Australier müssen Web-Filterprogramme kaufen
Zensurgesetz tritt demnächst in Kraft; EFA verlegt Webserver vorsorglich ins Ausland.
Mit dem Jahr 2000 könnte nicht nur der Millenniumsbug zuschlagen, sondern auch der Zensur-Bug, zumindest für die Bewohner des fünften Kontinents. Die in Australien und international kritisierte Internetgesetzgebung möchte das Land als Ganzes von schädlichen Inhalten aller Art abgeschottet sehen. Internetnutzer werden per Gesetz gezwungen, von ihren Service Providern "geprüfte" Web-Filtersoftware zu kaufen. Electronic Frontiers Australien (EFA) protestiert in einer Presseaussendung gegen die Maßnahmen, welche "die Intelligenz und das Werteverständnis der australischen Bürger beleidigen". Möglichen Repressalien vorbeugend wurde der Server der Lobbyorganisation für elektronische Bürgerrechte schon einmal in die USA verlegt.
Die neuesten Details, gegen die EFA nun protestiert, sind Teil eines Code of Practice für Internetzugangsversorger. EFA hatte schon mit allen Mitteln versucht, das Gesetz selbst zu verhindern. In den nun bekannt gewordenen Details sieht man nocheinmal eine Verschlechterung der Situation. EFA-Vorstandsmitglied Danny Yee beklagte:
"Die Regierung hat versprochen, dass die Regelung auf der Basis von Beschwerden erfolgen soll und dass nur der Zugang zu solchen Materialien unterbunden wird, die von der Australian Broadcasting Authority (ABA) als verboten kategorisiert werden. Kommerzielle Filterprogramme blockieren allerdings den Zugang zu Millionen von Websites, die von der ABA im Einzelnen gar nicht überprüft werden. "
"Besonders besorgniserregend ist, dass die Listen der zu blockierenden Sites geheim sind und dass die blockierten Sites nicht informiert werden", sagte Yee. Das sei nicht konsistent mit der Vorgehensweise bei anderen Medien, bei denen die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat zu wissen, welche Bücher oder Filme auf dem Index stehen und warum. Die sogenannten "geprüften" Lieferanten von Filtersoftware sind laut Yee durchwegs amerikanische Unternehmen oder australische Firmen, die australische Produkte unter anderem Namen weiterverkaufen. Typischerweise würden diese Programme die Werte des amerikanischen "Bibelgürtels" wiederspiegeln, wobei manche Produkte kein Geheimnis daraus machen, jegliche feministischen, schwulen, lesbischen oder linken Inhalte zu blockieren.
In Australien und USA durchgeführte Studien würden beweisen, dass Filtersoftware massive "seitliche Schäden" anrichtet, indem ganze Domänen mit durchwegs ernsthaften Inhalten blockiert werden, wie etwa der Server, der die Parlamentsprotokolle des Staates Queensland veröffentlicht oder alles, was sich unter deja.com befindet.
Barry Steinhardt, Direktor der American Civil Liberties Union, sagte zu der australischen Webfilterverordnung:
"Australien ist für all jene eine ernüchternde Lektion, die bisher behauptet haben, dass die Förderung freiwilliger Webfilterprogramme der direkten Regierungszensur einen Riegel vorschiebt. Im Gegenteil, diese liefern nun der Regierung dieses "freien" Landes die Werkzeuge für Zensur, die den Nutzern aufgezwungen wird".
In einer weiteren Presseaussendung kündigte EFA an, dass der Webserver der Organisation präventiv in die USA verlegt wird. Da es keine Richtlinien für Zensur gäbe, die denen von Literatur oder Film entsprächen, könne man sich nicht sicher sein, ob Materialien auf dem EFA-Server nicht plötzlich als "verbotene Inhalte" bezeichnet werden. Nichts würde Informationssuchende mehr abschrecken, als aufwendige und die Privatsphäre unterwandernde Mechanismen zur Verifikation des Alters. Auch habe man keinesfalls vor, Aufforderungen Folge zu leisten, den Server zu schließen, wie sie von manchen politischen Vertretern bereits geäußert worden seien. Man wolle sich die Freiheit bewahren, die drakonischen Zensurgesetze in Australien international zu kritisieren.