Angriff auf Berliner Zeitung: Lenkt Ukraine-Botschafter Makeiev nun ein?

Könnte jetzt etwas kleinkariert wirken: Ukraine-Botschafter Makeiev. Bild: penofoto, Shutterstock,com

Ukrainischer Botschafter macht den Melnyk. Pöbelei gegen Tageszeitung als Dienstleistung an Konkurrenzblatt? Was es mit dem Eklat auf sich hat.

Nach einer ungewöhnlichen Attacke auf die Berliner Zeitung sollen am Montag Gespräche zwischen der dem ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev und der Redaktion stattfinden. Das bestätigte der Chefredakteur des Blattes, Tomasz Kurianowicz, gegenüber Telepolis.

Makeiev hatte Redakteure der Hauptstadtzeitung zuvor über den Kurznachrichtendienst X persönlich angegriffen und ihre beruflichen Qualifikationen infrage gestellt. Makeiev deutete an, die Zeitung sei möglicherweise auf dem Weg, "Radio Moskau" zu werden und erstellte ein etwas unbeholfenes Logo mit der Aufschrift "Berliner Volksrepublik Zeitung".

Chefredaktion wehrt sich gegen Angriffe

Die Chefredaktion und der Herausgeber der Berliner Zeitung reagierten auf Makeievs Posting und wehrten sich entschieden gegen die persönliche Diffamierung ihrer Mitarbeiter. Damit stärkte der Herausgeber seinen Mitarbeitern öffentlich den Rücken; offenbar auch, weil die Berliner Zeitung mit ihrer kritischen Linie wiederholt Ziel diffamierender Angriffe gewesen ist.

In dem gemeinsamen Statement von Chefredaktion und Herausgeber heißt es:

Wir verwahren uns entschieden gegen die persönliche Diffamierung von einzelnen Redakteuren und Autoren der Berliner Zeitung durch den ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev. Wir sehen die völlig unbegründeten Attacken gegen namentlich genannte Redakteure und Autoren als versuchte Einschüchterung und mithin als Eingriff in die Pressefreiheit. Wir sind verwundert über die Ausfälle, weil es bis zu diesem Post auf X keine einzige direkte Beschwerde des Botschafters an die Redaktion der Berliner Zeitung gegeben hat. Wir erwarten, dass der ukrainische Botschafter die Pressefreiheit in einer europäischen Demokratie respektiert.

Gutes Verhältnis zur ukrainischen Botschaft

Die Attacke Makeievs sei insofern ungewöhnlich, als die Berliner Zeitung seit Langem ein gutes, professionelles Verhältnis zur ukrainischen Botschaft gepflegt habe, heißt es in einem Beitrag zu dem Zwischenfall weiter.

Man habe mehrfach Interviews mit Makeievs Vorgänger Andrij Melnyk geführt, über Veranstaltungen der Botschaft berichtet und auch ein ausführliches Interview mit Oleksii Makeiev selbst geführt.

Die habe sich zudem nie über die Berichterstattung beschwert. Eine ranghohe Mitarbeiterin aus der Pressestelle der Botschaft bedankte sich sogar für die "wunderbare Zusammenarbeit" und lobte die Arbeit der Berliner Zeitung.

Einbeziehung des Tagesspiegels

In seinem Post zog Makeiev den Tagesspiegel, einen direkten Mitbewerber der Berliner Zeitung, als Zeugen für seine Vorwürfe heran. Dies sei "bemerkenswert", da der Wettbewerb zwischen den beiden Zeitungen in der Vergangenheit hart, aber fair geführt worden sei.

Der Tagesspiegel habe der Berliner Zeitung jedoch in jüngster Zeit vorgeworfen, wie ein russisches U-Boot zu agieren. "Die Berliner Zeitung hat auf solche Untergriffe verzichtet", heißt es von deren Seite.

Empfehlung des Botschafters: "Einfach nicht lesen"

Makeiev empfahl in seinem Posting, die Berliner Zeitung einfach nicht zu lesen und verwies auf "bessere/freie Medien in Berlin".

Die Chefredaktion und der Herausgeber der Berliner Zeitung haben Botschafter Makeiev daraufhin zu einem Gespräch eingeladen und ihm geantwortet: "Sie haben völlig recht: Eine 'Berliner Volksrepublik Zeitung' gibt es nicht, es gibt bessere, freie Medien in Berlin – wie eben die Berliner Zeitung."

Wiederholt übergriffiges Verhalten der ukrainischen Botschaft

Makeievs Angriff auf die Berliner Zeitung überrascht auch aus einem anderen Grund. Der Diplomat war, erklärte Maßen angetreten, um das belastete Verhältnis zwischen der deutschen Seite und seine Vorgänger Andrij Melnyk zu verbessern. Melnyk hatte wiederholt deutsche Politiker beschimpft und beleidigt. Auch hatte er sich als Anhänger des ukrainischen Faschisten Stepan Bandera geoutet.

Nach einem Artikel von Telepolis über diese Ausfälle hatte sich Melnyk jüngst von seinem neuen Posten in Brasilien zu Wort gemeldet, erneut mit einer für einen Diplomaten ungewöhnlichen Wortwahl:

Lieber Gott, ich wusste gar nicht, dass jemand die besten Affronts sammelt & eine Top Twelve der Melnyk-Beschimpfungen dokumentiert. Sogar "in immer wieder aktualisierter Form" Meine Fresse

Im Vergleich zu den Kollegen der Berliner Zeitung ist Telepolis noch relativ glimpflich davongekommen. Der Chefredakteur der Berliner Zeitung jedenfalls möchte sich von dem Angriff des noch amtierenden Botschafters der Ukraine in Berlin nicht einschüchtern lassen. "Wir werden unsere Haltung nicht ändern", sagte er auf Telepolis-Anfrage. Man halt an dem Termin mit dem Botschafter am Montag fest.