Argentiniens Regierung im Konflikt mit Ölmultis
Seit der Entscheidung der argentinischen Regierung nun doch eine Steuer auf die Ausfuhren von Erdöl zu erheben, ist ein offener Konflikt mit den Ölmultis ausgebrochen
Die haben mit großer Überraschung das Dekret vom Freitag aufgenommen, wonach die Regierung 20% der Exporterlöse von Erdöl einstecken will und 5 % vom Export der Derivate. Ausgenommen bleibt nur das Erdgas. Diese Steuern hatte Duhalde zwar seit Beginn seiner Amtsübernahme vor gut einem Monat angekündigt, doch wegen massivem Druck, vor allem aus Spanien, waren sie aus dem Reformprogramm Anfang des Monats ausgeklammert worden.
Wegen ihrer nachgezogenen Erhebung drängt sich auf, dass die Steuer wegen nicht eingehaltener Zusagen aus Spanien nun eingeführt wird. Es kam Bundeskanzler Gerhard Schröder höchstselbst die Rolle zu, die schlechte Nachricht nach Buenos Aires zu bringen. Schröder erklärte bei seinem Besuch in der letzten Woche, mögliche Hilfen müssten im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) geleistet werden. Damit zerschlug er die Hoffnung bei Duhalde, Geld von der EU oder aus Deutschland zu erhalten. Denn Spaniens Finanzminister, Rodrigo Rato, hatte in der Funktion als EU-Vorsitzendes Land, Hilfen in Aussicht gestellt, wenn ein "ausgewogener ökonomischer Plan" erstellt werde.
Rato wollte, dass die spanischen Firmen und Banken von den negativen Folgen verschont würden. Und so war das Reformprogramm letztlich ein Programm zum Schutz der Interessen der multinationalen Firmen, womit Duhalde den Unmut der Bevölkerung gegen sich richtig angefacht hat. Da sich sein Wohlverhalten aber nicht in die erwartete finanzielle Hilfe umsetzt, greift er jetzt auf die Steuer zurück. Er muss Geld einnehmen, um die Konsolidierung der Finanzen, die auch Schröder fordert, zu gewährleisten. Und er muss auch wieder den Schuldendienst aufnehmen, weil es sonst weiter kein Geld vom IWF geben wird. Obwohl die Guthaben der Bevölkerung per Dekret in Pesos umgewandelt wurden und nun wegen dessen Abwertung nur noch die Hälfte Wert sind, bleiben die Schulden des Landes in Dollar bestehen.
Die Ölmultis drohen wegen der neuen Steuer, die Preise um sage und schreibe 40 % zu erhöhen. Nun weiß die topfschlagende Bevölkerung nicht so richtig, gegen wen sie demonstrieren soll. So wurde sowohl für als gegen die Maßnahmen der Regierung zugleich demonstriert. Gegen den "institutionellen Putsch", wie Duhalde es bezeichnet dass er die finanziellen Beschränken der Bevölkerung (corralito) aufrecht erhält. Diese hatten hohe Richter zuvor als verfassungswidrig erklärt.
Gleichzeitig demonstrierte man für die Besteuerung der Ölmultis und ganz besonders gegen die verhasste spanische Firma Repsol. Die hatte 1999 das staatliche Erdölunternehmen YPF gekauft und seither 30.000 Menschen entlassen und ihre exorbitanten Gewinne nach Spanien transferiert. Repsol YPF ist vor Shell und Esso der größte Ölmulti in Argentinien und dominiert sowohl den Export als auch den Vertrieb. Mit den Protesten verfestigt sich offenbar die Einheit der Bevölkerung. Am Freitag Nacht verbündeten sich die Arbeitslosen mit ihrem großen Marsch durch die Hauptstadt mit den Topfschlägern und Gewerkschaften
Ziel der Proteste waren auch Installationen von Repsol, so blockieren zahlreiche Menschen die Zugänge zu einer Raffinerie der Firma. Mit dem Druck der Bevölkerung hat es Duhalde am Samstag erreicht, den Ölmultis wenigstens einen Waffenstillstand bis Montag abzuringen. Vorher sollen keine Maßnahmen getroffen werden. Über das gesamte Wochenende gab es Gespräche auf höchster Ebene zwischen Vertretern der Regierung und den Direktoren von Repsol YPF, Esso, Shell y Petrobras. Bisher ist über den Inhalt oder Ergebnisse noch nichts bekannt geworden. Einen Erfolg hat Duhalde offenbar bei der Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten erreicht. Ein Abkommen mit nationalen Laboratorien soll die Versorgung mit Basismedikamente garantieren und teure Produkte der multinationalen Pharmafirmen ersetzen.