Bewerbung als Entfilzung
Ein Telepolis-Autor will einem SPD-Politiker den Posten als Direktor der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz streitig machen
Marc Jan Eumann landete im April 2016 in einer Liste mit zehn Politikern, die die SPD für viele Bürger deutlich weniger wählbar machen, auf Platz sechs (vgl. Zehn unter zahlreichen). Vorher hatte der damalige Staatssekretär für Medien in Nordrhein-Westfalen die Umstellung auf die geräte- und nutzungsunabhängige Rundfunkgebühr (mit der seit 2013 auch jene zu Zwangszahlungen herangezogen werden, die sich vorher dem öffentlich-rechtlichen Angebot durch Geräteabstinenz entzogen) im Tonfall eines Kopfpauschalenbefürworters als "einfacher, transparenter und zukunftsfester" gelobt (vgl. Kalte Steuererhöhung im Windschatten der Fußball-WM). Ob diese Umstellung, wie ihr sozialdemokratischer Miturheber befand, der Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung tatsächlich förderlich war, ist fraglich.
Selbiges dürfte für die Jugendschutzpläne gelten, die der Vorsitzende der SPD-Medienkommission 2010 durchsetzen wollte, aber nicht konnte (vgl. JMStV vor dem Aus). Der von Eumanns Buch-Mitherausgeber Martin Stadelmaier verantwortete Jugendmedienschutz-Staatsvertragsentwurf (der von Rechtswissenschaftlern wie Thomas Hoeren bemerkenswert scharf kritisiert wurde), hätte es in seiner damaligen Fassung der Telekom und anderen Anbietern erlaubt, tagsüber Pornos zu senden, aber für Privatleute, die sich im Internet äußern, erhebliche neue Bußgeld- und Abmahnrisiken geschaffen. Ein Kernbestandteil war eine für alle Webseiten und sogar für Forumseinträge oder Äußerungen in Sozialen Netzwerken verpflichtende Alterskennzeichnung, bei der der AK Zensur eine Fehlerquote von 80 Prozent ermittelte.
Kölner Spendenaffäre
Acht Jahre vorher hatte Eumann durch eine Verwicklung in die Kölner Affäre mit fingierten Parteispendenquittungen, die zum Schaden ehrlicher Steuerzahler beim Finanzamt eingereicht wurden, Aufsehen erregt. Die Doktorarbeit, die er 2011 abgab, erwies sich dem Medienwissenschaftler Arnulf Kutsch nach in einer späteren Überprüfung als "aufgepeppte" aber "weder konzeptionell, noch methodisch oder inhaltlich-substantiell erweitert" Version seiner damals 20 Jahre alten Magisterarbeit, ohne dies in seiner Dissertation kenntlich zu machen. Die technische Universität Dortmund leitete darauf hin ein Aberkennungsverfahren ein, ließ Eumann jedoch den Titel mit der Begründung, dass "eine vorsätzliche Täuschung nicht eindeutig belegt werden konnte" (obwohl für den Entzug die Nichterfüllung der Mindeststandards ausgereicht hätte).
Weil mit der SPD und den Grünen in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 indirekt auch Eumann abgewählt wurde, stand der zwei Jahre nach seinem Abitur in die SPD eingetretene ehemalige WDR-Mitarbeiter mehrere Monate ohne öffentlich sichtbaren Versorgungsposten da. Dann meldeten mehrere deutsche Medien im November übereinstimmend, dass er am 4. Dezember als einziger Kandidat für die Direktorenstelle der Landeszentrale für Medien und Kommunikation im rot-grün-gelb regierten Rheinland-Pfalz vorgestellt und gewählt werden soll.
Zweierlei Maß
Für Jürgen Brautmeier, den ehemaligen Direktor der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen, war das eine "Überraschung". Denn in Nordrhein-Westfalen hatte Eumann "2014 kurzfristig ins Gesetz aufnehmen [lassen], dass Bewerber für den Direktorenposten der Landesmedienanstalt in Düsseldorf Volljuristen sein müssen - und so den auf Verlängerung erpichten Brautmeier, seines Zeichens Historiker, [ausgebremst]." Diese Voraussetzung würde aber auch Eumann, der öffentliches Recht lediglich im Nebenfach studiert hat (und dementsprechend auch kein juristisches Referendariat ableistete), nicht erfüllen. Zudem hat man in das nordrhein-westfälische Gesetz eine achtzehnmonatige Sperrfrist für Politiker aufgenommen, an die sich der SPD-Politiker in Rheinland-Pfalz ebenfalls nicht halten würde. Brautmeier brachte das nach eigenen Angaben dazu, "noch einmal darüber nachzudenken, wie das überhaupt ist, mit der Staatsferne oder der Politiknähe der Landesmedienanstalten".
Überraschend bekam Eumann doch noch einen Konkurrenten: Telepolis-Autor Markus Kompa. Der ist anders als der "Hanseat Eumann" nicht nur "ein rheinland-pfälzisches Landeskind", sondern auch Volljurist und zudem Medienrechts-Fachanwalt - und er muss "der Öffentlichkeit gegenüber weder eine hochnotpeinliche Plagiatsaffäre bei der Doktorarbeit noch eine Verwicklung in den Kölner Müllskandal 'erklären'." Für den Fall der Nichtberücksichtigung hat der insofern theoretisch besser qualifizierte Bewerber "standesgemäß mit Klage gedroht". Dass man in Rheinland-Pfalz wohl vergessen habe, "den Posten so richtig auszuschreiben", könnte könnte seiner Einschätzung nach "am Jahresgehalt von ca. 200.000,- € liegen."
Auf Anfrage von Telepolis bedauerte Kompa, dass wegen seiner Kandidatur ein so großes politisches Talent wie Eumann nun nicht mehr zum Zuge käme. Denn wenn Eumann selber durchgesetzt habe, dass Bewerber für den Direktorenposten der Landesmedienanstalt in Düsseldorf Volljuristen sein müssten, könne für Ludwigshafen nichts anderes gelten. Die SPD müsse daher für Eumann eine andere Verwendung finden. Kompa werde Eumann im Falle einer neuen großen Koalition für das Amt des Bundesjustizministers ins Gespräch bringen, da bräuchte man offenbar keine juristische Qualifikation.