Australische Regierung billigt Gesetz zur Internetzensur

"Ein trauriger Tag für die Zukunft des Internet"

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Das australische Parlament hat am Mittwoch ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das australische Internetprovider dazu zwingt, indizierte Seiten innerhalb von 24 Stunden nach Aufforderung von Websites zu entfernen oder den Zugang zu Websites zu sperren, die auf Servern im Ausland liegen.

Das Gesetz (Broadcasting Services Amendment (Online Services) Bill 1999) wurde von Richard Alston, Minister für Kommunikation, Informationstechnologie und Künste, eingebracht, um vornehmlich Pornographie für Kinder im Internet unzugänglich zu machen. Zuständig für die Indizierung ist die Australian Broadcasting Authority, die allerdings nur nach Beschwerden in Aktion treten soll. Sollte das Gremium zum Schluß kommen, daß Inhalte auf einer Website verboten oder anstößig sind, kann es den Provider auffordern, die Site zu löschen. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldstrafe bis zu 18000 US-Dollar bestraft werden. Unklarer ist die Situation bei Inhalten auf Servern, die sich außerhalb von Australien befinden. Der Zugang muß gesperrt werden, doch wird keine bestimmte Filtertechnik verlangt. Die Filterung soll überdies den Providern keine unnötigen technischen, finanziellen und organisatorischen Belastungen bescheren. In Kraft tritt das neue Gesetz am 1. Januar 2000, ein symbolisches Datum.

Kritiker fürchten, daß damit das Wachstum der Internetökonomie gebremst würde und sich Australien in eine Reihe von Ländern wie China oder Saudi-Arabien stelle, in denen gleichfalls der Zugang zum Internet gefiltert wird. Allerdings sind sie auch der Meinung, daß die Zensurversuche nicht funktionieren werden und Anbieter sowie Interessierte stets die Möglichkeit haben werden, die Filter zu umgehen.

Die Electronic Frontier Australia, die eine Kampagne gegen die Gesetzgebung durchgeführt und diese mit Orwells Visionen in "1984" verglichen hatte, weil sie die Meinungsfreiheit einschränkt, fordert jetzt den Rücktritt von Alston. Der Minister habe gezeigt, daß er trotz der von vielen Seiten kommenden Kritik das Internet und den Unterschied zwischen dem Internet und dem Fernsehen nicht begreife. Die Mehrheit der Australier wolle keine verstärkte Zensur, egal in welchem Medium. Darce Cassidy, der Direktor der EFA, fürchtet, daß sich die australische Regierung mit diesem Gesetz vor der Weltöffentlichkeit lächerlich mache: "Es wird sich schnell herausstellen, daß nationale Regierungen keine Macht haben, die Information in einem weltweiten Kommunikationssystem zu kontrollieren, und daß diese Gesetzgebung die Kinder nicht schützen kann." Die Verabschiedung des Gesetzes sei ein "trauriger Tag für die Zukunft des Internet und eine Tragödie für die Demokratie".

Kritiker fordern zu einer Blockade auf, bei der alle, die von einem gov.au Server eine Website aufrufen wollen, zu einer Protestadresse umgeleitet werden. 2600 bietet Möglichkeiten an, wie man durch die Benutzung eines anderen Proxy die Zensur umgehen kann. Who.is.com.au fordert zur Umgehung der Zensur zur Benutzung eines Proxy in den USA auf.