Beam me up

Endzeitstimmung, High-Tech, digitale Revolution, Computerspiele, Postbiologie, Verschwörungstheorie, Ufos, Himmelfahrt - das Gebräu, aus dem man Leichen macht, um zum Tor des Himmels zu gelangen.

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Next Level Being

Nachdem am 26. März in Kalifornien die 39 Leichen der Sektenmitglieder Heaven's Gate entdeckt wurden, die nicht nur im Internet mit einer von Sternen überzogenen Homepage vertreten waren und in ihm agierten, sondern auch ihr Einkommen mit der Gestaltung von Internetseiten erzielten, wurde, zumindest kurzfristig, ihre Homepage zu einem begehrten Objekt der Neugierde: Heaven's Gate als Auftakt zur apokalyptischen Jahrtausendwende und als Beleg für die irrationale Seite der Cyberkulturn - in den Fußstapfen der Sonnentempler, die bereits 1994 mit Massenselbstmorden begonnen haben, um auf einen anderen Planeten zu gelangen, der Koresh-Sekte oder der bislang unübertroffenen Sekte von Jim Jones, die in Jonestown 1978 immerhin über 900 Leichen zurückließ. Aber Heaven's Gate macht deutlich, daß die Computerkultur mit ihren Vorstellungen der digitalen Zukunft ein gutes Sprungbrett für apokalyptische Heilshoffnungen bildet - oder daß in ihr ganz ähnliche Ideen herrschen.

Etwa gleichzeitig begann der Prozeß gegen die beiden mutmaßlichen Täter des Oklahoma-Attentats, die, möglicherweise in Reaktion auf die Erstürmung von Mount Carmel der hochgerüsteten apokalyptischen Waco-Kommune 1993 durch das FBI, mit ihrer Bombe über 200 Menschen sterben ließen und mit denen man einmal wieder neues Material für Verschwörungstheorien schmieden kann, worauf offenbar die Verteidiger setzen. Was wäre Amerika ohne Kennedy und Martin Luther King, ohne das Reich des Bösen, die Falschheit der Regierung, die Täuschung der Behörden über die Existenz von Ufos und bewaffnete Gruppen, die den Endkampf erwarten? Und jetzt gibt es gleichzeitig mit der Jahrtausendwende eben noch das Netz und all die digitalen Spielereien, durch die wir in das Reich der Möglichkeiten eintauchen und uns vom modernen Glauben an die fragile Objektivität verabschieden. So interessiert uns, komplexitäts- und emergenzbegeistert und damit rationalitätskritisch gestimmt, eher das, was möglich sein könnte, etwas das Leben, wie es sein könnte, aber nicht die Langeweile dessen, was einfach nur ist.

Daß überhaupt etwas ist und nicht Nichts, damit wollten uns Heidegger und andere Metaphysiker, die aber nur phantasielos waren, auf die Realität und die Vergangenheit einschwören. Uns aber interessiert, was sein könnte, was auch nur denkmöglich wäre - und das wollen wir gleich. Schließlich kam die Mehrzahl der überwiegend weißen Heaven's Gate Mitglieder aus der Zeit der Revolte Ende der sechziger Jahre, waren es angeschimmelte Vierzigjährige, für die Woodstock und New Age endlich Wirklichkeit werden sollten, und sei es durch den Preis, sich die Haare kurz zu scheren, eine Uniform anzuziehen, in einem Kollektiv ohne Sex zu leben und einem Führer sich unterzuordnen, der buchstäblich das Blaue vom Himmel beschwor, den endgültigen Exodus in eine bessere Welt versprach und für Sinn sorgte, der ja doch immer in der Zukunft liegt, aber schneller einlösbar ist, wenn man auf die nächste Ebene springen kann.

Ufo von alien.de

Früher, als die digitale Revolution noch nicht in unser materielles und nasses Universum eingekehrt war und die Welt noch nicht vollends erforscht und durch Überwachungssatelliten kontrolliert war, gab es eine große Reise, die allerdings den Nachteil besaß, daß sie den Tod zur Voraussetzung hatte. Solange man lebte, war man in die Welt und noch dazu in einen sterblichen, unvollkommenen Körper eingesperrt. Aber weil man doch weiß, daß man nicht nur dieser Körper ist, daß man von ihm faktisch zumindest teilweise und imaginativ vollständig abstrahieren kann, war der Tod, ein simples Ende, eine Provokation. Die Seele, gefangen im Kerker des Körpers, wurde mit dessen Tod freigesetzt und flog wie ein Schmetterling einem anderen Leben entgegen. Ganz vorstellen ließ sich nicht, wie man ohne Körper leben und mit anderen zusammenleben könnte. Also wurde die Wiederauferstehung und damit ein körperloser Geist erfunden, der von einem Körper zum anderen wandert und mitunter, wenn er nicht den himmlischen Körper fand, ruhelos in solche von lebenden Menschen einfuhr. Als Geist ist man nicht glücklich, als pures Symbol nicht glaubhaft. Also gab es viele beunruhigende Unwesen und mußte man das Problem der Himmelfahrt sowie der Transsubstantion lösen, wobei Konflikte und verschiedene Deutungen nicht zu vermeiden waren, zumal es mit der Verkörperung der "Guten" aus dem Jenseits nicht zum Besten stand. Zwar konnten Zeus und andere Gesellen noch gelegentlich ein hübsches Mädchen verführen, aber mit dem einen Gott gab es lediglich den Kompromiß, daß er nur einmal seinen Sohn als Klon zur Erde sandte - und dann Schluß, wenn man einmal vom Teufel absieht, der stark an Glaubwürdigkeit eingebüßt hat, auch wenn sein Ansehen gegenwärtig wieder zu steigen scheint.

1988 verglich Dr. Thomas E. Bullard über 300 UFO-Entführungsfälle. Er veröffentlichte seine Studie in seinem Buch "UFO Abductions". Auch Raymond Fowler zeigt typische Fälle und bringt sie in Verbindung mit der Studie von Bullard. Aus seinem Werk "Die Allagash Entführungen" hier ein paar interessante Beschreibungen der Außerirdischen. Kopfregion:"Ein durchschnittlicher Humanoid hat einen haarlosen Schädel und ein schmales Kinn [...] Der allg. Eindruck, den das Wesen vermittelt, ist fötusähnlich. Kopf: Die Bullard-Studie enthüllt, daß die Augen der Außerirdischen wie kein anderer Körperteil die Aufmerksamkeit der Entführten auf sich ziehen. In 42 Fällen werden sie mit folgenden Worten beschrieben: verlängert, mandelförmig, walnußförmig, geschlitzt, wie eine Träne.

Alien

Wir aber leben heute im digitalen, immateriellen, postbiologischen, nanotechnologischen Zeitalter, in dem Raum und Körper nichts mehr gelten. Wir wandern in den Computernetzen durch einen ortlosen Raum, sind hier und dort gleichzeitig, klonen uns zumindest virtuell, geben uns neue Identitäten, zappen durch verschiedene Körperrepräsentationen, springen von einer Website zu einer anderen. Und seit der Zeitmaschine von H. G. Wells träumen die Menschen von wunderlichen Reisen in der Zeit zu fernen Sternen und zurück, die natürlich auch Wesen von anderen Planeten in UFOs auf die Erde führen können. Physiker, die skurrilen Philosophen der Gegenwart, überlegen, ob es lichtgeschwinde Reisen durch Wurmlöcher zwischen zwei weit auseinander liegenden Orten in einem stark gekrümmten Raum geben könne. Was die einen nur denken, wollen die anderen halt gleich haben.

Seit 1995 nutzte die Sekte das Netz, nachdem sie zuvor versucht hatten, die Menschen durch mitunter lange Anzeigentexte in Zeitungen oder im Fernsehen zu erreichen und sie davon zu überzeugen, daß die Zeit nahe ist, um sich ihrer "Crew", auch "away team" genannt, anzuschließen und zum höheren Level mit einem Raumschiff aufzusteigen. Da das WWW das am schnellsten wachsende Netz zur Informationsweitergabe in der Welt sei, entschlossen sie sich, nun mit dem NET an die Öffentlichkeit zu gehen und um Mitfahrer zu werben.

Zwar ist der Geist wichtig und der irdische, biologische Körper ganz klassisch nur ein Vehikel, den man möglichst gut beherrschen muß, um sich seiner nassen Begierden zu entledigen - Kastration war Hilfsmittel und zugleich Beleg für die Loslösung von der säugetierartigen Reproduktion -, aber die Himmelfahrt ist jetzt offenbar doch nicht mehr nur spirituell vorstellbar, sondern besitzt einen technischen Einschlag und führt nur zu einer anderen, "physisch wirklicheren" Stelle im Universum, an dem die allmächtigen und unsterblichen Anderen in ihrem "headquarter" wohnen und der "next level body" auf die Auserwählten wie einst der unversehrte Körper eines Menschen im besten Alter auf die Märtyrer in der Nachfolge Christi wartet.

Captain Do

Das Ende der Zeit sei nahe, wird unermüdlich wiederholt und die Verfallserscheinungen der Erde aufgezählt. Alle 2000 Jahre gebe es bestenfalls eine Gelegenheit zur Himmelfahrt, ein "window" zur anderen Welt, wobei man sich aber von dieser Welt verabschieden und sich von seinem Körper lösen (disconnect) muß. Versäumt man diese Gelegenheit, ist alles zu spät - jetzt oder nie. Wer sich nicht der Wiederverkörperung von Jesus in Gestalt des aus der höheren Ebene heruntergebeamten Sektenführers Marshall Herff Applewhite, auch "Do", "Captain", "Older Member" oder "E. T. presently incarnate" genannt, anvertraut, hat ausgespielt und bleibt in den Krallen der luziferischen anderen E. T. Rassen gefangen, die sich der Menschen als Container bedienen und schon längst die Gesellschaft steuern.

Natürlich, wie im paranoiden Amerika der Einzelgänger üblich, wird die Welt von einer gigantischen Verschwörung bedroht. Die Götter, Teufel, Engel, Vampire und Geister von einst wurden nur technisch einem Update unterzogen und der Olymp ins Weltall verlagert. Die Mächte aus dem Weltall sind aber meist feindlich. Daran hat auch Independence Day als Massenspektakel der offiziellen Hollywoodkultur unlängst erinnert. In Heaven's Gate Sicht benutzen sie die Menschen als ihre willenlosen Vehikel, die somit von außen gesteuert und in einem Verblendungszusammenhang gefangen sind. Vielleicht ist die Memetik nur eine wissenschaftlich akzeptablere Form der E. T. Besessenheit, da schließlich auch die Meme, wenn auch unwillentlich, die Menschen befallen und zu ihren Vehikeln machen, durch die sie sich fortpflanzen. Besser vorstellbar freilich bleiben andere Wesen, die bewußt handeln: "Alle sich reproduzierenden Wesen aus dem Weltall gebrauchen die Menschen der Erde einfach nur für ihre Interessen (und das haben sie schon seit Jahrtausenden so gemacht). Sie lassen Menschen bewußt falsch 'programmiert'oder "im Dunklen" sein: primär durch religiöse Vorstellungen, sekundär durch reproduktive und 'humanitäre' Interessen. Sie fördern diese Vorlieben durch pausenlose Sendung von Bildern und Gedanken in die irdische Atmosphäre. Diese 'Luziferischen' mißbrauchen Menschen für genetische Experimente, sie 'rauben' gesunde Individuen für ihre nächsten 'Bekleidungen' und unterwerfen Menschen, so daß sie in ihrem Dienst stehen." Das ist offensichtlich ein weitverbreiteter Glaube, der nach dem Kalten Krieg und dem Wegfall des realen Reichs des Bösen im Osten zugenommen hat und für die nötige Bedrohungsstimulation und Gemeinschaftsbildung sorgt. Ist die Mehrheit verseucht, wird man zur Avantgarde, die bedroht und ausgeschlossen wird.

Aber wer sich, angezogen vom Mem des Massensuizids und einer unglaublich verrückten Phantasiewelt von Auserwählten, die sich als Reinkarnation von Christus und seinen Jüngern empfanden, auf die Homepage einloggt, hat trotz der noch immer aufblinkenden Verheißung oder Drohung "Red Alert", schon das Heil verpaßt. Wie so oft brachte ein Komet schließlich die frohe Botschaft: "Hale-Popp brings closure to Heaven's Gate as it was promised - the keys to Heaven's Gate are here again in Ti and Do (The UFO Two) as they were in Jesus and His Father 2000 years ago." Endlich kam das Zeichen, auf das man lange sehnsüchtig gewartet hat: Hale-Popp war das Zeichen für die Ankunft des Raumschiffs aus dem "Level Above Human", um die Welt mit Ti's Crew zu einer neuen Welt mit einem Körper zu verlassen. Der Captain scheint es eilig gehabt zu haben, schließlich wäre das Jahr 2000 zum Aufstieg doch einprägsamer gewesen.

In einer Botschaft an die nicht ganz so obskure Gruppe "Andromeda", die auch von Extraterrestrischen träumt und der man ein Verständnis für Heaven's Gate einräumt, am 29. März eingegangen sein soll, versicherten die inzwischen reinkarnierten Mitglieder der Away Crew, daß sie noch immer leben und daß die Überführung wie geplant vonstatten gegangen sei. Es habe nur eine kurze Phase der Dunkelheit gegeben, dann ein Gefühl, aus dem Körper herauszugehen und aufwärts zu fliegen. Drei wollten erst nicht mehr so recht, als es ernst wurde, aber man habe sie überzeugt und schließlich doch zu ihrem Glück verholfen. Sinn dieser Botschaft sollte sein, die Menschen, die "wissen", an die Himmelfahrt zu erinnern und ihren Glauben zu stärken. Es gebe die intergalaktischen Raumschiffe wirklich, und jetzt seien sie auf einem anderen wunderschönen Planeten der Andromedagruppe, der wie "ein riesiges Gemälde aus vielen Farben, Tönen, Empfindungen sei" und von dem aus sie das unglückliche Leben der Erdenwürmer beobachten können. Bald sollen weitere Botschaften an die Andromeda-Gruppe und andere Auswerwählte folgen. Dürfen auch wir hoffen?

Menschen, die technisch an der Front des Informationszeitalters stehen, töten sich, um wie in einem Computerspiel zur nächsten Ebene zu gelangen: zum "Level above Human". Man hat das Labyrinth auf einem Level überwunden, die Gefahren besiegt, war stets aufmerksam - und dann erhält man den Schlüssel für eine Türe, durch die man in den nächsten Leven beamt. Bislang freilich ist das bei Computerspielen nur der digitale Repräsentant, aber schon Norbert Wiener schloß in seinem Buch "Menschmaschine" zu Beginn der digitalen Revolution nicht vollständig aus, daß sich vielleicht auch Menschen irgendwann wie eine Nachricht versenden und neu materialisieren lassen. Und neuerdings diskutiert man eifrig die Möglichkeit von Zeitreisen durch das Innere von Schwarzen Löchern. Für Stephen Hawking etwa bleibt sie offen - und damit auch die Hintertür für Besuche aus dem All. Aber es geht nicht nur um Reisen im Raum, sondern auch um Verwandlungen und Transsubstantionen.

"Die Möglichkeit, über den Menschen hinauszugehen", seine biologische und geistige Verfassung zu transzendieren, vereint technische und religiöse Utopien. Die technische Avantgarde der "digitalen Revolution" ist sowieso postbiologisch eingestellt. Daß die Sektenmitglieder ihren Körper als Behälter, als vorübergehenden "container" bezeichneten, ist keine religiöse Entgleisung, sondern durchaus normale Endzeit- und Übergangserwartung der himmel- oder geistsüchtigen Avantgarde, die sich im biologischen, anfälligen, sterblichen und nassen Körper nur in einem Exil wähnt, während das echte und ewige Leben auf Silizium basiert. Das mit den Ufos als neuen Himmelfahrtsmitteln läßt nachgerade überzeugend wirken, daß die neuen Erlösungssüchtigen im Informationszeitalter gerne und ausgiebig Science-fiction zu sich nahmen. Auf einem Video, das vor dem Massensuizid aufgenommen und wohl zur Veröffentlichung einem (ehemaligen?) Mitglied übersandt wurde, singt eine Frau: "Beam me up". Auch wenn etwa Lawrence Krauss, ein Physiker, bereits versucht hat, all die Star-Trek-Phantasien der Serie "Raumschiff Enterprise" zu widerlegen, wozu vor allem das schnelle Beamen gehört, haben Computerspiele und möglicherweise das Netz diese Phantasie als Begehren erhalten. Überhaupt, seit die NASA ihren Stein vom Mars mit möglichen Lebensspuren der Öffentlichkeit vorstellte, wächst die Suche nach dem Heil im Weltraum, in dem man endlich eine andere Welt, ganz neu und von Grund auf und natürlich ohne irdische Mängel, bauen könnte, weil der Cyberspace doch (noch) nicht für eine neue Frontier ausreicht, (noch) nicht genügt, um diese Welt zu verlassen, um in eine andere einzuziehen.

Paranoid, wie nicht nur Amerika, sondern auch die Massenmedien auf das neue konkurrierende Medium reagieren, war es natürlich gerade diese Verbindung zwischen High-Tech, Cyberspace, Weltraum und Erlösungserwartung, die faszinierte und eine Titelstory versprach. Ist es das Internet, das solchen Irrsinn hervorbringt? Gibt es ein neues Reich des Bösen? Natürlich ist das Internet das Medium der Gerüchte, die stets gerne in Konspirationen schwelgen. Noch niemals hatten jedenfalls einzelne Menschen die Möglichkeit, so leicht und schnell Botschaften weltweit zu verbreiten und Gesinnungsgenossen für die abwegigsten Deutungen von Ereignissen oder Vermutungen über Sinnzusammenhänge zu finden. So können sich Gerüchte aus ihrer lokalen Bindung lösen, in die sie zuvor in der Regel eingesperrt waren, wenn sie nicht von den traditionellen Medien, stets auf der Suche nach Futter und Memen, aufgegriffen wurden.

Hale-Bopp Bild von Chuck Shramek

Schuld jedenfalls wurde so dem Internet und einem Rundunksender zugeschoben, wodurch die Sektenmitglieder mit der Beobachtung des Amateurastronomen Chuck Shramek vom November 1996 bekannt geworden wären, daß im Schweif des Kometen ein "saturnähnliches Objekt" von beachtlicher Größe mitfliege, das andere als Stern identifizierten. Shramek bedauert den Suizid, bestreitet, daß er von einem Ufo gesprochen habe, und wundert sich über die Anklage nicht, da "das Internet und das Talkradio das alte Monopol der Medien auf 'Wahrheit' bedrohen." Shramek selbst neigt aber gleichfalls zu einer Verschwörungstheorie, weil er glaubt, daß der Komet schon vor 1995 von der Regierung entdeckt worden sei und daß die Bilder vom Hubble-Teleskop von diesem ab einem bestimmten Zeitpunkt immer weniger und schlechter wurden, obgleich auch hier anfangs etwas neben dem Kometen zu sehen gewesen sei. Es muß also etwas dahinterstecken, wenn man die guten Bilder von der Öffentlichkeit fernhält oder sie gar fälscht.

Doppeldeutig überschrieb die Newsweek (April 7) ihre Titelstory: "Web of Death" und leitete so die Story ein: "Sie suchten im Himmel - und im Internet - nach einem Zeichen." Und Steven Levy versucht daraufhin mühsam, eine Ehrenrettung des Cyberspace zu leisten, in dem er sagt, daß das Internet einfach ein Medium sei, das es jedem erlaube, seine Meinungen zu veröffentlichen, daß es ein freier Markt der Informationen sei, der es nicht nur ermöglicht, daß Verführer ihre Schäfchen finden und ihre Ideen in der Öffentlichkeit ausbrüten, sondern auch, daß Skeptiker Scharlatane und Extremisten kritisieren und brandmarken. Es is eben alles möglich, und das Internet sei wie jede Technik an sich neutral. Das klingt dann nicht mehr sehr nach einer digitalen Revolution, sondern nach einem Rückzugsgefecht. Jetzt jedenfalls gebe es neben vielen obskuren Gruppen nicht nur Pornographie und Kinderschänder im Netz, sondern auch einen Internet-Todeskult. Vorsichtig sollte man also als ungeschützter, dem Bombardement von Memen ausgesetzter Endbenutzer sein. Gott sei Dank gibt es ja mittlerweile die Möglichkeit, sich von all dem Verführerischen des Internet abzuhängen, ohne auf es zu verzichten, wenn man nur noch gepushte Informationen auf seiner Festplatte zuläßt. So sorgen sich die seriösen Medien und Softwareproduzenten um den armen und schutzlosen Erdenwurm, der allerdings den Spieß umdrehen könnte und sich von nun an nur noch von den neuesten Nachrichten über Ufos, Aliens und himmlischen Zeichen pushen lassen könnte.