Angst und Schrecken in Woody Creek
Der Journalist und Autor Hunter S. Thompson beging Selbstmord
Die Meldung, dass der Journalist und Autor Hunter S. Thompson sich am Wochenende mit einem Kopfschuss das Leben genommen hat, kam nicht unbedingt überraschend. Dass der 65-jährige Erfinder des "Gonzo-Journalismus" - einem sehr persönlichen, sarkastischen Schreibstil - in den letzten Jahrzehnten ziemlich durchgeknallt war und auf seinem Anwesen in Woody Creek nahe dem Nobel-Skiressort Aspen (Colorado) am liebsten Schießübungen veranstaltete, war allgemein bekannt; in den Kolumnen, die er noch gelegentlich schrieb, blitzte nur noch manchmal die Brillanz auf, die ihn in den 60ern und 70ern zu einer Ikone der Counterculture und des "New Journalism" gemacht hatte.
The sporting editors had also given me $300 in cash, most of which was already spent on extremely dangerous drugs. The trunk of the car looked like a mobile police narcotics lab. We had two bags of grass, seventy - five pellets of mescaline, five sheets of high - powered blotter acid, a salt shaker half full of cocaine, and a whole galaxy of multi - colored uppers, downers, screamers, laughers and also a quart of tequila, a quart of rum, a case of Budweiser, a pint of raw ether and two dozen amyls...
Das war das Arsenal, mit dem Thompson, als Reporter einer Anti-Drogen-Konferenz, in seinem berühmtesten Buch "Fear and Loathing in Las Vegas", einst Furore gemacht hatte. Inwieweit der Autor auch noch in jüngerer Zeit auf einen derartigen Cocktail von Substanzen zurückgegriffen hat, ist nicht bekannt. Sicher aber scheint, angesichts dieses traurigen Ende, was der Experte Wolfgang Neuss einst über Drogen sagte: "Wer damit nicht richtig umgehen kann, mit dem geht es dann um...."
Das Ende der Aufbruchsstimmung der 60er Jahre war für Thompson der "Sieg des Alten und Bösen" und folgerichtig wurde Richard Nixon als Präsident wiedergewählt, was Thompson in seinem Buch über den Wahlkampf "Fear and Loathing: On the Campaign Trail '72," beschrieb. Später folgten ein Band mit Essays über die Watergate-Ära ("The Great Shark Hunt"), ein Lamento über die Jugend der 80er Jahre ("Generation Swine") und über den Wahlkampf Bill Clintons "Better than Sex.". Sein einziger Roman, The Rum Diaries, wurde 1998 veröffentlicht, stammte aber aus der seiner Frühzeit als Autor. Sein allererstes Werk, in dem er über ein Jahr mit der Rockergang "Hells Angels" schreibt, begründete 1965 seinen Ruhm als soziologischer Reporter und journalistischer Romancier.
Das Niveau, auf dem Dr. Hunter S. Thompson als rasender und rasend schreibender Reporter in seinen Hochzeiten schrieb, wurde in den USA allenfalls noch von Tom Wolfe ("The Electric Kool Aid Acid Test") erreicht, der sich danach zum gefeierten Romancier ("Fegefeuer der Eitelkeiten") weiterentwickelte, während "Gonzo" weiter den wilden Mann gab: mit Sonnebrille, Kippe im Mund und einer möglichst jungen Blondine im Hintergrund - sowie seiner 45er Magnum.
Vom klassischen Journalismus - "ein billiges Asyl für Arschlöcher und Missratene, eine blinde Gasse zur Kehrseite des Lebens" - hielt er nichts und erfand so seinen eigenen. Vor der letzten Wahl prognostizierte er einen Sieg John Kerrys - und lag daneben wie 30 Jahre zuvor als er gegen Nixon setzte.
Die panzer-artige Bush-Maschine kontrolliert alle drei Säulen der föderalen Regierung...und macht es unmöglich, dass gegen Bush ermittelt wird. Es wird Zeit, sich mehr mit Football zu beschäftigen, der einzigen verbliebenen Sache, die nicht manipuliert ist.
Thompson in einer seiner letzten Kolumnen
Das war noch vor dem deutschen Wettskandal... aber allzulange hat ihn dieser Hoffnungsschimmer offenbar nicht mehr getragen.
Auf deutsch lieferbare Werke:
Hunter S. Thompson: Hell's Angels. A. d. Engl. v. Jochen Schwarzer. Heyne, München. 447 S., 9,95 EUR.
The Rum Diary. A. d. Engl. v. Wolfgang Farkas. Blumenbar, München. 284 S., 18 EUR.
Fear and Loathing in Las Vegas. A. d. Engl. v. Tanja Schwaner. Heyne. 304 S., 8,95 EUR (Mai 2005 ).