Angst vor dem Internet

Birma versucht, sich dem globalen Netz zu öffnen und es politisch an der Kandare zu halten

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Verwunderlich wäre, wenn die Militärjunta in Myamar nicht versuchen würde, das bislang nur sehr zögerlich eingeführte Internet nicht zu zensieren. Schon wer nur einen Computer besitzt, muss diesen anmelden. Gegen die demokratische Opposition und Journalisten geht das Militärregime mit drakonischen Strafen vor. Alle Medien werden zensiert, doch mit dem grenzüberschreitenden Internet muss anders verfahren werden. Birma hat, wie alle autoritären Staaten, das Problem, einerseits den Anschluss an das weltweite Netz nicht ganz auch aus wirtschaftlichen Gründen verhindern zu können, andererseits aber die Bürger des Landes möglichst am Zugang zu unerwünschten Informationen oder am veröffentlichen von solchen zu hindern

Der einzige Internetprovider ist die staatliche Telekom (weitgehend "under construction"), die jetzt allmählich den Zugang zum Internet mehr Menschen ermöglichen soll. Bislang können fast ausschließlich nur Regierungsbehörden und einige Unternehmen das Internet nutzen. Im vergangenen Sommer öffnete das erste Internetcafe seine Türen in Rangoon, aber mit den Computern kann man nicht auf Internet zugreifen. Die Besucher dieses weltweit wohl einzigartigen Internetcafes können sich CD-ROMs ausleihen, die nicht von den Militärs zensiert wurden, oder die Computer mit einem Textprogramm benutzen. Sie dürfen sich freilich auch für einen Internetzugang registrieren lassen, auch wenn es diesen gar nicht gibt.

Wie BBC News berichtet, hat die Telekom für die künftigen Nutzer des Internet jetzt schon einmal alles verboten, was nur irgendwie dem Regime gefährlich werden könnte. So werden Internetaccounts nur jenen gewährt, die sich registrieren lassen und dann die offizielle Erlaubnis erhalten, was die Einrichtung eines wirklichen Internetcafes nahezu unmöglich lassen würde. Wer einen Zugang erhalten hat, darf ohne Erlaubnis der Behörden keine Website einrichten und ist für alles verantwortlich, was von seinem Account ins Internet gelangt. Verboten ist alles, was mit Politik zu tun hat oder den angeblichen Interessen Burmas schaden könnte. Zudem sind alle Besitzer eines Internetaccounts dazu verpflichtet, die Telekom jede Bedrohung im Internet zu melden. Besonders perfide ist, dass sich die Telekom vorbehält, diese gesetzlichen Regelungen jederzeit erweitern oder verändern zu können, ohne vorher die Internetbenutzer davon unterrichten zu müssen. Falls gegen diese Vorschriften verstoßen wird, droht der Entzug des Accounts und weitere rechtliche Schritte, die in Burma schnell zu hohen Gefängnisstrafen führen.

Natürlich gelangen auch jetzt Informationen von Oppositionellen ohne das Internet ins Ausland, doch auch eine nur kleine Öffnung des Internetzugangs wird auch für das Militärregime langfristig dazu führen, dass mehr unerwünschte Informationen im Land zirkulieren können. Chinesische Dissidenten senden beispielsweise über Email von immer wechselnden Accounts im Ausland Nachrichten nach China, wobei sie diese Mails an möglichst viele Adressen schicken, um die Empfänger nicht zu belasten. Solange es nur einen einzigen Internetprovider in staatlichen Händen gibt, kann der Zugang zum Web durch Filter kontrolliert werden. Aber die Aufgabe, alles "Gefährliche" im schnell wachsenden Web, in dem es jetzt schon mehr als eine Milliarde Webseiten geben soll, wird sich schnell als Sysyphosarbeit erweisen. Zumindest besteht die Hoffnung, dass sich das Internet auch in diesem Fall als nicht zu kontrollierendes Trojanisches Pferd erweist, das autoritäre politische Systeme in langer Frist untermininiert, die sich dem Medium aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr verschließen können. Doch die Anarchie des Internet ist bekanntlich auch in den kapitalistischen und liberalen Ländern mittlerweile zu einem Stein Anstoßes geworden und soll mit immer engeren Regulierungen gebändigt werden. Und womöglich hat das Internet auch für autoritäre Regime etwas anzubieten: die Kommunikations- und Informationsflüsse können überwacht werden. Deswegen sind die Fragen der Verschlüsselung und der Anonymisierung, kurz: des Datenschutzes, gegenwärtig kommerziell und politisch so wichtig.