll er letztmals im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) auf der Tagesordnung gestanden haben.

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll sich Anfang November 2016 letztmalig mit dem Beobachteten befasst haben, wie eine Auswerterin, die die Amri-Akte im BfV führte, kürzlich vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagte.

Schlagartig soll also Ende Oktober, Anfang November 2016 der Kontakt zahlreicher Sicherheitsbehörden zu einem Mann abgebrochen sein, der als "Gefährder" eingestuft war und als "Nachrichtenmittler" genutzt wurde, um über Verdächtige Informationen zu erhalten? Trifft das überhaupt zu? Was ist in den internen Dateien des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Berlin, des LKA von Nordrhein-Westfalen, des BKA, aber auch des BND (Bundesnachrichtendienst) dazu erfasst?

Dieses plötzliche Verschwinden einer Person, die dann zum Attentäter geworden sein soll, ist ähnlich mysteriös, wie das Stoppen jeglicher Ermittlungstätigkeit in Berlin, ausgerechnet dann, im August 2016, als Amri als Mit- oder gar Haupttäter einer gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung (Messerstecherei) identifiziert worden war.

In der elektronischen Ablage des LKA Berlin, die die Staatsschützerin "Frau M." im Untersuchungsausschuss vortrug, tauchte weder die Messerstecherei vom Juli 2016 noch die Identifizierung Amris als Tatbeteiligter und die darauf folgende Lagebesprechung des LKA mit der Generalstaatsanwaltschaft auf. Zumindest in der "öffentlichen" Version nicht.

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