Ansturm auf Mallorca: Viele in Spanien sauer

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Während deutsche Touristen wieder zahlreich einfliegen, dürfen Spanier nicht einmal in Nachbarorte, auch wenn die Inzidenzen meist deutlich niedriger als in Deutschland sind

"Deutsche Touristen kaufen in wenigen Stunden alle verfügbaren Flugtickets nach Mallorca auf", titelt die große spanische Tageszeitung El País heute. Die Zeitung weist darauf hin, dass die Buchungen sprunghaft angestiegen sind, nachdem die Bundesregierung die Reisewarnung für die spanischen Balearen aufgehoben hat. Die Airline Eurowings hat von "einer bisher nicht gekannten Dynamik" bei den Buchungen gesprochen und will kurzfristig 300 zusätzliche Flüge um Ostern herum auflegen. Die Lufthansa will ihr Angebot verdoppeln.

Geplant hatte die Bundesregierung einen solchen Ansturm nicht und der Regierungssprecher versucht auch teilweise zurückzurudern. "Der Appell ist, auf jede nicht unbedingt notwendige Reise zu verzichten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am gestrigen Montag. Auf den Webseiten des Auswärtigen Amts heißt es aber nur: "Von nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Gemeinschaften Kastilien-La Mancha, Valencia, Extremadura, Murcia, Rioja sowie auf die Balearen wird weiterhin abgeraten."

Klar ist, dass die 14-Tage-Inzidenz auf den Baleareninseln derzeit mit 41 pro 100.000 Einwohnern niedrig ist. Da aber Deutschland weiter als Risikogebiet für Spanien gilt, müssen deutsche Touristen bei ihrer Einreise ihrer nach Spanien einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als drei Tage ist. Das stört die Mehrheit nicht, der Test wird meist mit der Reise mitgebucht. Für den Ansturm ist vor allem verantwortlich, dass mit dem Wegfall der Reisewarnung die Touristen bei ihrer Rückkehr nicht mehr in die Quarantäne müssen und auch die Testpflicht in Deutschland entfällt.

"Das erzeugt unglaublichen Frust"

Für viele Menschen im spanischen Staat ist es schlicht unbegreiflich, dass sie weiterhin nicht einmal in die Nachbarregion fahren oder einen Urlaub auf den Balearen buchen dürfen, aber wieder zahllose Touristen aus Deutschland einreisen können.

Maria Jose Etxeberria wohnt im baskischen Irun und sie kann seit Wochen ihre Tochter und ihre Enkel nicht besuchen, die gut zehn Kilometer entfernt in Bera wohnen, das in Navarra liegt. "Das erzeugt unglaublichen Frust, weil es absolut unverständlich ist", erklärt sie.

Ganz ähnlich sehen das viele Menschen im ganzen Staat. Die Bewohner aus Valencia, mit einer 14-Tage-Inzidenz von derzeit 44, dürfen zum Beispiel weder in die Nachbarregion Murcia (66) fahren, noch an Ostern auf eine Fähre steigen, um auf die nahen Balearen überzusetzen.

Aber Touristen aus Deutschland dürfen einfliegen, auch aus Thüringen, wo die 7-Tage-Inzidenz derzeit mit 167 den deutschen Spitzenwert zeigt. Grob umgerechnet liegt die 14-Tage-Inzidenz damit über 300 und um ein Vielfaches höher als in Valencia oder Murcia.

Alle Bundesländer in Deutschland weisen derzeit eine höhere 7-Tage-Inzidenz als die 14-Tage-Inzidenzen in Valencia aus. Und die 14-Tage-Inzidenz ist fast überall höher als in der Mehrzahl der spanischen Gemeinschaften. Nur in Madrid, wo kaum Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus umgesetzt wurden, wo man feiern, aber am Frauenkampftag nicht demonstrieren darf, ist die Inzidenz mit 220 ähnlich hoch wie in Thüringen.

Warnungen vor einem zweiten Ischgl

Experten warnen davor, dass sich der Fehler aus dem vergangenen Sommer wiederholen könnte, vor allem deshalb, weil sich die aggressivere britische Variante in Spanien und in ganz Europa ausbreitet. "Wir laufen Gefahr, mit Mallorca ein zweites Ischgl zu produzieren", erklärt zum Beispiel der Reiseforscher Jürgen Schmude.

Für den der Professor für Tourismuswirtschaft und Nachhaltigkeit an der Universität München ist dieser "Ansturm eine Katastrophe". Er denkt dabei an die Erfahrungen in Ischgl und befürchtet ein erneutes Ansteigen der Fallzahlen. "Es würde mich nicht wundern, wenn die Insel in drei Wochen wieder in einen harten Lockdown muss."

Man wisse, dass sich Menschen im Urlaub anders als im Alltag verhalten, denn gerade dann versuchten sie Probleme auszublenden. "Und aktuell wollen diese Leute ja ganz bewusst raus aus der Corona-Situation in Deutschland."