Bilanz nach drei Monaten Neun-Euro-Ticket: Erfolg – nur nicht auf dem Land
Verband legt Untersuchung zum Neun-Euro-Ticket vor. Der Preis hat stark zu seinem Erfolg beigetragen. Doch für ein Nachfolgemodell sind weitere Faktoren entscheidend.
Am Mittwoch läuft das Neun-Euro-Ticket aus. Es gehörte zu den Maßnahmen der Bundesregierung, mit denen die Inflation zumindest kurzfristig gesenkt werden sollte. Sein Erfolg hat das Ticket inzwischen zu einem Hoffnungsträger für eine nachhaltige Verkehrswende gemacht.
Am Montag zog der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Bilanz. Rund 52 Millionen Tickets wurden in den vergangenen drei Monaten verkauft, teilte der VDV mit. "Hinzu kommen mehr als zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten, die das vergünstigte Ticket jeweils monatlich über den Aktionszeitraum automatisch erhalten haben", hieß es weiter.
Der Erfolg wird auch dadurch größer, dass das Ticket dazu beigetragen hat, den Verkehr vom Auto zum öffentlichen Nahverkehr zu verlagern: Jede zehnte Fahrt mit dem Ticket hat demnach eine Autofahrt ersetzt. Insgesamt wurden 17 Prozent der Fahrten von anderen Verkehrsmitteln zum ÖPNV verlagert.
Seitdem das Ticket eingeführt wurde, wurden rund 78.000 Menschen im Auftrag von Bund und Ländern befragt, Käufer und Nicht-Käufer.
Preis ist wichtig – aber auch Qualität des ÖPNV
Der Preis des Tickets war für viele das Hauptargument für den Kauf. Unter den Neukunden traf das auf 56 Prozent zu. "Nur" 43 Prozent gaben an, auf eine Autofahrt verzichten zu wollen. Ein weiterer wichtiger Grund war, dass das Neun-Euro-Ticket bundesweit genutzt werden konnte.
Von denen, die das Ticket nicht kauften, gaben 37 Prozent an, es fehle an Anlässen, es zu nutzen. Knapp 35 Prozent nannten eine Vorliebe für das Auto als Grund. Und jeder dritte Nicht-Käufer gab umständliche Verbindungen als Grund an, das Ticket nicht zu kaufen.
Im ländlichen Raum wurde es nur halb so viel verkauft wie in städtischen Gebieten. Umständliche Verbindungen, Taktung, Fahrtdauer und Entfernung zur Haltestelle waren unter den Bewohnern des ländlichen Raums die Hauptgründe, das Ticket nicht zu kaufen.
Die Ergebnisse der Marktforschung belegen deutlich: Die Menschen wollen den öffentlichen Nahverkehr, wenn das Ticket einfach und verständlich sowie überall flexibel nutzbar ist. Und sie sind bereit, ihr Auto dafür stehen zu lassen, wenn so ein Ticket nicht nur über den überschaubaren Zeitraum von drei Monaten geht.
Maike Schaefer (Grüne), Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz (VMK)
Beim Ausbau des ÖPNV sieht Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) den Bund in der Verantwortung. Eine Anschlusslösung für das Neun-Euro-Ticket verlaufe in der Sackgasse, wenn nicht gleichzeitig die Regionalisierungsmittel erhöht würden.
Die Attraktivität des ÖPNV, das heißt gute Taktungen, ein dichtes Liniennetz und schnelle Fahrzeiten können nur mit zusätzlichen Mitteln gewährleistet werden. Die enorm gestiegenen Energie- und Kraftstoffpreise verschärfen diese Finanzsituation weiter, so dass der Bund hier zuerst seine Hausaufgaben erledigen muss.
Guido Beermann (CDU), Verkehrsminister von Brandenburg
Umweltbundesamt für Nachfolgemodell
Mit Blick auf die Klimaziele hat sich nun auch das Umweltbundesamt für Nachfolgemodell des Neun-Euro-Tickets ausgesprochen. "Ein attraktives, deutschlandweit gültiges Nachfolgemodell zum Neun-Euro-Ticket könnte der Türöffner sein, dass die öffentlichen Verkehrsmittel nach und nach als eine attraktive Alternative zum Auto erkannt werden", sagte Behördenchef Dirk Messner gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Auch er sprach sich dafür aus, dass der ÖPNV ausgebaut und in eine bessere Qualität investiert wird. "Nur so wird ein Schuh daraus, nur so entstehen größere Entwicklungsdynamiken." Doch derzeit seien die Kapazitäten des öffentlichen Nahverkehrs begrenzt.
Mit Blick auf die Untersuchung des VDV geht Messner auch davon aus, dass die Menschen ihr Auto stehen lassen, wenn es ein günstiges Ticket für den ÖPNV gibt, das auch flexibel genutzt werden kann. Er geht allerdings nicht davon aus, dass ein Neun-Euro-Ticket auf Dauer finanziert werden kann.
Ein deutschlandweites 49-Euro-Ticket oder ein 69-Euro-Ticket wäre aber sinnvoll und mit dem Abbau umweltschädlicher Subventionen im Verkehr finanzierbar.
Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes gegenüber dpa
Wie genau das Ticket künftig finanziert werden, müsste seitens der Politik und Verkehrsunternehmen schnell geklärt werden. Messner zeigte sich aber sicher, dass ein Nachfolger des Neun-Euro-Ticket auf mittlere Sicht mehr Menschen in den ÖPNV locken könnte.
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