Bedingte Medienfreiheit

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Wie steht es hierzulande um die sogenannte "innere Medienfreiheit"? Zwei gegenwärtige Beispiele aktualisieren ein bekanntes Strukturproblem

Zensur hier und heute? Intelligentere Kritiker:innen der bundesrepublikanischen Verhältnisse verweisen zu Recht darauf, dass sich herrschende Diskurse eher beispielsweise durch die eigentümlichen Organisationsformen der Medien – privat-wirtschaftliche, öffentlich-rechtliche – und durch das relativ homogen besetzte Berufsfeld Journalismus herstellen sowie erweitert reproduzieren als durch vergleichsweise plumpes Anordnen oder eben "Zensieren".

Themen- und Meinungskorridore in wichtigen, etablierten Medien in der Bundesrepublik erscheinen nicht primär deswegen recht ähnlich und eng, weil dort jemand von außen persönlich anriefe oder durchgriffe. So weit, so klar – mögen wir gedacht haben. Aber auch darüber hinaus scheint es Anzeichen für regressive, autoritäre Veränderungen zu geben.

"Eine Zensur findet nicht statt", heißt es in Artikel 5 des Grundgesetzes zur Medienfreiheit hierzulande. Dieser Tage jedoch titelte der Branchendienst kress: "Warum zensiert das ZDF einen Beitrag über Axel Springer und den BDZV?".

Vor einigen Wochen erst hatte es beträchtliche Debatten gegeben um das Vorgehen von Verleger Dirk Ippen, ebenfalls im Kontext eines Beitrages zu Entwicklungen im Springer-Verlag. Markus Reuter von netzpolitik.org fühlte sich an "längst vergangene Zeiten" erinnert angesichts Ippens Agierens, einen komplett fertig recherchierten und produzierten Springer-kritischen Beitrag des Ippen-Investigativteams in verlagseigenen Medien schlicht nicht erscheinen zu lassen.

Journalisten-Verbände wie die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di kritisierten einen "skandalösen Eingriff in unabhängige Berichterstattung bei Ippen".

Bemerkenswerterweise dreht es sich bei beiden Fällen von "verschwundenen" Beiträgen um solche zum Thema "Springer-Verlag", mit (Ex-)Bild-Chefredakteur Julian Reichelt und vor allem mit Springer-Vorstandschef sowie -Großaktionär und Zeitungsverleger-Verbandschef Mathias Döpfner als Gegenstand der Berichterstattung.

Im Falle "Ippen" war es im Oktober darum gegangen, dass das Ippen-Investigativteam das Vorgehen des Verlegers offenbar in einem internen Brief an Dirk Ippen als Mehrheitsgesellschafter anprangert hatte, den dann andere Medien aufgriffen.

Laut Berichten unter anderem der New York Times sowie des Branchenportals Übermedien hatte der 81-jährige Verleger das Veröffentlichen einer monatelangen Recherche des hauseigenen Investigativteams zu mutmaßlich höchst umstrittenen Praktiken von Julian Reichelt anscheinend aus persönlichen Geschmacksgründen gestoppt.

Interessant die Verteidigungslinie von Dirk Ippen: Er hatte als Legitimationsversuch gesagt, man wolle den Eindruck vermeiden, mit einer solchen Veröffentlichung einen Konkurrenten wirtschaftlich zu schädigen. Es habe dabei keinerlei Einwirkung des Springer-Verlages als des besagten Konkurrenten in dieser Sache gegeben, "ganz und gar keine", betonte seinerzeit Ippen.

Nicht wenige Kommentatoren sahen das ganz anders, vermuteten eine Intervention seitens Springers und werteten das Ergebnis dann im Sinne von: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus".