Beobachten statt löschen
- Beobachten statt löschen
- Strafbare Inhalte sollen zur Beobachtung online bleiben
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Eine neue Plattform vernetzt europäische Strafverfolger und Internetfirmen. Neben der Herausgabe von Daten geht es um die Löschung strafbarer Inhalte. Manchmal sollen die aber auch online bleiben
Die Polizeiagentur Europol hat eine Internetplattform zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei Online-Ermittlungen eingerichtet. Das Portal trägt die Bezeichnung "Shaping Internet Research Investigations Unified System" (SIRIUS) und soll zunächst nur im Bereich der Terrorismusbekämpfung zum Einsatz kommen. Außer den Strafverfolgungsbehörden nehmen auch größere Internetdienstleister an SIRIUS teil. Zum Start der Plattform hatten die Konzerne Facebook, Google, Microsoft, Twitter und Uber ihre Mitarbeiter nach Den Haag entsandt.
In zahlreichen Beschlüssen und Gesetzgebungsmaßnahmen verschärfen die Europäische Union, die G20- und die G7-Staaten ihren Druck auf die Anbieter Sozialer Netzwerke. Sie sollen Technologien und Verfahren entwickeln, um "zu terroristischen Handlungen anstiftenden Inhalte" beim Hochladen automatisch zu erkennen und zu entfernen.
Facebook, Microsoft, Twitter und YouTube haben hierzu eine Datenbank mit Hashwerten gestartet, die "terroristische und radikalisierende" Inhalte automatisch erkennen und entfernen soll. Der neue Uploadfilter sucht aber nicht nach Dateien, die bereits online verfügbar sind. Auch können Uploads durch den Filter schlüpfen, indem die Hashwerte minimal verändert werden.
Herausgabe von Daten soll vereinfacht werden
Erfolgreich hochgeladene Inhalte, die aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden gegen die Kriterien verstoßen, werden unter anderem von der "Meldestelle für Internetinhalte" (EU IRU) aufgestöbert (Europäische Union lässt Internetinhalte von Fluchthelfern entfernen). Sie wurde vor zwei Jahren bei Europol eingerichtet und sucht entweder selbst nach inkriminierten Dateien und Nutzerkonten oder nimmt entsprechende Meldungen von den Polizeien und Geheimdiensten der Mitgliedstaaten entgegen. Diese werden dann an die Internetdienstleister zur Entfernung gemeldet. Den mittlerweile über 30.000 Ersuchen zur Löschung sind die Internetfirmen zu rund 90% nachgekommen.
SIRIUS enthält auch Angaben darüber, wo genau die "Meldestelle für Internetinhalte" bei den Internetfirmen ihre Anfrage zur Entfernung von Inhalten stellen kann und welche Regelungen dabei zu beachten sind. Manche Anbieter geben beispielsweise unbürokratisch Verkehrs- oder Nutzerdaten an die anfragenden Behörden heraus, andere verlangen dafür die Einhaltung der Verfahren zur internationalen Rechtshilfe. Zwar existieren bereits Listen solcher Kontaktstellen, diese sollen jedoch nun bei Europol gebündelt werden.
Doppelarbeit mit Europarat
Damit würde SIRIUS auch den Forderungen des Cybercrime-Komitees des Europarates entsprechen, das derzeit an einem zweiten Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität arbeitet. Es soll Regelungen zur Zusammenarbeit von Internetanbietern und Behörden zur Herausgabe elektronischer Daten definieren.
Allerdings ist der Mehrwert von SIRIUS in diesem Fall unklar, denn auch das Cybercrime-Komitee hat bereits einen Leitfaden zur Kooperation erarbeitet. Das Papier wurde kurz darauf von der Europäischen Kommission aufgegriffen und zum Ausgangspunkt für die Arbeit an SIRIUS gemacht. Im Vorfeld hatte sich das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) in dem von ihm geleiteten EU-Projekt "Internetauswertungskoordinierungsgruppe" mit den Firmen Facebook, Google, eBay und Microsoft getroffen, um Möglichkeiten des Zugriffs auf Cloud-Daten auszuloten.