Berliner Tagesspiegel stellt CDU-Politiker bloß: Rache mit Rechtsbruch

Seite 3: Berichterstattung wurde von Linken gegen CDU-Mann verwendet

So wird Carla Assmann (Linke) mit den Worten zitiert: "Wir brauchen keinen Kommentarspaltentroll in der Leitung eines derart wichtigen Amtes."

Joerg Heidrich, Fachanwalt für IT-Recht und Datenschutzbeauftragter bei Heise Medien, des Verlagshauses von Telepolis, schätzte das Verhalten des Tagesspiegels am Freitag wie folgt ein:

Die Offenlegung des Klarnamens halte ich in diesem Fall für einen Verstoß gegen Datenschutz und auch gegen die Presseethik. Das Vorgehen des Tagesspiegels wäre vergleichbar mit der Veröffentlichung des Namens eines Leserbriefschreibers, der anonym bleiben möchte. Auch ein Verstoß gegen den Pressekodex wäre möglich. Dies gilt insbesondere aufgrund der Tatsache, dass hier kein prominenter Politiker die Postings verfasst hat. Doch sogar, wenn dies der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, selber gewesen wäre, hätte sein Name nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden dürfen, da sogar der darauf vertrauen können muss, dass hier die Identität der Schreiber gewahrt bleibt.

Die Behörde der Berliner Beauftragten für den Datenschutz, Meike Kamp, konnte sich am Freitag aus personellen Gründen noch nicht inhaltlich zu dem Fall äußern. Eine Beschwerde oder Anfrage zu dem Fall liege dort bislang nicht vor, hieß es.

Der ebenfalls um eine Stellungnahme gebetene "DJV Berlin Journalistenverband Berlin-Brandenburg" reagierte am Freitag auf Anfrage nicht.

In jüngster Zeit sind mehrere journalistische Enthüllungen in die medienethische Kritik geraten. So machte der Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, publik, dass ihm der frühere Bild-Chefredakteur Julian Reichelt internes Material angeboten hatte, welches schließlich bei der Zeit veröffentlicht wurde.

Der Presserat prüft den Fall nun aufgrund von Beschwerden bezüglich der offensichtlichen Verletzung des Informantenschutzes.

Aber auch die Veröffentlichung des Materials wird kontrovers diskutiert, weil sie die Frage aufwirft, welche private Kommunikation privat bleiben muss. Das von Reichelt angebotene Material enthielt private E-Mails von Bild-Herausgeber Mathias Döpfner, deren Inhalte ihm heftige Kritik einbrachten.

Auch anonyme Anschuldigungen gegen Schauspieler und Regisseur Til Schweiger stehen in der Debatte.

Jan Böhmermann hatte vor einem Jahr mit der Veröffentlichung interner Geschäftsunterlagen großen Wirbel um Entertainer Fynn Kliemann entfacht, juristisch ergaben die von ihm "aufgeworfenen Fragen" allerdings wenig. Im April 2019 hatte Böhmermann durch öffentliche Äußerungen den zentralen Informanten in der "Ibiza-Affäre" jedenfalls für Insider kenntlich gemacht. Böhmermann beruft sich darauf, keine Vertraulichkeit zugesagt zu haben.

Im Fall des Tagesspiegels nun wurde die in den Richtlinien zugesagte Anonymität von Name und E-Mail-Adresse eines Community-User gebrochen. Über die weitere Einschätzung dazu wird Telepolis berichten.