Aus dem Westen nichts Neues: Inwiefern die Wahl der neuen RBB-Intendantin Probleme nicht löst
Seite 3: Freienvertretung spricht von "Statthalterin Buhrows"
- Aus dem Westen nichts Neues: Inwiefern die Wahl der neuen RBB-Intendantin Probleme nicht löst
- Was Katrin Vernau mit dem Sendegebiet zu tun hat – und was mit dem WDR
- Freienvertretung spricht von "Statthalterin Buhrows"
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Dass Katrin Vernau nicht, auf ihre betriebswirtschaftliche Weise, Klartext geredet hätte, kann man der neuen RBB-Intendantin ganz sicher nicht vorwerfen. Und zumindest die relativ kämpferische Freienvertretung des RBB hat das offenbar ziemlich gut verstanden: Man sehe in Vernau "eine Statthalterin Buhrows" und eine Vertreterin der Arbeitgeberseite.
Grundsätzlich freilich gilt, über die konkrete Personalie hinaus und auf die Strukturen geschaut: Öffentlich-rechtliche Anstalten können, selbst wenn ihr Spitzenpersonal vollkommen integer agiert und die dortigen Journalist*innen professionell arbeiten, nur bedingt "staatsfern" oder gar komplett "unabhängig" sein, obwohl sie es sein sollten.
Denn dieselben Parlamentsmehrheiten, die in den Ländern oder – für das ZDF und das Deutschlandradio – im Bund die Regierung wählen, bestimmen mit dieser Regierungsmehrheit auch die relevanten Mediengesetze und Medienstaatsverträge.
Sie bestimmen zudem, was in den jeweiligen Rundfunkräten als gesellschaftlich relevante Gruppe gilt und bestimmen praktisch auch, welche Leute (oft als direkte oder indirekte Abgesandte der jeweiligen Parteien oder sonstigen Interessengruppen) in diesen Aufsichtsgremien vertreten sind. So bestätigen und reproduzieren sich Machtverhältnisse – daher sollten wir über diese Struktur-Probleme reden und nicht nur über sicher fragwürdiges Verhalten einzelner Spitzen-Leute.
Denn, und das mag einer der Gründe für die "Rote Laterne" des RBB im ARD-internen Quotenranking sein: Für das Problematische solcher strukturellen Kopplungen scheinen nicht wenige Ostdeutsche auch aufgrund von DDR-Erfahrungen, Wende-Hoffnungen sowie Nachwende-Enttäuschungen besonders sensibilisiert.
Was bleibt (zu tun)? Nun, etwa strukturelle Demokratisierungen nicht zuletzt der Medien: Räte des Publikums und Räte der Mitarbeitenden könnten im progressiven Sinne zu Vergesellschaftung – nicht Verstaatlichung! – beitragen.
Publikumsräte im Sinne von Repräsentanz möglichst der gesamten Gesellschaft mögen dafür extra gewählt werden – aber vielleicht, um entsprechend aufwändige Wahlkämpfe zu vermeiden, besser noch aus der gesamten Bevölkerung repräsentativ und zufällig "ausgelost" werden.
Dann sollten diese 30 oder 50 Menschen für zwei oder vier Jahre in diesem Ehrenamt als Kontrollorgan der Anstalten soziale Arbeit fürs Gemeinwesen leisten, mit entsprechenden Ressourcen versehen, wie Weiterbildung in Medienfragen und natürlich bezahlter Reduktion ihrer bisherigen Erwerbsarbeit.
Ähnlich wie Schöffen im Bereich der Rechtsprechung, nur eben im Feld der Medien. Damit vor allem das Programm nachhaltig besser wird, also der Gesellschaft in so wichtigen Bereichen wie Themenauswahl und Meinungsspektren bestmöglich entspricht.
In dieser Richtung könnten wir – als Gesellschaft – uns unsere öffentlich-rechtlichen Medien "auf erweiterter Stufenleiter" (Karl Marx) zurückholen – und damit für uns gleichsam dialektisch „aufheben“ auf ein neues Niveau.