Baltic Pipe: Warum Polen trotz neuer Gasleitung kaum über den Winter kommt

Seite 2: Hohe Kosten – wenig Gas

Große Worte – hinter denen sich die geschäftlichen Differenzen für den Moment verstecken lassen. Was Morawiecki aber nicht sage: Die polnischen Steuerzahler werden wohl noch lange für eine Pipeline zahlen müssen, deren Beitrag zur Energieversorgung des Landes noch relativ klein ist.

"Baltic Pipe" ist ein rund 900 Kilometer langer Abzweig der bereits bestehenden Trasse "Europipe II", die von Norwegen nach Niedersachsen führt. Die Pipeline schließt westlich von Dänemark an die bestehende Leitung an, führt dann zum dänischen Festland und weiter durch die Ostsee nach Polen.

Die Baukosten beliefen sich auf rund 1,6 Milliarden Euro, von denen der polnische Netzbetreiber Gaz-System und das staatliche dänische Unternehmen Energinet den größten Teil getragen haben. Rund 250 Millionen Euro steuerte die Europäische Union bei.

Die Dänen sahen das Projekt weniger unter dem Gesichtspunkt, die "russische Vorherrschaft" im Gassektor zu brechen, sondern als Geschäft: Für ihre Investitionen ließen sie sich großzügige Garantien geben, berichtete die polnische Ausgabe von Newsweek am Wochenende.

Polen musste sich demnach verpflichten, erhebliche Summen zu zahlen, sollte die Auslastung der Pipeline nicht bei einem vereinbarten Minimum liegen. Der staatliche polnische Energiekonzern PGNiG hat demnach mehr als 80 Prozent der Kapazität der "Baltic Pipe" reserviert – bis zum Jahr 2037. Sollte die Leitung in einem geringeren Umfang genutzt werden, muss trotzdem gezahlt werden.

Von dem Wert, dem der dänische Teil der Leitung entspricht, müssen dem Bericht von Newsweek zufolge, zwei bis drei Prozent pro Jahr gezahlt werden. Hinzu komme noch ein bestimmter Prozentsatz "des potenziellen Cashflows des dänischen Pipelinebetreibers". Allein das könnte sich auf rund 100 Millionen Złoty im Jahr summieren.

Bislang ist nicht abzusehen, ob und wann die "Baltic Pipe" den vereinbarten Auslastungsgrad erreichen wird. Bis Anfang September stand die polnische Regierung noch mit leeren Händen da. Verträge konnte sie bis dahin nicht vorweisen.

Das hatte unter anderem daran gelegen, dass Norwegen sein Gas nicht unter Marktpreisen verkaufen wollte. Das Land hat seine Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, nur zu den Preisen zu verkaufen, die am Markt üblich sind.

Das hatte wiederum die polnische Regierung erzürnt. "Sollen wir Norwegen 110 Euro pro Megawattstunde für Gas zahlen? Vier- oder fünfmal mehr als vor einem Jahr? Das ist doch krank", hatte Morawiecki Anfang September getobt.

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