Australien auf dem griechischen Weg?

Seite 2: Abhängigkeit von Rohstoffen und vor allem einem Abnehmerland: China

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Die Lage in Australien ist nicht nur von einer mangelnden Diversifizierung geprägt, sondern das Land hängt zudem besonders stark von einem Abnehmer ab. Denn es war das bisher rohstoffhungrige China, das dem roten Kontinent auch dann noch Wachstum sicherte, als es in Europa und den USA in den Jahren der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich bergab ging. Das Reich der Mitte trieb den Rohstoffboom in Australien an und machte es davon abhängig. Mehr als 50% aller australischen Exporte waren schon 2012 Rohstoffe. Der Anteil soll inzwischen auf 65% gestiegen sein. Damit hat sich die Abhängigkeit vor allem von China deutlich vergrößert. China nahm schon 2012 insgesamt 70% des australischen Exportschlagers Eisenerz ab. Und beim zweitwichtigsten Exportgut, nämlich der Kohle, lag China mit mehr als 16% hinter Japan an zweiter Stelle.

Doch nun stottert der bisherige Wachstumsmotor China und lässt Australien immer stärker erzittern. Denn das Riesenreich nimmt die enormen Mengen nicht mehr ab und zudem ist mit Brasilien ein starker Konkurrent aufgetaucht. Aus Brasilien, Mitglied der Brics-Staatengruppe, schickt nun die Firma Vale direkt die weltgrößten Frachter mit Eisenerz zum Brics-Partner China. Vale ist nun weltweit der größte Exporteur dieses Rohstoffs und hat seinen Marktanteil auf mehr als ein Drittel gesteigert.

Dagegen versuchen sich Hancock und Australien über die Notenbank zu stemmen. Die geforderten Lohneinbußen zielen auf ein Anheizen des Preiskriegs ab. Denn die australische Bergbaumagnatin Rinehart hat etwa zehn Milliarden US-Dollar in eine neue Mine investiert. In Roy Hill sollen demnächst weitere Millionen Tonnen Eisenerz gefördert werden. Doch wohin mit dem Material, wenn der bisherige Hauptabnehmer schwächelt? Die chinesische Wirtschaft soll zuletzt im ersten Semester nur noch um 7% gewachsen sein, das Wachstum lag damit noch tiefer als die 7,4% im Gesamtjahr 2014.

Dabei gibt es sogar Anzeichen, dass die Planer in Peking die Zahlen nach oben frisiert haben, das Wachstum fällt vermutlich sogar schon geringer aus. Aus dem Reich der Mitte kamen zuletzt dramatische Nachrichten. Da war kürzlich der Börsencrash, als die Kurse um 30% in die Tiefe rauschten und mit ihnen der Preis für Eisenerz. Mit größter Mühe und außergewöhnlichen Maßnahmen konnte ein weiterer Kurssturz zunächst verhindert werden. Aber die schlechten Nachrichten halten an. Gerade musste VW melden, dass man die Produktion in China zurückfahren will. Im Juni seien auf dem weltweit größten Automarkt 22 Prozent weniger Wagen der Kernmarke Volkswagen als im Vorjahr verkauft worden.

Viel dramatischer für australisches Eisenerz ist aber, dass in China der Immobilienboom zu Ende geht und dort eine riesige Blase am Platzen ist, die sich dort seit Jahren gefährlich aufbläht (China tritt auf die Bremse ...) Davor muss vor allem Australien zittern, aber nicht nur Australien. Denn in den rund 6,6 Gigatonnen Beton, die im Reich der Mitte allein zwischen 2011 und 2013 verbaut wurden, steckt massenweise Baustahl, der aus Eisenerz gewonnen wird. China hat damit mehr Beton und (vermutlich auch Stahl) verbaut, als die USA im gesamten vergangenen Jahrhundert (China: Der namenlose Aktiencrash).

Bisher hat auch Australien versucht, den Auswirkungen über einen Währungskrieg zu begegnen und die Folgen zu mildern. In den verzweifelten Wettlauf ist auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit aller Wucht und mit allen Gefahren eingestiegen, um die Exporte in Gebiete außerhalb der Eurozone billiger zu machen. Wie der Euro hat auch der australische Dollar seit Anfang 2014 ein Viertel an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren und damit auch gegenüber der chinesischen Währung, die an den Dollar gekoppelt ist. Die Politik der australischen Notenbank hat zum Ziel, den Rohstoffproduzenten auf den internationalen Märkten Vorteile zu verschaffen oder sie gegenüber Konkurrenten zu stützen.

Das hat aber auch dramatische Nebenwirkungen. Denn schon darüber ist internationale Kaufkraft der Australier geschwächt, was durch Lohnsenkungen weitergeführt wird. Es ist also auch in Australien die gefährliche Abwärtsspirale zu beobachten. Als Nebeneffekt ist zu beobachten, dass die Handelsbilanz inzwischen tief im roten Bereich steckt. Das Defizit ist im April auf 4,14 Milliarden australische Dollar angeschwollen. Es wird erwartet, dass es mit den fallenden Rohstoffpreisen weiter steigt und damit die Verschuldung, wenn nicht auch Australien auf Austeritätskurs gehen will. Wenn das Angebot demnächst zusätzlich durch die neue riesige Mine in Roy Hill weiter steigt, darf wohl kaum angesichts der Lage in China mit steigenden Preisen für Eisenerz gerechnet werden. Hancock schickt sich an, im September die größte Mine in Australien auszubeuten und will dort 55 Millionen Tonnen Eisenerz im Jahr fördern.