Atlantic Council über die "Trojanischen Pferde des Kreml"

Seite 2: Die transatlantische Botschaft: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns

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Um das Gefährliche der "russischen Aggression" herauszustellen, wurde der Begriff der "hybriden Kriegsführung" geprägt, die letztlich vom Westen schon lange betrieben wurde. Bedrohlich wurde Russland allerdings, als sich das Land nicht länger zurückdrängen ließ, die Krim mit einem scheindemokratischen Manöver übernahm, um den strategisch wichtigen Stützpunkt der Schwarzmeerflotte zu erhalten, die Rebellen in der Ostukraine nach dem Putsch in Kiew unterstützte und auch damit begann, der westlichen Medienmacht eigene Auslandsmedien entgegenzusetzen. Die pflegen Propaganda und fördern Anti-EU- und Anti-USA-Bewegungen, aber auch nicht sehr viel einseitiger als die westlichen Medien, nur dass sie es offener machen und damit auch transparenter sind, was allerdings nicht intendiert sein dürfte, sondern einem autoritären Staat entspricht.

Wie in einem Drehbuch des Kalten Krieges markiert die Autorin des Atlantic Council das Spiel, dass jeder, der nicht für uns ist, gegen uns ist, also dass es keine differenzierten Positionen geben darf. Wenn unabhängige politische Menschen für engere Beziehungen mit Russland eintreten, die Aufhebung der Sanktionen fordern oder die EU und die Nato kritisieren, dann "legitimiert dies die Weltsicht des Kreml". Es sei für den Kreml daher wichtig, dass solche Äußerungen "von Personen oder Organisationen kommen, die bekanntermaßen nicht vom Kreml bezahlt werden". Diese Argumentation heißt aber auch, dass sofort jeder verdächtig ist, im Dienste von Russland zu arbeiten, der sich gegen die Sanktionen wendet oder es wagt, die EU oder die Nato zu kritisieren.

Daher wird gefordert, dass die Geheimdienste in Deutschland oder in Großbritannien doch die Finanzierung von Parteien, NGOs und Thinktanks überwachen sollten, um heimliche Geldströme aus Russland zu erkennen. Als Moskau aus eben diesem Grund ermöglichte, NGOs, die aus dem Ausland Geld erhalten, als "ausländischen Agenten" zu behandeln, sie schließlich auf eine schwarze Liste setzen und als "unerwünscht" erklären zu können, wurde dies heftig vom Westen kritisiert. Die Denkart scheint beim Atlantic Council aber dieselbe zu sein, wenn Paranoia vorherrscht und überall subversive Arbeit gewittert wird.

Dass es direkte Beziehungen zwischen russischen Interessen und rechten Parteien wie dem Front National gibt, weiß man. Dass es bei den Rechtsnationalen Sympathien mit Russland gibt, weil das Land nicht liberal ist, weiß man auch. Unter Pegida- oder AfD-Anhängern finden sich Freunde Russlands, die aber vor allem damit gegen die hierzulande herrschende Politik aufmucken und provozieren wollen. Wenn die Parteiführer sich von Russland einladen lassen oder sich in den Dienst von Moskau stellen, dann reagieren sich einerseits auf die Schwarz-Weiß-Rhetorik, aber wollen auch davon profitieren, von einer großen Macht ernstgenommen zu werden, die sie natürlich instrumentalisiert.

Aber wenn man die Instrumentalisierungs- und Ideologisierungsbemühungen von Organisationen wie dem Atlantic Council beobachtet, die angeblich die westlichen Werte von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten oder Transparenz vertreten, wird einem schier schlecht. Das Trojanische Pferd, das die Bindung an den Westen ins Wanken bringt, sind Organisationen wie der Atlantic Council mit seinem unverfroren vorgebrachten Populismus der Vereinfachungen, die völlig undifferenziert Gut und Böse verteilen und die Menschen verdummen wollen.

Polyakova konstatiert, dass die Bemühungen des Kreml, Netzwerke des politischen Einflusses zu schaffen, funktioniere. Das reiche von "Putin-Verstehern und nützlichen Idioten" über "Beeinflussungsagenten" bis hin zu Trojanischen Pferden, es gebe eine nicht näher genanntes Netzwerk von Organisationen und Personen, "die die russischen ökonomischen und geopolitischen Interessen unterstützen, die EU und die EU-Integration heruntersetzen, das Narrativ des westlichen Niedergangs propagieren und gegen die EU-Politik gegen Russland (vor allem gegen Sanktionen) votieren". So würden nach ihr die militärischen Interventionen Russlands in der Ukraine und in Syrien legitimiert, die transatlantischen Institutionen geschwächt und liberale demokratische Werte untergraben. Ausgebeutet würden die Offenheit und die Pluralität des Westens, was man lange übersehen habe. So werden der Brexit, die Flüchtlingskrise, der Vertrauensverlust in die etablierten Parteien und Medien und die Ankunft von nichtliberalen Führern in Ungarn und Polen letztlich als Folgen des russischen Einflusses dargestellt, der eine "langsame, metastasierende Bedrohung" darstellt.

Das ist alles eigentlich lächerlich, mit gutem Griff in die Wörterbücher des Kalten Kriegs geschrieben und für ein naives Publikum gedacht, das sich populistisch von einer allumfassenden Bedrohung umgeben sehen soll, die bereits in alle Winkel gekrochen ist. Erschreckend ist, dass dieses manichäische Weltbild der Guten, die vom Bösen gehackt werden, wohl ernst gemeint ist, zumindest meint man, damit politische Wirkung durch Dämonisierung und Angstmache erzielen zu können. So schließt denn das PsyOp-Stück der Atlantic-Council-Mitarbeiterin damit, dass die europäischen Regierungen nicht sehen wollen, dass ihre Demokratien zum Opfer eines ausländischen Einflusses werden können: "Britische, französische und deutsche Politiker müssen sich über die Gefahren durch den russischen Einfluss klar werden, bevor es zu spät sein wird."

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