BGH: Generisches Maskulinum diskriminiert nicht
Im Sparkassenformularfall hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass es auf "die objektive Sicht eines verständigen Dritten [und] nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person" ankommt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken zurückgewiesen, mit dem die 80-jährige Marlies K. ihre Sparkasse dazu zwingen wollte, sie auf Formularen nicht mit "Kunde" und "Kontoinhaber", sondern mit "Kundin" und "Kontoinhaberin" anzusprechen (Az. VI ZR 143/17).
In dem Urteil, das noch nicht gedruckt und ausführlich vorliegt, kommen die Richter zum Ergebnis, dass die Ansprache weder gegen K.s Persönlichkeitsrecht noch gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz oder den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt.
"Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als die Vergleichsperson", ist dem BGH zufolge nämlich "die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person". Ein verständiger Dritter erkennt dem Bundesgerichtshof nach, dass das sprachlich natürlich gewachsene generische Maskulinum objektiv gesehen sowohl Männer als auch Frauen umfasst und "keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck [bringt], deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist."
Genus und Sexus
Das hatten bereits das Amtsgericht und das Landgericht Saarbrücken festgestellt, das sich zudem Gedanken darüber gemacht hatte, was passiert, wenn sich K. mit ihrem Anliegen durchsetzt: Dann würden bereits jetzt schwer verständliche Formulare noch schlechter lesbar - und das wäre dann tatsächlich eine Ungleichbehandlung, bei der man alle Nichtjuristen unter den Sparkassenkunden benachteiligen würde.
Wie der Hamburger Rechtsanwalt und Blogger Christoph Nebgen in seinem Kommentar zum heutigen Urteil zutreffend anmerkt, ist das Geschlecht bei Bankkunden irrelevant, weshalb es K. offenbar darum ging, das generische Maskulinum ganz abschaffen. Allerdings haben Genus und Sexus, das grammatische und das biologische Geschlecht, gar nichts miteinander zu tun.
Das wird zum Beispiel daran deutlich, dass viele Gestirne und Gegenstände im Deutschen ein anderes grammatisches Geschlecht haben als im Französischen. Auch Nachnamen, die im Deutschen (anders als im Bairischen und in den slawischen Sprachen) nicht nach dem Geschlecht dekliniert werden, geben keinen Hinweis auf das biologische Geschlecht. Sonst müsste sich die Saarländerin "K." selbst "K.in" nennen.
Darauf, dass es bei trotzdem geltend gemachten Benachteiligungsbehauptungen nicht um die Sache geht, weisen auch die feministischen Forderungen im angloamerikanischen Raum hin, wo man - ganz anders als in Deutschland - mit "Waiter" statt "Waitress" ein generisches Maskulinum durchsetzen will.
Nimmt das Bundesverfassungsgericht den Fall an?
In Sozialen Medien mutmaßen viele Nutzer, dass das Alter, in dem manche Menschen merkwürdig werden, ein wichtiger Hintergrund der Klage der K. war. Dagegen spricht, dass die Saarländerin bereits seit den 1990er Jahren mit ähnlichen Projekten auffällt - unter anderem gegen Behörden und gegen Meteorologen, die Hochdruckgebieten männliche Vornamen gaben. Nun hat sie angekündigt, mit ihrem Sparkassenformularfall vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Ob das die Annahme ablehnt, weil es Wichtigeres zu tun hat, ist offen. Seit 2010 sitzt dort nämlich auch die umstrittene Richterin Susanne Baer, die auf dem Ticket der Grünen nach Karlsruhe kam. Vorher war sie Professorin auf einem Gender-Lehrstuhl an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität und Leiterin des dortigen (ganz offiziell so geschriebenen) "GenderKompetenzZentrums". Ihre öffentlich geäußerten Rechtsauffassungen überraschen anhand dieser Vita nicht.