Auf Dauer billiger: Öko-Landbau

Fruchtbare Böden sind nicht alles. Aber alles ist nichts ohne fruchtbare Böden. Symbolbild: Alupus / Wikimedia Commons

Aktuelle Studie verdeutlicht: Der Umbau der Landwirtschaft ist auch ökonomisch notwendig. Er spart Milliarden an Folgekosten. Eine große Rolle spielen kostenlose "Dienstleistungen" aus der Natur.

Je schneller der Umbau auf ökologischen Landbau erfolgt und je größer die Anbaufläche ist, desto mehr Kosten werden eingespart und umso effektiver wird die Umwelt entlastet. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie an der Technischen Universität München, in der Wissenschaftler Umwelt- und Klimawirkungen sowohl im Öko- als auch im konventionellen Landbau untersuchten.

In einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren untersuchten sie, wie viele Treibhausgase pro Hektar einerseits in der konventionellen, andererseits in der Öko-Landwirtschaft emittiert werden. Dafür verglichen sie die Ergebnisse aus einem deutschlandweiten Netzwerk von Pilotbetrieben – bestehend aus 40 Biohöfen sowie 40 konventionellen Betrieben.

Ergebnis: Wegen der besseren Stickstoff- und Treibhausgasbilanz werden im Ökolandbau 750 bis 800 € pro Hektar und Jahr eingespart. Damit liege sie deutlich höher als die derzeitige Förderung von Öko-Flächen mit 250 € pro Hektar. Bei ihrer Rechnung gingen die Autoren von mittleren Umweltkosten für die Stickstoff- und Treibhausgasemissionen aus.

Im ökologischen Pflanzenbau halbieren sich die flächenbezogenen Treibhausgasemissionen. Der Grund dafür liegt im Verzicht auf Mineraldünger und synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft wird gerade einmal die Hälfte der eingesetzten Energie benötigt, infolgedessen wird weniger Kohlendioxid emittiert.

Unterschiede ergeben sich auch in den produktbezogenen Umweltkosten: Im Hinblick auf Energieeinsatz und Treibhausgasemissionen schneidet ein fertiges Bioprodukt im Vergleich zum konventionell erzeugten Produkt um rund 20 Prozent besser ab.

Zwar werden in der konventionellen Landwirtschaft oft höhere Erträge in kürzerer Zeit produziert. Doch es werden auch große Mengen an Stickstoff, Methan, Lachgas etc. emittiert. Sie vergiften die Umwelt und heizen das Klima an.

Wer die Umwelt belastet, verursacht Kosten, die von der gesamten Gesellschaft und zudem auch von künftigen Generationen zu zahlen sind. Glaubt man der Zukunftskommission Landwirtschaft, so betragen allein die durch Landwirtschaft verursachten Umweltschäden hierzulande 90 Milliarden Euro.

Konstanter Humusaufbau liefert stabilere Erträge

Im Detail begründen die Wissenschaftler die Ergebnisse wie folgt:

• Nachhaltige Stickstoffkreisläufe: Im Ökolandbau reduziert sich der Stickstoffeinsatz um etwa 100 Kilogramm je Hektar. Dies bedeutet weniger Gase wie Ammoniak, Lachgas, Nitrat in der Umwelt – mit positiven Auswirkungen auf Biodiversität und Trinkwasserschutz.

• Weil auf Mineraldüngerstickstoff und chemische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird, halbiert sich der Energieeinsatz pro Hektar. Auch der Verzicht auf Soja in der Tierfütterung vermindert Emissionen.

• Humusaufbau und Bodenkohlenstoffbindung: Vielfältige Fruchtfolgen sorgen dafür, dass der Boden Humus aufbaut, Kohlenstoff bindet und somit ertragsstabiler wird.

In Deutschland umfasst die Öko-Anbaufläche 1,8 Millionen Hektar (Stand 2021). Damit wurden bereits heute rund 1,5 Milliarden Euro eingespart, erklärt Studienleiter Kurt-Jürgen Hülsbergen vom Fachgebiet Ökologischer Landbau und Pflanzenbausysteme an der TU München. Sollten die Öko-Flächen bis 2030 wie geplant auf 30 Prozent ausgebaut werden - ein erklärtes Ziel der Bundesregierung - steige die Ersparnis pro Jahr sogar auf vier Milliarden Euro.

Häufig wird kritisiert, der Ökolandbau verbrauche zu viel Fläche, um global genug Lebensmittel zu erzeugen. Studien zufolge ist der Ökolandbau wegen seines erhöhten Flächenbedarfs sogar "klimaschädlicher" ist als der konventionelle Anbau. Der Ökolandbau sei keine universelle, weltrettende Maßnahme. Beim Ökobilanzierungsverfahren müsse jeder einzelne Betrieb betrachtet werden, entgegnet Oleg Panferov.

In jedem einzelnen Fall müsse kalkuliert werden, mit welcher Methode mehr Treibhausgase ausgestoßen und zusätzlich Schäden an der Natur verursacht werden, erklärt der Experte für Klimawandel und Klimaschutz an der TH Bingen. Erst dann könne entschieden werden, wie standortbedingt vor Ort gewirtschaftet werde. Wichtig sei, welche Netto-Emissionen unterm Strich ausgestoßen werden. Einfache Maßnahmen wie Überdüngung vermeiden oder Erneuerbare Energien zu nutzen.

Biobauern nutzen kostenlose Dienstleistungen aus der Natur

Der Ökolandbau fördert die Artenvielfalt, erhält fruchtbare Böden und hält das Wasser sauber. Darüber hinaus nutzt er die kostenlosen Ökosystemdienstleistungen.

"Vom Ökolandbau profitiert die Artenvielfalt von Pflanzen und Wildbienen besonders. Die beobachteten Vorteile konzentrieren sich jedoch vor allem auf Ackerfläche", erklärt Kurt-Jürgen Hülsbergen. Von 2010 bis 2013 untersuchte er mit gemeinsam mit einem Wissenschaftler-Team die Frage, ob der ökologische Landbau und extensive Formen der Landnutzung die Biodiversität fördern.

Im Zentrum der Untersuchung stand die Frage, ob auf ökologischen Betrieben mehr Arten vorkommen als auf konventionellen Nachbarbetrieben. Das Wissenschaftler-Team führte Analysen in 16 bayerischen Milchviehbetrieben durch. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie 2014 in einer Studie.

Die Forscher untersuchten Pflanzen, Regenwürmer, Spinnen und Bienen auf 1470 Feldern von 205 zufällig ausgewählten ökologischen und konventionellen Betrieben in zwölf europäischen und afrikanischen Regionen mit sehr unterschiedlichen natürlichen Produktionsbedingungen. Dafür wurden in jeder Region standorttypische Betriebe nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Die Hälfte davon wurde mindestens fünf Jahre lang ökologisch bewirtschaftet.

Untersucht wurden Futterbaubetriebe in der Schweiz, Ackerbaubetriebe in Österreich und Südfrankreich, Betriebe mit Wein- und Olivenanbau in Italien und Spanien Betriebe, aber auch kleinbäuerliche Selbstversorgerbetriebe in Uganda.

Während die Forscher auf Bio-Äckern deutlich mehr Arten fanden als auf Nicht-Bio-Äckern, war dies auf Wiesen oder in Rebkulturen nicht der Fall. Die untersuchten Artengruppen - Pflanzen, Regenwürmer, Spinnen und Wildbienen - profitierten in unterschiedlichem Maß von der ökologischen Bewirtschaftung. So wurden auf Öko-Flächen mehr Pflanzen- und Wildbienenarten gefunden als auf konventionellen, nicht aber mehr Arten an Spinnen und Regenwürmern.

Wurden Arten aus Randflächen wie Hecken oder Feldrändern in den Vergleich einbezogen, waren die Unterschiede zwischen beiden Anbauweisen noch geringer. Offenbar kommen die auf Öko-Äckern gefundenen Arten in den übrigen Betrieben eher in den Randbereichen vor, daher verändere sich die gesamte Artenzahl kaum, resümiert Projektleiter Max Kainz, Projektleiter.

Kot der Regenwürmer liefert Gratis-Dünger

Die Autoren empfehlen, die Anzahl an Lebensräumen durch Strukturelemente wie Gehölze, Grasstreifen oder Brachflächen zu erhöhen. Dort, wo sich die zusätzlichen Lebensräume vom Rest der Betriebsfläche unterscheiden, zum Beispiel Hecken in Graslandbetrieben oder Krautstreifen in Ackerbaubetrieben, erhöhe sich die Zahl der Arten insgesamt.

Der Ökolandbau profitiert von natürlichen Kreisläufen, insbesondere von der Arbeit der Regenwürmer, die sich von abgestorbenen Pflanzenresten, Blättern und Mikroorganismen ernähren. Im Darm werden Pilze, Bakterien und organisches Material zersetzt. Mit dem Kot werden pflanzenverfügbarer Stickstoff, Phosphor und Kalium ausgeschieden - ein idealer Dünger für die Pflanzen. So leisten bis zu drei Millionen Regenwürmer pro Hektar wertvolle Arbeit im Boden.

Allerdings wird die Zahl der Regenwürmer stark von landwirtschaftlichen Eingriffen beeinflusst, wie eine Studie von 2014 zeigt. Demnach fördert eine nicht-wendende, reduzierte Bodenbearbeitung die Zahl der Regenwürmer. Während einer Kleegras-Grünbrache innerhalb der Fruchtfolge ruht der Boden, so dass die Würmer in ihrer Tätigkeit weniger gestört werden. Auf diese Weise können Bodenruhephasen negative Effekte des Pflügens auf Regenwürmer teilweise ausgleichen.

Trotz Teuerung und Umsatzeinbruch ein Öko-Umbau ist nötig

Vor dem Hintergrund hoher Energiepreise und unsicherer wirtschaftlicher Entwicklung sei der Umsatz im Biofachhandel seit März 2022 eingebrochen, klagen Agrarexperten. So verteuerten sich während der letzen beiden Jahre vor allem Futtermittel, Pestizide und Mineraldünger. Für Ökobauern entfallen zwar Agrochemie und Mineraldünger.

Auch stammen Futtermittel häufig zu einem großen Teil vom eigenen Hof. Weil im Ökolandbau der Anteil der mechanischen Bodenbearbeitung höher ist, schlagen auch die hohen Treibstoffkosten für Fahrzeuge deutlicher zu Buche, was sich im Lebensmittelpreis widerspiegelt.

Wegen der hohen Inflation gebe es eine Kaufzurückhaltung bei teureren Lebensmitteln. Dies bremse einen schnelleren Wandel zu mehr Biolandwirtschaft. Laut Destatis lagen die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte im Dezember 2022 rund 30 Prozent höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Reformhäuser und Naturkosthändler litten derzeit unter massiven Umsatzeinbruch, erklärt Bauernpräsident Joachim Rukwied in Berlin. Bioprodukte werden neuerdings verstärkt im Discountbereich angeboten. Vor diesem Hintergrund seien Landwirte vorsichtig, was auf eine Umstellung auf Öko-Landbau betrifft.

Gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation sei es wichtig, die vorhandenen Ökoanbauflächen zu erhalten und den Absatz von Bioprodukten zu stärken und zu stabilisieren, fordern die Experten. Trotz aller Hürden sollte die Ökoanbaufläche zügig weiter ausgebaut und das 30-Prozent-Ziel umgesetzt werden.