Bahnhöfe wie Flugplätze kontrollieren
Auch in Deutschland werden die Anschläge in Spanien bereits für Forderungen nach neuen Sicherheitsmaßnahmen ausgenutzt
Konservative Politiker nutzen gerne Anschläge aus, um nicht nur vor dem Risiko weiterer Anschläge zu warnen, sondern auch, um Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen, die sich sonst nicht durchsetzen lassen. Wie sinnvoll die Vorschläge sind, die in aller Regel, einmal durchgesetzt, bestehen bleiben, auch wenn sie weitgehend ineffektiv sind, wird bei den populistischen Sicherheitspolitikern eher nicht diskutiert.
Weil die Anschläge in Madrid in Zügen und Bahnhöfen ausgeführt wurden, liegt die Forderung natürlich nahe, nun eben auch die Bahnhöfe und den Zugang zu Zügen scharf zu kontrollieren.
"Wir müssen auf den Bahnhöfen ähnliche Sicherheitskontrollen wie auf Flughäfen einführen", forderte so etwa Innenexperte der CSU, Norbert Geis. Dazu müsse man den Bundesgrenzschutz aufstocken, der für die Bahn zuständig ist: "Wir müssen auch hier dem Terror konsequent begegnen." Geis ist offenbar der Meinung, dass Personen- und Gepäckkontrollen an den Bahnhöfen durchgeführt werden sollten.
CSU-Kollege Hartmut Koschyk, der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, verbindet die Terroranschläge in Spanien zudem noch mit der Forderung, das Grundgesetz endlich zu verändern, um den Einsatz der Bundeswehr auch im Inneren zu ermöglichen. Zusammen mit dem verteidigungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Schmidt, erklärte er:
Offenbar ist auch Europa im Visier von Terroristen. Deutschland muss in seiner Sicherheitsvorsorge dieser Entwicklung dringend so weit es geht Rechnung tragen. Wir müssen weiter daran arbeiten, uns vor solchen Gefahren zu wappnen. Innere und Äußere Sicherheit lassen sich nicht mehr trennen, auch wenn Rot-Grün das aus ideologischen Gründen nicht einsehen will.
Einige unionsgeführte Länder wollen heute, die Gunst der Stunde nutzend, einen entsprechenden Antrag im Bundesrat einbringen. Koschyk kämpft aber gleich an mehreren Fronten: "Wir müssen nach einem solchen Anschlag prüfen, ob das vorhandene Instrumentarium im Kampf gegen den Terror ausreicht", erklärte er und will darin nicht nur die Bahn, sondern auch Hafenanlagen und den Schiffsverkehr einbeziehen. Nebenbei liefern die spanischen Anschläge auch eine Rechtfertigung dafür, die Bahnhöfe noch stärker mit Überwachungskameras auszurüsten.
Es gibt allerdings noch mehr eilig präsentierte Vorschläge aus der Politik. So forderte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, dass man die "Verdachtsausweisung" von Ausländern erleichtern müsse: "Wir haben Tausende von solchen Personen hier in diesem Land, die leider nicht ausgewiesen werden können. Oder der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) plädierte für Präventivmaßnahmen, beispielsweise für vorbeugende Telefonüberwachung.
Aber auch die konkreter mit den Madrider Anschlägen verbundenen Vorschläge sind, auch nur von der Sicherheitsperspektive betrachtet, Schnellschüsse, die den Terror ausschlachten. Wäre man konsequent, so müssten nicht nur Bahnhöfe und Züge, sondern auch die U- und S-Bahn-Stationen und -Züge entsprechend überwacht werden. Daneben wäre eine Absperrung der Innenstandbereiche erforderlich, in denen Menschenmassen und verdichtete Bebauung vorhanden sind. Einkaufszonen, Kaufhäuser, Kinos, Theater, Krankenhäuser, Hochhäuser, dicht befahrene Straßen, bevölkerte Plätze und vieles mehr wären potenzielle Ziele von Terroristen und damit Orte, die man kontrollieren müsste.
Das ist kaum vorstellbar, nicht einmal unter den Bedingungen einer Diktatur. Nach dieser Logik müssten die Menschen zumindest in Städten in einem Hightech-Hochsicherheitstrakt leben, der sie vor den möglichen Risiken schützen soll. Das panoptische Gefängnis also als Schutz der Eingeschlossenen und zur Abwehr der Gefahr von außen. So aber ließen sich Freiheit und Demokratie wohl nicht schützen.
Interessant ist aber auch, wie innenpolitisch die Feinde aufgestellt werden. Beispielsweise sieht der bayerische Innenminister Günther Beckstein, der für die Grundgesetzveränderung plädiert , durchaus die Möglichkeit, dass die Anschläge von al-Qaida ausgeführt worden sein könnten, zumal Spanien durch die Beteiligung am Irak-Krieg ins Visier der islamistischen Terroristen geraten sein könnte. Damit ist allerdings Deutschland noch kein Ziel, aber so Beckstein, durch die Beteiligung an den Truppen in Afghanistan sei man auch hier "m Blickwinkel von Fundamentalisten". Während sich also Beckstein von der Schuldzuweisung der spanischen Regierung eher abhebt, sucht Bundesinnenminister Otto Schily eher den Schulterschluss mit dieser, wenn er der Überzeugung ist, es sei eher ein ETA-Anschlag, der dann "nur" eine regionale Bedrohung bedeuten würde.