Anti-UBER-Demo in München: "Taxi ist sexy"

Seite 2: Heiße Luft

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Dabei hätte man vom Siegestor doch so einiges berichten können. Über Plakate, wie "Nur Taxi kann: Rollstuhl, Kinderwagen, Krankentransport", "Taxi ist sexy! Bits und Bytes tragen keine Koffer" oder "Hände weg vom Taxitarif", um vor der preislichen Willkür eines Uber-Monopols, etwa bei plötzlich einsetzendem Platzregen, einem S-Bahn-Ausfall, wenn man irgendwo in der Pampa feststeckt, bei Großereignissen, an Sylvester und so weiter, zu warnen. Es geht in der Sache eben auch um die Fahrgäste. Um den Verbraucherschutz, also irgendwie um jeden - Bildleser mit eingeschlossen.

Bild: Flo Osrainik

Und da sich in wenigen Tagen auch wieder Hunderttausende beim weltgrößten Kommerzbesäufnis um etliche Gehirnzellen erleichtern werden, könnte ein bisschen Aufklärung doch helfen, bevor man sich von schwarzen Autos mit Kennzeichen irgendwo aus der bundesdeutschen Prärie illegal zu Wucherpreisen kreuz und quer durch München kutschieren lässt und erst bei eintretender Nüchternheit feststellt, dass am Fahrpreis ein Null zu viel dranhing.

Zur Eröffnung der Reden schoss sich dann Florian Post von der SPD auch gleich mal auf den Uber-Konzern ein. Deren Geschäftsmodell sei schließlich "ein Paradebeispiel für Rosinenpickerei". Während Taxis Pflichten, etwa die Betriebspflicht oder die Beförderungspflicht haben, suchen sich andere willkürlich raus, wann, wo und wen sie fahren wollen. Post hat schließlich noch nie ein Uberfahrzeug genutzt, und das hat er aber auch in Zukunft nicht mehr vor.

Er traut sich zu wetten, "dass der Ubertarif jetzt nicht derselbe ist, wie gestern zu dieser Zeit", als es eben keine Taxidemonstration in der Stadt gab. Außerdem, das jedenfalls glaubt Post, lehnt die SPD doch Marktradikalismus ab, also in seiner "schärfsten Form". Und für Alt-OB Christian Ude, auch SPD, der als Fahrgast ja nur seine Solidarität - wie schon auf der letzten Münchner Taxidemo - zum Ausdruck bringen wollte, dürfen keine funktionierenden Strukturen zerstört werden. Die Taxifahrer müssten das ihren Fahrgästen immer und immer wieder erklären, denn wenn es die Fahrgäste erst mal von alleine kapieren, dann, so Ude, ist es zu spät.

Auch Reinhold Barbor von der CSU warnte leise aber vehement vor irgendwelchen Aufweichungen der Vorschriften, denn das bedeutet Chaos. Und dann wären in München ja noch über 300.000 Menschen über 65 Jahre alt, die bräuchten das Taxi doch. Eine Novellierung des, theoretisch für alle, praktisch nur für Taxis, geltenden Personenbeförderungsgesetzes dürfe also nicht zulasten des Taxigewerbes gehen. Aber das sei ja nur seine Meinung und außerdem "bin ich voll auf eurer Seite", so Barbor mit leicht angekratzter Stimme zu den schwitzenden, aber allzeit kampfbereiten Taxlern.

Die Rechtsstaaten

Markus Ganserer, der Gastredner von den Grünen, glaubt an den technischen Fortschritt, den Rechtsstaat und die Demokratie, und zwar in dieser Reihenfolge, wie er, der Stimmung sei Dank, schon fast ins Mikrofon brüllte. Uber will, wie könnte man ihm da widersprechen, den ganzen Markt, "und zwar für sich alleine. Und wenn sie ihn beherrschen, dann wird abkassiert. Sharing heißt teilen, das wollen die aber nicht", so Ganserer energisch und glasklar übersetzend. Schließlich dürfe man sich Gesetze nicht von den Konzernen diktieren lassen.

Moderator Jürgen Hartmann, von der Taxi Times, wies Ganserer dann auch kurz darauf hin, die Botschaft dann doch bitte auch dem Parteikollegen Cem Özdemir mitzuteilen.

Ob Ganserer weiß, dass Uber, auch während er gerade spricht, ganz und gar gegen das Personenbeförderungsgesetz verstoßend, den Mindestlohn missachtend und sich auch sonst seit Jahren - von den Behörden und der Politik geduldet - um keine Vorgaben scherend, mit seinen Autos nicht weit von hier bereitsteht? Welchen Rechtsstaat also meint Ganserer? Den einen für die Einen und den anderen für die Anderen?

Oans, zwoa, gsuffa

Nachdem sich die Vertreter von CSU, SPD und Grünen, also jener Parteien, die im Bund, im weiß-blauen Bayern und in München seit Jahren gemeinschaftlich das Sagen haben oder hatten, vor rund 1000 Wählern wieder einmal ordentlich gegen die Uberisierung und Privatisierung der Mobilität in Stellung brachten, stellt sich die Frage, wer denn dann, wenn nicht die Politik, Schuld daran ist, das Uber noch immer so illegal, wie gestern, heute und morgen agieren kann? Die Presse vielleicht?

Ach ja, wahrscheinlich der Fahrgast, der demnächst in Bayern seine Stimme wieder in eine Urne werfen darf und sich ab Samstag gefälligst auch um den reichlichen Konsum von Bier zum Wohl der Edelwirte auf der Münchner Wiesn kümmern soll, damit er dann, schön prall, weiter ungehindert von Uber, Bund und Land geprellt werden kann.

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