Bahnstreik: Wie realistisch sind die GDL-Forderungen?
GDL legt mit Warnstreik Bahnverkehr weitgehend lahm. Durchgesetzt werden soll eine kürzere Arbeitszeit für Lokführer. Lässt sich die Forderung überhaupt durchsetzen?
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) macht ernst und hat zum Warnstreik aufgerufen. Von Mittwochabend, 22 Uhr, bis Donnerstag, 18 Uhr, müssen die Fahrgäste mit zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen rechnen.
Unterdessen schieben sich die Konfliktparteien gegenseitig die Schuld zu. Die GDL erklärte, die Deutsche Bahn (DB), der Transdev-Konzern, die City-Bahn Chemnitz sowie acht Personaldienstleister für Lokomotivführer weigerten sich, über eine der Hauptforderungen, die Arbeitszeitverkürzung, zu verhandeln.
DB-Personalvorstand Martin Seiler zeigte sich empört über den kurzfristig angekündigten Streik der GDL. "Das ist eine Zumutung für die Bahnreisenden. Dieser Streik ist völlig unnötig", hieß es in einer Mitteilung. Schließlich seien für Donnerstag und Freitag Verhandlungen vereinbart worden.
Die GDL nutzt den Warnstreik, um den Druck auf die Tarifpartner noch einmal zu erhöhen, was aus Sicht der Gewerkschafter auch notwendig ist. Denn der DB-Konzern habe in der ersten Verhandlungsrunde "klar ausgedrückt, dass er nicht bereit ist, über die wesentlichen Kernforderungen der GDL zu sprechen". Stattdessen strebe der Konzern weitreichende Verschlechterungen für die GDL-Mitglieder an.
Weiter heißt es in der GDL-Erklärung:
Ähnlich hartleibig agieren die Verhandlungsführer des Transdev-Konzerns: In zwei Verhandlungsrunden verweigerten sie sich Verhandlungen über die Arbeitszeitabsenkungen. Ein zwölfstündiger Warnstreik mit annähernd hundertprozentiger Beteiligung der GDL-Mitglieder am 21. Oktober 2023 schürte die Hoffnung auf ein Einlenken, doch auch in der dritten Runde hielt der Arbeitgeber an seiner Verweigerungshaltung fest. Auch die City-Bahn Chemnitz zeigte keine Bereitschaft, über die Arbeitszeitabsenkung zu verhandeln, weshalb die GDL die Verhandlungen abbrach.
Fahrgäste und Pendler geraten wieder einmal zwischen die Fronten eines Konflikts, der nicht einfach zu lösen ist. Denn der Kern des Problems ist der Fachkräftemangel auf der Schiene, und das Problem ist historisch gewachsen.
Die GDL versucht das Problem zu entschärfen, indem sie den Beruf des Lokführers attraktiver machen will. Höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sollen helfen. Kürzere Arbeitszeiten bedeuten aber wiederum, dass mehr Personal eingestellt werden muss. Die DB betont jedoch, dass die Forderungen der GDL die Personalkosten um 50 Prozent erhöhen würden.
Zudem ist fraglich, ob es gelingen wird, zeitnah genügend Fachkräfte zu gewinnen. Der Markt ist leer gefegt, der Bedarf riesig. Die Bahn müsste rund 10.000 neue Mitarbeiter einstellen, erklärte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) am Mittwoch.
Dabei konnte die Bahn im vergangenen Jahresdurchschnitt rund 3.700 offene Stellen für Lokführer nicht besetzen, wie neue IW-Zahlen zeigen. In keinem anderen Bahnberuf ist die Fachkräftelücke so groß. Zum Vergleich: Im Servicebereich fehlen 640 Fachkräfte, bei der Wartung rund 400, im Bereich der Eisenbahn-Überwachung konnten 1.800 Stellen nicht besetzt werden.
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, dass die GDL mit ihrer Forderung nach einer kürzeren Arbeitszeit das Problem wirklich lösen kann. Dass es keine zeitnahe Lösung geben wird, dessen ist sich die GDL bewusst. Sie hofft aber darauf, mit den Verkehrsunternehmen nicht mehr über das Ob sprechen zu müssen, sondern darüber, wann und in welchen Schritten die Arbeitszeitverkürzung umgesetzt werden soll.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.