Angriff auf Afrin: Weiter wenig erfolgreich für die Türkei

Seite 2: Die syrische Regierung beschwert sich

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Ganz einfach und "pur" aufzuschlüsseln sind die Beziehungen im syrischen Konflikt allerdings selten. Denn, wie die syrische Regierung, die bekanntermaßen eng mit Russland verbündet ist, vergangene Woche deutlich machte, ist sie überhaupt nicht einverstanden mit der "militärischen Aggression" der Türkei in Syrien.

In Schreiben des syrischen Außenministeriums an den UN-Generalsekretär und an den Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrates wurde mitgeteilt, dass die Begründung der Türkei für die "militärische Aggression" aus Lügen bestünde und sich mitnichten aus dem Artikel 51 der UN-Charta zur Selbstverteidigung begründen ließe, wie sie auch ebenso wenig aus UN-Resolutionen zum Konflikt in Syrien herzuleiten sei.

Das ist eine ehrlichere Sprache als diejenige, die zuletzt aus der Nato, Mitgliedsstaaten oder von US-Vertretern zu hören war, die das Recht der Türkei zur Verteidigung gegen Terroristen betonten und damit vor allem demonstrierten, wie wichtig die Türkei für das Nato-Bündnis ist.

Der Regierung in Damaskus, die im Gegensatz zu den Regierungen im Westen - wer erinnert sich noch an Aussagen Obamas und befreundeter Partner vor ungefähr sechs Jahren darüber, dass Baschar al-Assad bald am Ende sei - über einen Blick verfügt, der größere zeitliche Horizonte umfasst (was die Regierungsform nicht unbedingt besser macht, aber das ist ein eigenes Thema), bleibt gegenwärtig, dass der türkische Präsident Erdogan seit vielen Jahren ein enges Verhältnis mit den Muslimbrüdern pflegt - also mit ausgewiesenen, traditionellen und erbitterten radikal-religiösen Gegnern der Baath-Regierung.

Nach bereits zitierten Informationen des erfahrenen Kriegsreporters und Beobachters Elijah J. Magnier läuft die an Ort und Stelle praktizierte Politik der syrischen Regierung darauf hinaus, dass die kurdischen Kämpfer möglichst große Bewegungsfreiheit haben und Waffenlieferungen nicht groß behindert werden.

Machtpoker mit den Kurden

Dazu gehört im Hintergrund ein "Machtpoker" darüber, welche Befugnisse die PYD der syrischen Regierung einräumen wird. Die Verfassung spricht eindeutig für die Ansprüche aus Damaskus. Die PYD hat ein eigenes politisches Modell entwickelt, das Vorstellungen folgt, die demokratisch fortgeschritten sind und für die Region einen Aufbruch in hellere Zeiten bedeuten könnte.

Von den Mitstreitern der türkischen Militäraktion ist da wenig oder gar nichts zu erwarten, eher im Gegenteil wird darauf geachtet werden, dass die Region ganz dem Geist des frühen Mittelalters angehört. Die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen aus Syrien wird sich damit ganz gewiss nicht erhöhen, um das so auszudrücken.

Inwieweit sich die Kurden mit der Regierung in Damaskus und mit dessen Verbündeten Russland arrangieren können, was im Konflikt zu US-Loyalitäten steht, wird sich zeigen. Die militärischen Erfolge der Kurden gegen den türkischen Angriff bestehen im Aufhalten einer weitaus überlegenen Militärmacht durch Guerillamethoden. Wie lange sie das gegen die Überlegenheit der türkischen Luftwaffe durchhalten?

Bislang, so meldete der Nothilfekoordinator OCHA in der vergangenen Woche, gebe es seit Beginn der Operation Olive Branch 15.000 Binnenflüchlinge. Viele wollen in die Türkei.