Angeklagt - die Goldene Morgenröte

Die rechtsextreme Partei wird beschuldigt, eine "verbrecherische Organisation" zu sein, doch der Prozess kommt bislang nicht voran

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In Athen hat der Prozess gegen die Goldene Morgenröte (GM) immer noch nicht richtig begonnen. Erneut wurde vertagt. Bislang wurde bei zwei Terminen weder eine Anklage verlesen, noch etwas Dramatisches in Angriff genommen.

Angeklagt sind neben sämtlichen Abgeordneten, die der Partei in der vergangenen Legislaturperiode als Volksvertreter dienten, zahlreiche Ortsgruppenführer und hochrangige Parteimitglieder. Der Prozess findet im Flügel des Frauengefängnisses von Korydallos bei Piräus statt. Wegen der vorherrschenden Sicherheitsmaßnahmen wurden bei beiden bisherigen Prozessterminen sämtliche Schulen und Kindergärten der Stadtgemeinde Korydallos geschlossen. Schließlich war ein Vordringen in die Bannmeile um das Gefängnis nur mit besonderer Akkreditierung möglich.

Die Partei selbst ist als "verbrecherische Organisation" im Sinn der griechischen Gesetze angeklagt (Chrysi Avgi als verbrecherische Organisation eingestuft!). Das bedeutet, das Verfahren muss belegen, dass die Parteimitglieder ihre Partei für die Erlangung widerrechtlicher Vorteile gegründet haben. Darüber hinaus geht es um die Ermordung des Rappers KillahP aka Pavlos Fyssas durch Mitglieder der GM (Anhänger der rechten Chrysi Avgi ermordet antifaschistischen Hip Hopper).

Die zuständige Richterin wird sowohl von der Stadtgemeinde, von den Anwälten der Nebenklage, von Vertretern der Presse und von Zeugen der Anklage angefleht, den Verhandlungsort verlegen zu lassen.

Es kam sowohl am ersten Prozesstag im April als auch am Donnerstag zu körperlichen Übergriffen. Im April wurden Antifaschisten, Zeugen der Anklage und ein Parlamentarier der Partei To Potami verprügelt. Am Donnerstag erwischte es nach bisherigem Stand der Dinge einen vollkommen Unbeteiligten. Ein siebenundzwanzigjähriger Mitarbeiter eines Fitnesscenters erschien einigen Antifaschisten verdächtig. Er hagelte Hiebe.

Die angeklagte Parteiführung möchte den Ball niedrig halten. Keiner der Bonzen erscheint bei Gericht. Darüber hinaus besteht die Verteidigungstaktik darin, alles zu verzögern. Bei 69 Angeklagten, von denen 68 noch am Leben sind, ist dies auch einfach. Erneut gaben einige Angeklagte der niedrigeren Parteichargen an, dass ihnen der Anwalt abhanden gekommen sei. Sie verlangten nach einem Pflichtverteidiger, was wiederum die Vertagung garantierte. So gesehen läuft es wie am Schnürchen - für die Angeklagten.

Trotzdem liegen die Nerven bei der rechtsextremen Partei bereits wieder so blank, dass offen gedroht wird. Der als Chef von Piräus angeklagte Parlamentarier Giannis Lagos referierte bei einer Ausschusssitzung über die Haftbedingungen mit Verweis auf seine eigenen Erfahrungen als Untersuchungshäftling. Lagos kam kurz nach Ostern frei, weil er mehr als 18 Monate U-Haft bereits absaß. Er muss nun im Hausarrest auf sein Prozessende warten.

Liana Kanelli von den Kommunisten stichelte, dass nicht alle Parlamentarier des Ausschusses angeklagte Häftlinge seien. Lagos, der selbst noch nicht zu seinem eigenen Prozess erschien, hatte in den Medien erfahren, dass Liana Kanelli beim Prozess gegen seine Partei anwesend war. Er griff Kanelli auf dem Parlamentsflur verbal an. "Du bist als Zeuge gegen uns beim Prozess anwesend?", fragte er. Kanelli bestätigte dies und kassierte eine Drohung: "Dann schau, wie Du da heil wieder weg kommst."

Die so Bedrohte hatte bereits vor knapp drei Jahren Bekanntschaft mit der körperlichen Gewalt des GM-Funktionärs Ilias Kasidiaris gemacht (Griechenland: Mit Tempo in Richtung Weimarer Verhältnisse). Kanelli wandte sich an Parlamentspräsidentin Konstantopoulou. Diese jedoch verweigerte sich aus formaljuristischen Gründen, die Aktion von Lagos zu verurteilen. Das wiederum brachte der Parlamentspräsidentin eine verkappte Rüge aus der eigenen Partei ein.

Das öffentliche Klima ist eindeutig gegen die Partei. Ein anderes Gericht verurteilte am Donnerstag Ilias Panagiotaros, einen weiteren prominenten Parlamentarier der Partei und Kandidat für den Gouverneursposten von Attika. Panagiotaros kassierte 12 Monate Haft, die er frei kaufen kann, für üble Nachrede gegen den seinerzeit amtierenden Gouverneur. Die Staatsanwaltschaft hatte nur acht Monate gefordert.