Bachmut: Sterben für einen symbolischen Sieg?

Seite 2: Die Schlacht von Bachmut und die Moral

Der Kampf um das ukrainische Bachmut im Oblast Donezk zeigt den Irrsinn des Krieges der russischen Armee gegen die Ukraine. Zugleich sind westliche Befürworter einer weiteren und stärkeren militärischen Konfrontation mit den Invasoren bemüht, den blutigen Schrecken dieser Schlacht zu verbrämen.

Es laufe, heißt es dann, ein "Abnutzungskrieg" und eine "Materialschlacht" um die Reste der einstigen 74.000-Einwohner-Stadt. Es sind technische Begriffe, die verschleiern sollen, welche Dimensionen dieser Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Nato auf ukrainischem Boden angenommen hat.

Wie viele Soldaten von beiden Seiten in den Tod geschickt werden, ist unklar. 500 sollen es auf russischer Seite täglich sein, heißt es aus Kiew, womit die Angabe als Propaganda gelten darf. Die Verluste auf russischer Seite seien fünf bis sieben Mal höher als bei den ukrainischen Verteidigern. Klar ist: Es läuft ein brutaler Stellungskrieg, der inzwischen nicht ohne Grund mit Verdun im Ersten Weltkrieg verglichen wird.

Der Kriegsberichterstatter Paul Ronzheimer schreibt, dass zum Umgang mit Bachmut ein offener Streit zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem einflussreichen General Walerij Saluschnyj entbrannt sei.

Ein Rückzug aus der zerstörten Stadt wäre nicht kriegsentscheidend, so der General. Erst mit Russlands Fokussierung auf Bachmut und dem Einsatz tausender "Wagner"-Söldner habe der Ort eine symbolische Bedeutung erlangt. Selenskyj hatte die Stadt im Dezember zur "Festung" erklärt.

In den USA werden nun andere Stimmen laut. US-Vertreter drängten die Ukraine, von dem Stellungskrieg abzulassen, um sich auf eine mögliche Offensive im Süden vorzubereiten. Dabei solle stärker militärisches Gerät aus dem Westen genutzt werden, um weitere hohe Verluste zu vermeiden.

"Es ist ein brutaler und zermürbender Kampf", zitiert der US-Nachrichtensender CNN einen Geheimdienstbeamten. Jede Seite erobere wechselseitig zwischen 100 und 400 Metern Land pro Tag, zugleich würden täglich mehrere tausend Artilleriegranaten verschossen. Dabei sei Bachmut militärisch "weniger attraktiv", zumal die Infrastruktur fast völlig zerstört sei.

Sterben für einen möglichen symbolischen Sieg? Der Fall Bachmut zeigt das moralische Dilemma dieses Krieges, dem zu stellen sich Befürworter einer bedingungslosen militärischen Unterstützung der ukrainischen Regierung und Armee bislang verweigern.

Wer mit Verweis auf die offenbar immensen Todeszahlen dieser und anderer Schlachten eine diplomatische Lösung fordert, riskiert indes, als Befürworter der Invasoren abgekanzelt zu werden.

Dahinter steht maßgeblich die von Nato-Staaten beworbene Hoffnung, dass die Ukraine die russischen Truppen zurückdrängen und Moskau unter Druck setzen kann. Doch bislang weist wenig darauf hin, dass diese Strategie aufgeht.

Wenn sich diese Erkenntnis dereinst aber durchsetzt: Wofür sind die Soldaten in Bachmut dann gestorben? Und wer trägt die moralische Verantwortung für ihren Tod?

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