Atommächte gegen neue Atombomben, aber für eigene Massenvernichtungswaffen
Seite 2: "Fahrplan" für die Fortsetzung der Konfrontation
- Atommächte gegen neue Atombomben, aber für eigene Massenvernichtungswaffen
- "Fahrplan" für die Fortsetzung der Konfrontation
- Wenn dann der Krieg losgeht, ist die Schuldfrage längst geklärt
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Wie die Geschichte weiterging, ist hinlänglich bekannt: Der Iran hielt sich an das Abkommen, wie die regelmäßigen Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO bestätigten.
Die auf das iranische Nuklearprogramm bezogenen Wirtschaftssanktionen hob der Westen auf (weitere Sanktionen im Zusammenhang mit Vorwürfen der Terror-Unterstützung und der Entwicklung von Raketen blieben allerdings in Kraft). "Ab Januar 2016 nahm der Handel mit Iran in allen Bereichen wieder Fahrt auf, und die iranische Wirtschaft wuchs in dem Jahr um zwölf Prozent.
Doch mit der Wahl von US-Präsident Donald Trump im November desselben Jahres folgte auf die anfängliche Euphorie schnell Ernüchterung: Die Sorge vor einem Politikwechsel in Washington hielt Unternehmen und potenzielle Investoren von weiteren Geschäften in und mit Iran ab."3
Sie taten gut daran. Denn im Mai 2018 stiegen die USA aus dem Abkommen aus und belegten den Iran wieder mit drastischen Sanktionen. Ferner drohten sie Firmen, die mit Teheran weiter Geschäfte machten, mit dem Ausschluss vom US-amerikanischen Markt.
Das zeigte Wirkung, weil kein Unternehmen dieses Risiko eingehen wollte. Die brüskierten Europäer, die so stolz auf das von ihnen maßgeblich ausgehandelte Abkommen waren, konnten dem nichts entgegensetzen.
Kein Wunder, dass der Iran sich nicht weiter mit dem Atomwaffenverbotsvertrag beschäftigte - angesichts der Situation beim Atomabkommen. Die erneuten Sanktionen trafen die Wirtschaft hart, der so wichtige Export von Erdöl brach ein. Da sich eine Vertragspartei offenbar nicht an die Vereinbarungen hielt, fühlten sich auch die Iraner nicht weiter daran gebunden.
Doch nun wird in Wien über einen "Fahrplan" verhandelt, wie das Abkommen wieder belebt werden kann. Der neue US-Präsident Joe Biden hat seine Bereitschaft signalisiert, über eine neue Vereinbarung zu reden. Aber bitteschön nicht direkt mit Teheran: Die Europäer dürfen vermitteln, gemeinsam mit Russland und China. Was ein wenig kindisch wirkt, jedoch das Ausmaß der Konfrontation zeigt.
Mit einem solchen Störenfried wie dem Iran setzt sich die erste Weltmacht nicht an einen Tisch und spricht mit ihm auf Augenhöhe. Unterordnung ist angesagt, schon in der Form der Gespräche. So lautet die harte diplomatische Botschaft.
Wer den Verlauf von Geschäft und Gewalt stört, gefährdet den Frieden
Wie auch immer die Verhandlungen in Wien ausgehen: Einen Atomwaffen-Emporkömmling Iran darf es nicht geben. Nicht für die USA, nicht für die Europäer - und auch nicht für China und Russland: Hierin ist man sich einig, im Umgang mit dem Staat indes nicht. Beide Weltmächte unterhalten wirtschaftliche und militärische Beziehungen mit Iran.
Erst im März unterzeichneten Peking und Teheran ein auf 25 Jahre angelegtes Abkommen über eine Zusammenarbeit bei Handel, Wirtschaft und Transport. Gemeinsam mit Russland veranstalteten die beiden Ende 2019 ein großes Marinemanöver im Indischen Ozean und im Golf von Oman.4
Im Hinblick auf das Atomabkommen allerdings fahren sie keinen eigenen Kurs. "Wir denken, es ist besser, Differenzen und offene Fragen direkt anzugehen und auf diesem Weg Antworten zu erhalten", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow der Zeitung The Tehran Times zur Unterstützung der Verhandlungen5.
Offenbar wollen weder Moskau noch Peking den Fall Iran zum Streitpunkt mit den USA machen, jedenfalls bisher nicht. Sondern erst einmal durch die Vermittlung der Gespräche über die Wiederbelebung des Atomabkommens das Geschehen unmittelbar beobachten und beeinflussen.
Für die USA wäre ein Iran mit Atomraketen schwerer unter Druck zu setzen. Die strategischen Interessen der US-Amerikaner in der Region träfen auf eine noch stärkere Gegenmacht. Oder anders gesagt: Der "Frieden" wäre ernsthaft gefährdet. Der steht nämlich dann auf der Kippe, wenn Staaten den reibungslosen Verlauf von Geschäft und Gewalt durch eigenmächtige Kalkulationen stören.
Aus dieser Perspektive ist es gar nicht merkwürdig, dass die Gefahr für den "Frieden" in der Region und darüber hinaus hauptsächlich von Iran ausgeht. Es ist daher genauso wenig merkwürdig, wenn diesen "Frieden" die Staaten mit dem stärksten Militär überwachen.
Das versetzt sie schließlich in die Lage, widerspenstige Staaten in ihre Schranken zu weisen. Die sind dann die "Bösen", die den friedlichen Gang der Geschäfte und Einflussnahmen der "Guten" stören.
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