BKA-Besuch im Knast
Seite 2: Vernehmer fragten nach einem Sachverhalt, der gar nicht in dem Artikel stand
- BKA-Besuch im Knast
- Vernehmer fragten nach einem Sachverhalt, der gar nicht in dem Artikel stand
- Ein anderer Fall von Weitergabe vertraulicher Informationen aus dem Ausschuss
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Insgesamt vier Stunden dauerte der Besuch. Dabei wollten die Kriminalbeamten auch Dinge wissen, die mit der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" nicht gerade etwas zu tun haben. Zum Beispiel, was O. für die Informationen bekommen habe. Sie seien verwundert gewesen, als sie erfuhren, dass weder Geld geflossen ist noch verlangt wurde.
Und dann fragten die Vernehmer noch nach einem Sachverhalt, der gar nicht in dem Artikel stand. O. will nämlich das Gespräch mit dem Verfassungsschützer Günter S. im Sommer 2003 verdeckt aufgezeichnet haben. Er hat das in Briefen sowohl gegenüber dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) als auch dem NSU-Untersuchungsausschuss von Baden-Württemberg erwähnt. Das BKA wollte wissen, wo diese Aufzeichnungen sind, um sie zu holen.
O. verweigerte beharrlich die Auskunft. Er will die Aufzeichnungen, die an einem geheimen Ort lagern sollen, selber holen, sobald er auf freiem Fuß sei, erklärte er. Ob diese Aufzeichnungen tatsächlich existieren, ist schwer zu überprüfen. Dass Torsten O. im Jahre 2003 Täterwissen hatte, kann auch ohne sie als belegt gelten - durch das Zeugnis des Ex-Verfassungsschützers S. sowie die historische Verifizierung des NSU nach 2011.
Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang nun eine ganz andere Frage: Gab der Untersuchungsausschuss vertrauliche Informationen eines Zeugen an Ermittlungsorgane weiter? Noch dazu, ehe er den Zeugen - ein zweites Mal - selber vernommen hat. Laut O. sollen die BKA-Beamten einen Mitarbeiter des Ausschusses zitiert haben, mit dem er telefoniert hatte. Kamen die Hinweise also von dort?
Das Sekretariat des Ausschusses bestreitet das: "Mit der Behörde des Generalbundesanwaltes oder dem Bundeskriminalamt hat keinerlei Kommunikation betreffend Herrn O(…) und seinen Erklärungen gegenüber dem Ausschuss stattgefunden. Insbesondere wurden diesen Behörden keine Protokolle, Vermerke, Briefe oder andere Unterlagen zugesandt, die Herrn O(…) oder seine Erklärungen gegenüber dem Untersuchungsausschuss betreffen", lässt der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) schriftlich mitteilen.
Drexler scheint die Brisanz der Frage bewusst zu sein. Denn gleichzeitig weist er darauf hin, dass Briefe von O. und Gesprächsvermerke "im Untersuchungsausschuss verteilt" wurden. Er legt also nahe, Informationen könnten von anderen Ausschussmitgliedern weitergegeben worden sein - der Versuch einer Absicherung.
Doch wie passt das damit zusammen, dass O. bei den BKA-Beamten ein Schreiben mit dem Landtagsbriefkopf gesehen haben will? Den Briefkopf kennt er aus seinem eigenen regen Schriftverkehr mit dem Ausschuss zur Genüge. Der bleibt dabei: "Keinerlei Kommunikation mit GBA oder BKA." Ausgerechnet die oberste Ermittlungsbehörde selber straft den Ausschussvorsitzenden Lügen.
"Ausgangspunkt der Befragung (von Torsten O.)", schreibt die Bundesanwaltschaft auf Nachfrage, "waren Angaben, die der Hinweisgeber gegenüber dem Sekretariat des Untersuchungsausschusses getätigt hat." "Keinerlei Kommunikation mit GBA und BKA"? Diese Auskunft des Drexler-Büros entspricht jedenfalls nicht der Wahrheit.
Durch wen und auf welchem Wege sind die Informationen von Torsten O. tatsächlich zu den Ermittlungsbehörden gelangt? Mit der Weitergabe von Informationen eines Zeugen an eine Behörde hat der Ausschuss nicht nur die Vertraulichkeit gebrochen, er hat auch seinen eigenen Untersuchungsauftrag durch den Landtag missachtet. Der beinhaltet nämlich nicht nur die "Aufklärung von Fehlern und Versäumnissen der Justiz- und Sicherheitsbehörden von Ba-Wü im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie", sondern auch von Bundesbehörden, wie eben die Bundesanwaltschaft.